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Flughafen AG in Turbulenzen

Ein Ex-Manager von Air Berlin soll auch Dresdens Airport einen Schub bringen. Beim Start hat er den nötigen Gegenwind.

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© dpa

Von Michael Rothe

Ein Sturm zieht auf. Das Flugzeug mit dem Logo der Mitteldeutschen Flughafen AG wird kräftig durchgeschüttelt, sackt immer wieder ab. Im Cockpit herrscht angespannte Ruhe. Am Steuer: ein Ex-Baumarktmanager. Aber er ist sich sicher, die Lage im Griff zu haben. Deshalb lässt er den Autopiloten aus und seinen Nebenmann nicht ran. Der Copilot schweigt, ist sauer, weil der Kapitän seit Jahren auf seinem Platz sitzt. Hinten ist es ruhig: Keine Passagiere, die Airline setzt vor allem auf Fracht. Dann bricht der Funkkontakt zum Boden bricht ab – und bei den Lotsen Panik aus. Sie sehen das Unheil nahen. Dabei hatten sie einen Experten aufgetrieben, der sich mit Sturzflügen auskennt. Mayday!

Es muss nicht gleich so ein Alptraum sein, aber manch Aufsichtsrat der Mitteldeutschen Flughafen AG, Mutter der Flughäfen von Dresden und Leipzig-Halle, dürfte am Wochenende schlecht geschlafen haben. Grund: Die kurzfristig einberufene außerordentliche Sitzung am Montag. Dabei stehen in der Einladung nur drei Tagesordnungspunkte: Eröffnung, Besetzung des Vorstands, Verschiedenes.

Aber Punkt zwei hat es in sich, geht es doch um die Führung des Konzerns mit rund 1 100 Mitarbeitern und konkret um die Zukunft von Markus Kopp, seit 2006 in der Chefetage des Flughafen-Konzerns und . Seit zwei, drei Jahren gab es immer wieder Gerüchte, die Tage von Markus Kopp in der Flughafen AG seien gezählt, sein im April 2019 auslaufender Vertrag werde nicht verlängert. Nun ist es soweit: Der Ex-Lufthanseat geht, ein anderer kommt: Götz Ahmelmann, zuletzt Manager bei der insolventen Air Berlin und deren Mutter Etihad.

Knappe Mehrheit für Ahmelmann

Der 47-jährige Kieler erhält einen Fünf-Jahresvertrag und ersetzt vom Aufgabenbereich her seinen Vorgänger, inklusive Marketing, Vertrieb und Chefposten am Dresdner Flughafen – mit einem Unterschied: Ahmelmann ist ab 15. Oktober nicht zweiter Mann, sondern Vorstandsvorsitzender. Dem Leitungsteam gehören ferner der bisherige Sprecher Johannes Jähn, Vorstand und Geschäftsführer vom Flughafen Leipzig/Halle, und der Generalbevollmächtigte Dieter Köhler an.

Schon vor seinem Amtsantritt bekommt Ahmelmann heftigen Gegenwind, für den Start eines Flugzeugs eigentlich ideal. Doch hier kommt die steife Brise vom Aufsichtsrat. Nach SZ-Informationen gab es bei der Abstimmung ein Patt: Bei einer Enthaltung hatten in geheimer Wahl je sieben Mitglieder für beziehungsweise gegen Ahmelmann gestimmt. Letztlich sicherte ihm die doppelte Stimme des Aufsichtsratsvorsitzenden den Posten. Zuvor war ein Antrag auf Vertragsverlängerung mit Kopp mit acht zu sechs bei einer Enthaltung abgelehnt worden.

Das 15-köpfige Aufsichtsgremium ist prominent besetzt: neben Sachsens Finanzminister Haß unter anderen mit dessen für Wirtschaft zuständigen Kabinettskollegen Martin Dulig (SPD), Sachsen-Anhalts Verkehrs- und Finanzminister Thomas Webel und André Schröder (beide CDU), der dortige , Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) und Dresdens Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD), der das Mandat von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) übernommen hatte. Den Vorsitz führt Erich Staake, Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG.

Wie es von Insidern hieß, hatten sich im Vorfeld der Sitzung Allianzen gebildet, waren ihre Vertreter bei Unentschlossenen und im anderen Lager auf Stimmenfang gegangen. Auch habe es Bestrebungen gegeben, die Personalie am Aufsichtsrat vorbei zu regeln. Wie schon 2015, als die letzte Führungsstruktur beschlossen wurde. Dabei war der letzte Umbau keine zwei Jahre her. Branchenfremder Sachverstand sollte es richten in Person von Johannes Jähn, damals Noch-Manager der Baumarktkette Obi Logistics. Für Kopp, bis dahin Alleinvorstand war es eine Entmachtung.

Stagnierende Passagierzahl

Schon vor drei Jahren war der zusätzliche Chef-Posten nicht ausgeschrieben worden. Es sei „nicht nötig“, hieß es von Sachsens Finanzministerium. Schon damals fühlten sich Mitglieder des Kontrollgremiums überrumpelt, sollten sie doch die Personalie – anders als üblich – nur „im Umlaufverfahren“ abnicken.

Dem bisherigen Führungsduo, vor allem Kopp, werden stagnierende Passagierzahlen angekreidet. Die 2017 in Dresden gezählten gut 1,7 Millionen Passagiere sind nur wenig mehr als vor 20 Jahren und nicht mal die Hälfte der Kapazität, für die das Terminal ausgelegt ist. Immerhin gab es in diesem Sommer deutliche Zuwächse gegenüber der Vorjahreszeit. Die Holding drücken Verluste ihrer Flughäfen – bedingt durch Abschreibungen auf Infrastruktur. Der Konzernbericht für 2017 weist bei gut 149 Millionen Euro einen Jahresfehlbetrag von 26,6 Millionen Euro aus.

Der scheidende Vorstand Kopp düste gern durch die Welt, vereinbarte Leipziger Fracht-Kooperationen in China, Südafrika und den USA. Und der Nutzen? Wiederholt angefragt, hielten sich Konzern und Eigner bedeckt. Unkonkret war von „Marktzugang“ die Rede und einer „Basis, voneinander zu lernen“ – und die jungen Kontakte müssten sich erst noch entwickeln. Gleichwohl läuft das Frachtgeschäft in Leipzig. Aber das ist weniger Verdienst des Flughafenmanagements, als planmäßige Entwicklung der Posttochter DHL, die am Airport ihr europäisches Luft-Drehkreuz betreibt und nächstes Jahr den 6 000. Mitarbeiter erwartet. Kritiker monieren über Jahrzehnte laufende Verträge mit günstigen Konditionen für den Logistikriesen – nicht nur die durchgehende Nachtflugerlaubnis. Andere sprechen von einer „politischen Entscheidung“, in deren Zuge es viele Ansiedlungen und Jobs gegeben habe.

275 000 Euro Jahressalär

Kopps Job rettete das nicht. Er hat nach SZ-Informationen keine Wettbewerbsklausel im Vertrag und könnte sofort bei einem Konkurrenten anfangen. Kopp gilt mit einem Jahresgehalt von rund 190 000 Euro plus 60 000 Tantiemen als Geringverdiener in der Branche. Ex-Vorstandssprecher Jähn bekommt nach SZ-Informationen etwa 50 000 Euro mehr.

Der neue Mann ist von seinem pleite gegangenem Ex-Arbeitgeber Air Berlin andere Gagen gewohnt. Ahmelmann soll bei der MFAG laut Arbeitsvertrag zunächst eine Grundvergütung von 275 000 Euro erhalten. Dazu winkt ihm bei Erfüllung der Vorgaben eine „Zieltantieme“ von noch einmal 40 Prozent dieser Summe. Zur Rechtfertigung solcher Beträge werden die Chefgehälter von Stuttgart – 312 000 Euro – und Düsseldorf – 400 000 Euro – angeführt.

Die gut 1 100-köpfige Belegschaft wird hingegen unter dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes entlohnt. So sieht es ein Hausvertrag von 2005 vor, mit dem der Konzern erhalten und Kündigungen vermieden werden sollten. „Ich habe das Gefühl, dass die Interessen der Flughafen-AG hinter die Interessen von Einzelpersonen gestellt werden“, mutmaßt ein Insider. Und auch für den Steuerzahler ist der unangenehme Traum noch nicht zu Ende. Bis zu Kopps Ausscheiden im Frühjahr sind nun sogar drei Spitzengehälter fällig.