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„Es muss Einsatzstrategien für Hubschrauber geben“

Kreisbrandmeister Karsten Neumann erklärt im SZ-Gespräch, welche Konsequenzen aus dem Brand nahe der Bastei nötig sind.

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© Daniel Schäfer

Herr Neumann, braucht der Nationalpark ein Löschwasserkonzept?

Die Sicherstellung von ausreichend Löschwasser ist bereits in geschlossenen Siedlungsgebieten eine große Herausforderung. Ungleich schwerer stellt sich dies in großflächigen, unbewohnten Waldgebieten dar. Trinkwasserleitungen, die bedingt zur Löschwasserbereitstellung genutzt werden können, gibt es dort nicht, und auch keine natürlichen Wassereservoire wie Teiche oder Seen. Das bedeutet, dass Löschwasser technisch und personalaufwendig von der Feuerwehr zur Einsatzstelle gebracht werden muss.

Wie kann das verbessert werden?

Insbesondere die nationalparknahen Feuerwehren müssen sich über taktische Maßnahmen verständigen, wie die Wasserförderung erfolgen soll. Davon sind dann technische Anforderungen und Bedarfe abzuleiten. Wichtig ist der Grundsatz „Technik folgt Taktik!“, und dass vielleicht nicht jede Feuerwehr von diesem taktisch- und technisch abgestuften System alles benötigt. Eine gemeindeübergreifende „Waldbrandbereitschaft“ wäre dafür eine sinnvolle Organisationsform. Dazu wird es in den nächsten Wochen erste Gespräche geben.

Beim tagelangen Waldbrand im Basteigebiet kam auch die Frage auf, warum kein Löschhubschrauber eingesetzt wurde. Wäre der hilfreich gewesen?

Als unterstützende Maßnahme für bodengebundene Einsatzhandlungen wäre er das. Es wird darüber zu reden sein, ob zukünftig der Freistaat die Polizeihubschrauberstaffel wieder in die Lage versetzt, Luftunterstützung zu leisten. Dabei spekuliere ich nicht nur auf den flächigen Löschwasserabwurf zur Eindämmung sich schnell ausbreitender Brände. Im Fokus stehen für mich die Möglichkeiten für den Transport von Gerät oder gar Mannschaft. Entsprechende Einsatzstrategien hatten wir bereits 2004 gemeinsam mit der Landespolizei entwickelt. Es gab sogar Übungen dazu.

Warum wurde dann kein Hubschrauber angefordert?

Die Schwierigkeit im zerklüfteten Elbsandsteingebirge ist, dass man aus der Luft keine sogenannte Riegelstellung werfen kann, wie sie etwa im Flachland sehr effektiv ist. Was aber hilfreich wäre: wenn mit Luftunterstützung etwa Wasserbehälter nahe an den Einsatzort gebracht werden könnten. So würde man sich unter Umständen das Legen kilometerlanger Schlauchstrecken sparen. Ich habe jetzt beim Sächsischen Innenministerium angezeigt, dass es solche Einsatzstrategien geben muss. Somit kann man sagen: Ja, der Nationalpark braucht ein „Löschwasserkonzept“, auch wenn dies nicht in der klassischen Form darauf abzielt, in zu definierenden Abständen durch bauliche Maßnahmen eine festgelegte Löschwassermenge vorzuhalten. Ohne dass ich dies ausschließen möchte. Das Ereignis im Basteigebiet hat auch gezeigt, dass nicht jeder weiß, welche Spezialtechnik andere Feuerwehren haben. Auch der Bau von unterirdischen Löschwasserbehältern ist zu diskutieren und der Erhalt von bestehenden sicherzustellen.

Wo gibt es denn schon Löschwasserreservoirs im Nationalpark?

Unterhalb der Winterbergbaude gibt es einen Teich, der unbedingt weiter erhalten werden muss. Am Zeughaus ist eine Zisterne, die etwa 360 Kubikmeter Wasser fasst.

Stellt der Nationalpark für die Feuerwehr nur wegen der frei stehenden Felsriffe eine besondere Herausforderung dar, oder gibt es noch weitere?

Da die Vielzahl der Waldbrände in unserer Region „menschgemacht“ ist, beginnen diese nicht selten auf exponierten, hochliegenden Riffbereichen. Dies hat zur Folge, dass wir neben der horizontalen Brandausbreitung auch eine vertikale zu verzeichnen haben. Ein Waldbrand im bergigen Gelände breitet sich hangaufwärts sehr schnell aus. Die bergauf strömende heiße Luft trocknet die Bodenvegetation schon vor dem Eintreffen des Feuersaumes ab, und von höher gelegenen Bereichen herabfallendes und -rollendes Brandgut entzündet tieferliegende Bereiche. Einsatzkräfte müssen teilweise mit Seiltechnik gesichert werden. Der Basteiwaldbrand hat eindrucksvoll gezeigt, dass dies allein die Feuerwehr nicht leisten kann. Die Kameraden der Bergwacht haben hier engagiert unterstützt. Das sind Besonderheiten, welche es in den waldbrandgefährdeten Flachlandbereichen so nicht gibt.

Ist Totholz im Wald ein Problem?

Die Natur soll dort sich selbst überlassen und auf forstwirtschaftliche Eingriffe verzichtet werden. In der Phase des Waldumbaus finden wir – insbesondere in der Kernzone – Bedingungen vor, welche die Feuerwehren vor besondere Herausforderungen stellen. Umgestürzte Bäume stellen für die Zeit bis zu deren abschließender Zersetzung und dem Heranwachsen von neuer Flora eine Erhöhung der Brandlast dar. Dieser Sommer hat leider sehr deutlich bewiesen, dass wir uns gemeinsam den Herausforderungen von Waldbränden stellen müssen, wie wir sie vielleicht bei uns nicht für möglich gehalten hätten. Durch das engagierte Handeln der Feuerwehren ist es bei allen Ereignissen gelungen, einen Feuerübersprung vom Boden auf die Baumkronen zu verhindern. Ein sich entwickelnder und ungleich schwerer zu beherrschender Vollbrand wäre andernfalls die unausweichliche Folge gewesen. An den Voraussetzungen dafür, Flammlängen von mehr als drei Metern, waren wir nah dran.

Verschärft die Klimaveränderung das Problem zusätzlich?

Zu erwartende Trockenperioden werden dazu führen, dass auch während der Vegetationszeit die Zündbereitschaft enorm steigt, und zwar nicht nur bei von Trockentod betroffenen Bäumen und Sträuchern. Veränderungen für die Zukunft sind notwendig, aber dazu müssen wir jetzt der Realität ins Auge schauen.

Es fragte Gunnar Klehm