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Erste Senioren beziehen ihr neues Zuhause

21 von 56 Wohnungen sind schon vergeben. Dabei dauern die Bauarbeiten in Teilen des Hauses noch bis Ende März.

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© Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Von Ingo Kramer

Als die SZ am 4. April erstmals über das geplante neue altersgerechte Wohnen in Rauschwalde berichtete, setzte sich Friedrich Scholze an den Computer. „Noch am gleichen Tag habe ich eine E-Mail geschickt, dass wir Interesse an einer Wohnung dort haben“, sagt der agile 85-Jährige. Wir, das sind er und seine 79-jährige Partnerin Anita Nerger. Jetzt sind die beiden die allerersten Mieter im Carolinum. Friedrich Scholze ist am 27. Dezember eingezogen, hat alles eingeräumt und vorbereitet, sodass die gehbehinderte Anita Nerger ein paar Tage später folgen konnte.

Die Wiese muss erst noch wachsen, aber sonst sieht das Carolinum in Rauschwalde von außen schon fertig aus.
Die Wiese muss erst noch wachsen, aber sonst sieht das Carolinum in Rauschwalde von außen schon fertig aus. © Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c
Die einstige Kapelle im ersten Stock ist jetzt ein Gemeinschaftsraum mit Küche. Das Mobiliar kommt demnächst.
Die einstige Kapelle im ersten Stock ist jetzt ein Gemeinschaftsraum mit Küche. Das Mobiliar kommt demnächst. © Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c
März 2017: Schwestern des früheren Schwesternwohnheims übergeben die Schlüssel an Investor Stefan Müller.
März 2017: Schwestern des früheren Schwesternwohnheims übergeben die Schlüssel an Investor Stefan Müller. © Pawel Sosnowski/80studio.net

„In ein Heim hätte ich ohne Pflegestufe nicht einziehen können“, sagt er. So schnell wird er wohl auch keine bekommen: Er erledigt alles selbst, fährt mit dem Auto einkaufen oder auch, gemeinsam mit ihr, in die Oper nach Leipzig und Dresden. Ein Seniorenwohnen, in dem sie die nötige Pflege erhält und er ohne Hilfe leben kann, ist für die verwitweten Menschen, die sich 2012 kennengelernt haben und seit 2014 zusammen leben, die beste Lösung.

Genau das ist im Carolinum, gleich neben dem Malteser Krankenhaus St. Carolus in Rauschwalde, möglich: Jeder Bewohner kann alle Pflegeleistungen entsprechend seinem Bedarf dazu buchen – oder eben nicht. „Ende September haben wir hier mit dem Umbau begonnen“, sagt Stefan Müller. Der ehemalige Görlitzer lebt seit 2001 in Dresden und ist dort Geschäftsführer der Tristar Grundbesitzgesellschaft. Die hat im Dezember 2016 das ehemalige Schwesternwohnheim gekauft. In den Umbau investiert sie 1,3 bis 1,5 Millionen Euro.

Aufwendige Grundrissänderungen sind aber nicht nötig, sogar ein großer Fahrstuhl war schon da. Stattdessen muss alles auf den heutigen Stand gebracht werden. Das Aufwendigste sind Heizung und Elektrik, beides muss komplett erneuert werden. Außerdem erhalten alle Wohnungen Küchen, bodengleiche Duschen und neue Fußbodenbeläge. Da das in den 1980er Jahren als Wohn- und Altenheim für die Ordensschwestern neu gebaute Gebäude aus zwei Teilen besteht, kann es in zwei Etappen saniert werden. „Den ersten Teil wollen wir bis Ende Januar schaffen“, sagt Müller. Eigentlich fehlen nur noch ein paar Türen und Fußböden, außerdem muss noch gemalert werden. Manche Wohnungen, etwa die von Friedrich Scholze und Anita Nerger, sind aber auch schon komplett fertig. Insgesamt entstehen hier 31 Wohnungen, 19 davon sind bereits vermietet. Vor allem die größeren sind schon weg.

Der zweite Gebäudeteil soll bis Ende März fertig sein, sagt Stefan Müller. Hier ist bis jetzt nur der Rohbau erledigt. Der Investor ist zuversichtlich, dass es nun schnell geht: „Die Baufirmen arbeiten mit vielen Monteuren.“ Zwei von 25 Wohnungen sind schon vergeben, die beiden größten. Somit sind jetzt nur noch Anderthalb- und Einraumwohnungen zu haben. „Ob große oder kleine Wohnungen stärker gefragt sind, war vorab schwer abzuschätzen“, sagt Müller. Mittlerweile ist der Trend eindeutig. Trotzdem ist er zuversichtlich, auch für die kleinen Wohnungen Mieter zu finden: „Bis zur Fertigstellung sind ja noch ein paar Monate Zeit.“ Und im Moment gibt es fast täglich Besichtigungstermine.

Die bisherigen Mieter ziehen nach und nach ein, manche ab Januar, weitere ab Februar. Sie sind zwischen 65 und 92 Jahre alt. Die meisten kommen aus Rauschwalde. Es sind aber auch Ex-Görlitzer dabei, die aus Berlin in die Heimat zurückkehren. Zwei Bewohner kommen sogar aus einem Pflegeheim, zumeist aus Doppelzimmern. Im Carolinum beziehen sie eigene Einraumwohnungen. Fast fertig ist auch der Gemeinschaftsraum mit Küche in der früheren Kapelle im ersten Stock. Wenn die Stühle und Tische da sind, können hier bis zu 52 Menschen zusammen feiern, kochen oder backen. Doch auch andere Gemeinschaftsräume gibt es künftig, etwa die Balkone oder eine Leseecke mit gemütlicher Beleuchtung zum Treffen oder Teetrinken.

Anderes dauert noch. Im Keller hat der Umbau noch nicht begonnen. Dort soll es Pflegestation, Pflegebad, Waschmaschinenraum, Friseur, Archiv und vieles mehr geben. Die ersten Bewohner aber sind noch so fit, dass sie nichts von alledem dringend brauchen. Ebenfalls noch offen ist die Frage der Intensivpflege. Dafür waren ursprünglich sechs Zimmer vorgesehen. „Das ist auch so beantragt und genehmigt“, sagt Müller. Allerdings gebe es bisher keine Nachfrage dafür, sodass auch andere Mieter in diese Zimmer einziehen können.

Betreiber für das Ganze ist die eigens dafür gegründete Tristar Wohnwert GmbH mit Müller als Geschäftsführer und Torsten Krech sowie Claudia Johne als Prokuristen. Die Sozialstation im Haus gehört zum Ambulanten Pflegedienst „Lebenswert“ aus Görlitz. Auch für „Lebenswert“ ist das Carolinum ein Meilenstein. Das 2012 gegründete Unternehmen hat bisher je eine Intensivwohngruppe in Niesky und der Görlitzer Beethovenstraße, dazu ein Betreutes Wohnen in der Zittauer Straße und eine Mobile Ambulanz in der Elisabethstraße.

„Letztere soll komplett ins Carolinum umziehen“, so Geschäftsführerin Liane von Rönn. Zwischen Tristar und dem Pflegedienst gibt es keine personelle Überschneidung, ergänzt Krech. Der Pflegedienst ist ein normaler Mieter, genau wie die Bewohner. Die Mietpreise reichen von 575 Euro warm für die 24-Quadratmeter-Wohnung über 875 Euro warm für 36 Quadratmeter bis hin zu 1 000 Euro warm für 46 Quadratmeter. Die 24-Stunden-Bereitschaft des Pflegedienstes ist enthalten, Pflegedienstleistungen kommen separat hinzu. Friedrich Scholze hofft freilich, dass er noch lange ohne solche Hilfen auskommen wird.