Merken

Eine Chance für Maria

Rumänienhelfer Tobias Schneider besucht sein Patenkind in Hermannstadt. Und vereinbart mit der TV-bekannten Aktivistin Jenny Rasche weitere Hilfe.

Teilen
Folgen
© Tobias Schneider

Von Ines Scholze-Luft

Weinböhla. Der Weinböhlaer Tobias Schneider hat es wieder getan. Ist über 3 000 Kilometer gefahren, in sechs Tagen. Zum zweiten Mal in diesem Jahr ins rumänische Siebenbürgen, mit einem privat zusammengestellten Hilfstransport. Begleitet von einem guten Freund. Seit Jahren unterstützt Tobias Schneider dort Bedürftige – Pflegeheime, Kindereinrichtungen, einzelne Familien, darunter viele Roma. Hat Kontakte geknüpft. Und ist jedes Mal erschüttert von dem Elend, gegen das er ankämpft. Gleichzeitig berührt ihn die große Dankbarkeit, mit der auch noch die kleinste Gabe – und sei es eine Tüte Mehl oder ein Duschbad – angenommen wird.

Jenny Rasche (l.) mit einer rumänischen Frau.
Jenny Rasche (l.) mit einer rumänischen Frau. © Tobias Schneider

Diesmal ist dem 48-Jährigen besonders anzusehen, wie nahe ihm die Begegnungen gehen. Er hat seine Patenkinder im Kinderhaus von Jenny Rasche in Sibiu, Hermannstadt, getroffen. Vor zwei Jahren war der Kontakt zu ihr sowie zu Maria und Florentina entstanden. Für beide Mädchen – etwa vier und fünf Jahre – und eine dritte Schwester bedeutet das Kinderhaus die Chance auf ein normales Leben.

Als Kleinstkinder in einem Bretterverschlag entdeckt, kommen sie zu der jungen deutschen Sozialarbeiterin, die sich mit ihrem Engagement und ihrer Kompromisslosigkeit im Einsatz für die Ärmsten einen Namen gemacht hat. Die mit ihrer Familie, mit Mann und sechs von sieben eigenen Kindern, in Sibiu lebt. Und mit ihrem Verein, der Kinderhilfe Siebenbürgen e.V., noch viel bewegen will. Wie sie jüngst in der MDR-Reportage „Raus aus dem Elend“ berichtete. Sie war auch bei der ARD im Programm, die Welt und andere Medien beschäftigen sich ebenfalls immer wieder mit der unermüdlichen Helferin.

Für Tobias Schneider ist Jenny Rasche eine Verbündete, bei der er nicht nur die Patenkinder Maria und Florentina findet. Die seinen Worten zufolge in Rasches Kinderhaus – wo zwölf besonders benachteiligte Mädchen und Jungen leben – unglaubliche Fortschritte gemacht haben. Denn von dem, was Normalität bedeutet, kennen sie am Anfang nichts. Verständigen sich nur durch Laute, reden kein Wort – Maria spricht bis heute nicht –, reißen sich die Kleidung vom Leib, als sie was Richtiges anzuziehen bekommen. Können mit Windeln nichts anfangen, werfen sie weg. Wissen nicht, was ein Töpfchen ist.

Folgen einer extremen Vernachlässigung. Die Kinder sind bedürftig nach Nähe und Liebe, sagt Tobias Schneider. Was auch Gefahren birgt, weil sie keine gesunde Scheu vor fremden Erwachsenen kennen. Eine Mammutaufgabe für Jenny Rasche und ihre Mitarbeiter. Die weniger wie Angestellte, sondern eher wie eine Familie miteinander auskommen, hat der Besuch aus Weinböhla festgestellt.

Jenny Rasche leitet mehrere Hilfsprojekte für Roma-Kinder. Darunter eine Spezialklasse und ein Zentrum, wo Mädchen und Jungen nachmittags betreut werden, zu essen bekommen. All das finanziert über Spenden aus Deutschland, koordiniert von der Familie in Stapelburg im Harz. Auch für die Unterstützung der Siedlung Sura Mare nahe Hermannstadt, wo Häuser der Roma saniert und neu gebaut werden.

Die Stimmung dort unterscheidet sich sehr von der in anderen Roma-Orten, hat Tobias Schneider festgestellt. In Sura Mare sind die Menschen aufgeschlossener, zuversichtlicher. Er habe sich dort frei bewegen und viel fotografieren können.

Unbestritten ist die Bedürftigkeit an allen Ecken und Enden. Ohne Spenden könnten weder die Kinderhaus-Mitarbeiter noch das Essen bezahlt werden. Tobias Schneider kennt das nur zu gut. Genau deshalb fährt der Vater zweier erwachsener Töchter, der in der Dresdner Zigarettenfabrik arbeitet, regelmäßig nach Siebenbürgen.

Auch nach Agnita. Bringt Hilfsmaterial ins dortige Intensivpflegeheim. Das ist baulich in Ordnung, sehr sauber, das Personal geht liebevoll um mit den Patienten, sagt Tobias Schneider. Doch in den Schränken: gähnende Leere. Weder Verbandsmaterial noch Bandagen, keine Pampers, Bettwäsche, Handtücher, Gehhilfen, Gehgestelle. Im nächsten, einem privaten Pflegeheim zwei Dörfer weiter, fehlt noch mehr, Bettdecken, Kopfkissen, Hygieneartikel.

Die nimmt Schneider auch seinen Romafamilien mit. Bei denen er und sein rumänischer Kontaktmann Remus genau schauen, was gebraucht und wie es genutzt wird. Und sich freuen, wenn sich was bewegt, wenn die Hilfe zur Selbsthilfe führt, wenn beispielsweise jemand endlich eine Leitung baut, für fließendes Wasser.

Eine dritte Rumänienreise schafft er dieses Jahr nicht, sagt der Weinböhlaer. Dafür fährt er nach Stapelburg, bringt Hilfsgüter hin, die im großen Lkw zu Jenny Rasche rollen sollen. Und er dankt allen, die die Aktion bisher unterstützt haben, setzt weiter auf ihre Hilfe. Was jetzt dringend nötig ist: Waschpulver, haltbare Lebensmittel – Zucker, Mehl, Nudeln, Öl, Konserven –, Kleidung und Schuhe für Kleinkinder, Drogerieartikel – alles möglichst im Pappkarton. Wer was geben will, sollte bitte anrufen zur genaueren Absprache.

Kontakt Tobias Schneider: 0162 9245663

https://www.roma-kinderhilfe.de

http://www.ardmediathek.de/tv/tag7/Jenny-und-die-Roma-Kinder/