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Ein teurer Blitzer

Ein schneller Unternehmer aus Dresden soll sich im Internet einen Fahrer gesucht haben, der die Punkte auf sich nimmt. Doch offenbar ging die Sache schief.

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© S. Unger

Von Alexander Schneider

Dresden. Es wäre wohl das erste Mal gewesen, dass sich ein Angeklagter am Amtsgericht Dresden verantworten soll, weil er auf eine rechtlich zumindest umstrittene Art versucht haben soll, Fahrverbot und Punkte in der Flensburger Verkehrssünder-Datei zu vermeiden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem promovierten Unternehmensberater Urkundenfälschung vor. Doch der 64-Jährige hat seinen Prozess am Mittwoch unentschuldigt geschwänzt.

Die Sache ist skurril, aber längst kein Einzelfall. Nach Justizangaben wurde der Angeklagte im vergangenen Jahr im Hochsauerlandkreis geblitzt. Für sein Rasen sollte er 200 Euro an die dortige Bußgeldbehörde zahlen – und seinen Führerschein für einen Monat abgeben. Das Fahrverbot ist wohl die schlimmere Strafe für einen vielbeschäftigten Selbstständigen – und Motiv, es irgendwie zu umgehen.

Und jetzt kam offenbar das Internet-Portal eines gewissen René Meier ins Spiel. Seine Seite heißt „Punktehandel-Flensburg.de“ und wirbt mit einer Gesetzeslücke, durch die geblitzte Raser eine Sanktion ganz legal umgehen können. Herr Meier, der Name ist nicht echt, sucht für seinen Kunden einen Autofahrer, der Bußgeld, Punkte und Fahrverbot auf sich nimmt. Er finde gezielt Personen, die in Geschlecht, Alter und Äußerem dem Geblitzten ähnlich sehen, sagt Meier in seinem PR-Video. Diese falschen Fahrer erhielten einen bis zu vierstelligen Betrag, wenn sie sich in dem Ordnungswidrigkeitsverfahren selbst bezichtigen und den entsprechenden Anhörungsbogen ausfüllen. So weit, so gut. Selbst das Oberlandesgerichts Stuttgart hat mit einem Urteil von Februar dieses Jahres diese Praxis gedeckt. Selbstbezichtigungen in Bußgeldsachen sind nicht strafbar.

Das Problem des Dresdner Angeklagten ist jedoch, dass es nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft den angeblichen Selbstbezichtiger, einen Hans R., nicht gibt. Als R.s Adresse wurde eine Schreibstube in Hamburg ermittelt, in der Büroarbeiten übernommen werden. Vielmehr soll der Angeklagte geistiger Urheber der Selbstbezichtigung sein.

Weil der Angeklagte auch nach der obligatorischen Viertelsunde nicht erschien, hat das Gericht den 64-Jährigen nun per Strafbefehl zu einer Geldstrafe in Höhe von 6 000 Euro verurteilt. Dagegen kann der Mann Einspruch einlegen – und muss dann zu seinem Prozess antreten.