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Ein neues Zentrum für mittelalterlichen Bergbau

Die Neueröffnung in Krupka ist ein Vorgeschmack auf das neue Museum in Dippoldiswalde.

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© Egbert Kamprath

Von Steffen Neumann

Krupka. Wenn es nach der tschechischen Bergbaustadt Krupka (Graupen) geht, kann der UNESCO-Welterbe-Titel für die Montanregion Erzgebirge kommen. Darüber wird zwar erst im Sommer 2019 entschieden, aber am Mittwoch zeigte die Stadt schon mal stolz ihr neues „Infozentrum Berglandschaft Krupka“. „Ab sofort ist es täglich außer montags von 9 bis 17 Uhr geöffnet“, sagt Rostislav Kadlec von der Stadtverwaltung. „Es ist unser Eingangstor zu den Bergbaustätten rund um die Stadt“, fährt er fort. Besucher erhalten erste Informationen, Faltblätter und Karten. In den oberen Stockwerken sind Exponate aus der Bergbaugeschichte des Ortes ausgestellt. Schautafeln informieren zweisprachig über den mittelalterlichen Bergbau.

Mit dem sanierten Haus ist die historische Altstadt von Krupka wieder ein Stück schöner geworden.
Mit dem sanierten Haus ist die historische Altstadt von Krupka wieder ein Stück schöner geworden. © Egbert Kamprath
Die Ausstellung im ersten Stock zeigt Exponate rund um die Bergbauzeit aus der Sammlung des Regionalmuseums in Teplice (Teplitz).
Die Ausstellung im ersten Stock zeigt Exponate rund um die Bergbauzeit aus der Sammlung des Regionalmuseums in Teplice (Teplitz). © Egbert Kamprath

Im 12. Jahrhundert begannen Bergleute, im Graupener Revier Zinn abzubauen. Erst danach wurden die Lagerstätten in Zinnwald und Altenberg ausgebeutet.

„Bis vor zehn Jahren war der mittelalterliche Bergbau ein weißer Fleck“, sagt Christiane Hemker vom sächsischen Landesamt für Archäologie. Sie leitet das grenzüberschreitende Projekt Archaeomontan, in dessen Rahmen das Haus saniert und umgebaut werden konnte. „Die Wende kam mit den Funden in Dippoldiswalde.“ Dort wurde vor zehn Jahren ein noch gut erhaltenes Stollensystem aus dem Mittelalter entdeckt, das nicht nur die Bergbaugeschichte umgeschrieben, sondern auch wertvollen Einblick in den damaligen Bergbau gebracht hat.

Vorläufiger Höhepunkt dieser Etappe und Endpunkt des Archaeomontan-Projekts ist die Eröffnung des neuen Museums im August in Dippoldiswalde. Auf tschechischer Seite wird das etwas bescheidenere Pendant schon jetzt gefeiert. Auf einer der Tafeln im ersten Stock ist auch zu sehen, wie das heutige „Informationszentrum“ noch vor wenigen Monaten aussah. Das historische Bürgerhaus mit gotischen Grundmauern und gelber Fassade wurde praktisch aus dem Nichts aufgebaut. „Als wir uns hier im August 2016 zum symbolischen Baustart trafen, sah ich die Zweifel in den Augen unserer deutschen Partner“, gibt Krupkas Bürgermeister Zdenek Matous unumwunden zu. Christiane Hemker selbst hatte zwar keine Zweifel. „Aber als uns 2014 das Haus bzw. was davon übrig geblieben war, erstmals gezeigt wurde, musste mein Teamleiter erst einmal schlucken.“ Doch für fast 800 000 Euro, davon 85  Prozent EU-Gelder, wurde das Haus wieder aufgebaut und als Besucherzentrum eingerichtet. Außerdem entstanden zwei Lehrpfade, dank derer man die Bergbaustätten rund um Krupka erwandern und sich informieren kann.

Doch neues Haus und Lehrpfade sind das eine. „Fast noch wichtiger ist die Zusammenarbeit bei der Erforschung des Bergbaus“, ist Rostislav Kadlec überzeugt. Und Christiane Hemker ergänzt: „Wir haben jetzt ein interdisziplinäres und grenzübergreifendes eingespieltes Team, das seit sechs Jahren zusammenarbeitet.“ Ohne die EU-Millionen wäre das aber nicht möglich gewesen. Über 40 Mitarbeiter konnten so finanziert werden, die sich ausschließlich mit der Geschichte des mittelalterlichen Bergbaus beschäftigen. „Dafür hatten wir vorher gar keine Kapazitäten“, gibt Krystof Derner vom Archäologischen Institut in Most (Brüx) zu. In Tschechien lag der Schwerpunkt bis dahin auf prähistorischen Funden im Zuge des Braunkohletagebaus im Erzgebirgsvorland. Seitdem gab es Ausgrabungen bei Jachymov (Joachimsthal) und in der Nähe der Talsperre Presnice (Pressnitz). Dort kam alles zum Vorschein, was auch auf sächsischer Seite entdeckt wurde: „Wir fanden Bergbausiedlungen und Verhüttungsanlagen, nur so ein unterirdisches Stollensystem wie in Dippoldiswalde haben wir leider nicht vorzuweisen“, so Derner. Jene Stollen, wo dies vermutet wurde, sind in späterer Zeit wieder neu ausgebeutet worden.

Für die Wissenschaftler sind die gewonnenen Erkenntnisse sehr wertvoll. „Es gibt viele Parallelen zwischen mittelalterlichen Bergbausiedlungen auf der böhmischen und sächsischen Seite“, nennt Derner ein Ergebnis. Weitere Ergebnisse werden zwei Tagungsbände sowie sechs Monografien sein, die bis zum Abschluss des Projekts im August vorliegen und die neuen Erkenntnisse zusammenfassen.

Die große Herausforderung ist, das alles auch für uneingeweihte Besucher erfahrbar zu machen. „Die Archäologie ist per se schwer vermittelbar“, sagt Hemker. Die Hoffnungen ruhen auf der künftigen Ausstellung in Dippoldiswalde. Dort wird auch ein Film des Kulturwissenschaftlers und Vermittlers des Erzgebirges, Petr Miksicek, über den mittelalterlichen Bergbau zu sehen sein, der in Krupka seine Uraufführung erlebte. Miksicek, der in Prag und der Bergbaustadt Abertamy (Abertham) lebt und arbeitet, zeigt am Rande der Präsentation auch eine Computersimulation des Bergbaus in Abertamy, die er gerade für eine dortige Ausstellung vorbereitet.

Mithilfe von Handy oder Tablet kann der Besucher so die unterirdischen Gänge durchlaufen und bekommt einen anschaulichen Überblick, welche Stollen zu welchen Zeiten unter Abertamy gegraben wurden. So eine Anwendung hätte man sich für das Haus in Krupka auch gewünscht. Multimediale Angebote sind dort aber Fehlanzeige.

Immerhin bleibt Besuchern die Möglichkeit, die Zeugen des Bergbaus rund um Krupka selbst zu erkunden. Von denen gibt es hier tatsächlich reichlich, wie den Besucherstollen St. Martin, die Große Pinge am Mückentürmchen oder die im Zuge des Bergbaus entstandene prächtige gotische Mariä-Himmelfahrts-Kirche.