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„Ein Jahr, das vieles relativiert“

Nossens Bürgermeister Uwe Anke (47) blickt auf 2017 zurück und sagt, was er bis zu seinem 50. Geburtstag schaffen will.

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© Claudia Hübschmann

Herr Anke, was macht der Nossener Bürgermeister zwischen den Jahren. Kehrt langsam Ruhe ein oder ist noch viel zu tun?

Ich musste am 27. und muss am 29. Dezember noch mal ran. Es sind noch einige E-Mails liegengeblieben, müssen noch beantwortet oder formuliert werden. Auch ein bisschen Ordnung auf dem Schreibtisch will ich vor dem Jahreswechsel noch machen, außerdem muss ich noch einigen Geburtstagskindern aus diesem Monat gratulieren. Am 29. steht noch eine Beratung im Landratsamt wegen des Gewerbegebiets Augustusberg an.

Letztgenanntes war eines der großen Streitthemen 2017 in Nossen. Anwohner liefen gegen Erweiterungspläne der Schaumaplast GmbH Sturm. Wird hier bald Ruhe einkehren?

Jedenfalls hat sich Schaumaplast dazu bekannt, Maßnahmen wie einen Schornstein und anderes umzusetzen, selbst zu investieren. Es ist ein gutes Signal an die Bürger, dass der Betrieb dies in Eigeninitiative machen will, denn rechtlichen Druck oder Verpflichtungen schwarz auf weiß gibt es nicht. Eine Hinhaltetaktik oder ein bloßes Ruhigstellen der Anwohner am Augustusberg kann ich nicht erkennen. Aber damit Ruhe einkehrt, muss auch wirklich etwas passieren. Das wird sich zeigen.

Die Landesregierung unter dem neuen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer hat angekündigt, den Breitbandausbau auf dem Land zu 100 Prozent zu fördern. Es dürfte Sie freuen, das zu hören. Schließlich gibt es viele unterversorgte Gebiete auf Nossener Flur.

Wenn es wirklich so kommt, freue ich mich darüber. Denn für kleine Gemeinden sind auch die bisher üblichen zehn Prozent Eigenanteil oft schwer zu stemmen. Da kommen schnell ein, zwei Millionen Euro zusammen, die nicht irgendwo rumliegen. Um voranzukommen, müssen wir unsere Hausaufgaben machen. Das tun wir mit der jetzt anstehenden Marktanalyse. Danach kennen wir die weißen Flecken und den Bedarf. Ich habe schon häufiger betont, dass der Breitbandausbau nicht Sache der Kommunen sein sollte. Das muss der Bund in die Hand nehmen, oder zumindest das Land. Insgesamt ist schnelles Internet unbedingt wichtig für Betriebe, Selbstständige und Schüler in den ländlichen Regionen. Da muss sich möglichst rasch etwas tun.

Neben dem Breitbandausbau haben sie vor einem Jahr zwei Dinge genannt, die 2017 besser werden sollen. Fortschritte beim Gewerbegebiet Nossen-Süd und beim Thema altersgerechtes Wohnen. Wie siehts aus?

Beim Gewerbegebiet haben wir einen großen Schritt nach vorne gemacht. Hier gibt es seit kurzem einen tragfähigen Lösungsvorschlag, der das Problem der Regenwasserentsorgung betrifft. Trotzdem geht es nach wie vor zäh voran. Deshalb haben einige Interessenten, darunter auch große Betriebe, abgesagt. Wir reagieren darauf mit der Erweiterung des bestehenden Gewerbegebiets Heynitz-Lehden. Dieses wird wohl entgegen der ursprünglichen Planung eher gemacht als das Gewerbegebiet Süd. Es kommen sechs Hektar Fläche dazu, ein Drittel davon will eine ortsansässige Firma nutzen. Im altersgerechten Wohnen sind wir durch die neuen Wohnungen des DRK in Leuben weiter gekommen. In der ehemaligen Puppenfabrik an der August-Bebel-Straße oder dem Rittergut Raußlitz könnten nach notwendigen Sanierungen ähnliche Projekte umgesetzt werden. Darauf hoffe ich. Der Bedarf ist auch in Nossen sehr groß, vor allem nach guter Qualität. Das dürfen wir nicht verschlafen.

Was sind für Sie rückblickend die Dinge, die 2017 geschafft worden sind, über die Sie sich besonders freuen?

Auch hier denke ich an den Ausbau der alten Schule in Leuben durch das DRK. Wie wichtig das gewesen ist, zeigt die sofortige Auslastung des Objektes. Das Wohngebiet Augustusberg ist fast vollständig belegt, auch mit vielen Bauwilligen aus anderen Kommunen. Die IT-Umstellung im Rathaus ist weiter vorangekommen, der Förderbescheid für eine neue Turnhalle der Oberschule liegt vor. Wir haben sechs Dächer saniert, etwa die der Kitas Rhäsa und Ziegenhain, des Bauhofes Raußlitz, der Badperle oder des Jugendclubs in Wunschwitz. Drei Ortswehren haben ihr 75-jähriges Bestehen gefeiert. Die Stützmauer in Klessig ist saniert, in Katzenberg nicht nur die Straße neu, sondern auch Teile des Kanals sowie die Straßenbeleuchtung. Nicht zu vergessen die Rathauserweiterung. Hier liegen wir gut in der Zeit.

Das heißt genau?

In vier Monaten ist der Anbau fertig. Länger sollten die Restarbeiten – Innenausbau, Außenanlagen und Fluchttreppe – nicht dauern. Danach wird auch das Stadtarchiv sukzessive vor Ort zusammengetragen. Dieser Prozess wird aber zwei, drei Jahre dauern.

Was hat Sie im Jahr 2017 ganz persönlich bewegt, was bleibt hängen?

Ich habe 2017 dreimal in der Verwandt- und Bekanntschaft den plötzlichen Tod lieb gewonnener Menschen erlebt. Das hat mir sehr deutlich aufgezeigt, wie endlich unser Leben ist und wie schnell es unumkehrbar vorbei sein kann. Das hat mir wieder, wie schon nach meinem Autounfall im August 2015 bewusst gemacht, mit welchen Nichtigkeiten wir uns teilweise belasten und so unsere Lebenszeit verschwenden, besonders im Beruf.

Welche Lehren ziehen Sie daraus?

Einfach bewusst zu leben und manchmal etwas gelassener zu sein. Ich lasse es mir nicht nehmen, Zeit für die Familie oder Freunde zu finden. Natürlich bin ich Bürgermeister, trage Verantwortung und stecke gern Energie und Ausdauer in den Beruf. Aber nicht um jeden Preis. Das hat mir das vergangene Jahr gezeigt. Es hat vieles relativiert.

Was sind die größten Herausforderungen für das kommende Jahr in Nossen und was hoffen Sie in nächster Zeit zu schaffen?

Eine Lösung für den Sachsenhof muss her. Das Schlimmste wäre, wenn er für die Nossener dauerhaft nicht nutzbar ist. Das wollen wir verhindern und da bin ich optimistisch. Die Sanierung der Kita Leuben, der Ortsausbau Wunschwitz, eine neue Brücke in Ilkendorf Richtung Radewitz und die erfolgreiche Erweiterung des Gewerbegebiets Heynitz-Lehden wollen wir 2018 schaffen. Bis ich 50 Jahre alt werde, hoffe ich, dass der Rodigtturm aufgebaut ist, die Turnhalle der Oberschule fertig ist und das Gewerbegebiet Süd genutzt werden kann.

Wie und wo werden Sie den Jahreswechsel erleben, wann geht es mit der Arbeit im neuen Jahr weiter?

Ich fahre mit meiner Frau auf die Insel Rügen an die Ostsee. Wir machen das ganz entspannt, genießen die Zeit zu zweit, gehen in die Sauna. Weihnachten war die ganze Familie bei uns zu Hause, was auch schön gewesen ist. Im Nossener Rathaus werde ich ab dem 3. Januar wieder im Dienst sein.

Das Gespräch führte: Marcus Herrmann.