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Ein himmlischer Schatz

Die Restaurierung der Fresken in der St. Just Kirche ist abgeschlossen. Ein Pfund, mit dem Kamenz wuchern sollte.

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© René Plaul

Von Ina Förster

Kamenz. Es ist vollbracht! Die mittelalterlichen Fresken von St. Just sind bereit für die Öffentlichkeit. Nach jahrelangen Restaurierungsarbeiten wurden sie am Dienstagvormittag in einem Festakt der Kirchgemeinde, der Stadt Kamenz und nicht zuletzt auch dem Gemeinwesen übergeben. Die über 600 Jahre alten Wandmalereien in St. Just waren lange Zeit unbeachtet vom großen Trubel. Dabei sind sie von weitreichender Bedeutung. Und sehr selten in diesem Maß zu finden. Die umfangreiche üppige Ausmalung entstand wohl in den Jahren zwischen 1400 und 1420 und wurde wahrscheinlich von talentierten böhmischen Künstlern geschaffen. Adäquate Fresken findet man im Kloster Sázava in Mittelböhmen. Wertvolle gotische Fresken des Marien-Zyklus sind auch dort zu sehen. Sie ähneln denen in Kamenz in vielen Einzelheiten. „Weit über die Sachsengrenze hinaus findet man etwas Ähnliches nicht“, so Pfarrer Michael Gärtner.

Die Fresken der St. Just Kirche

Er führte zum Festakt durchs Programm, bat Redner um Redner nach vorn. Denn einige hatten etwas zu sagen. Das Projekt war ein Gemeinschaftsprojekt vieler Köpfe, Hände und Herzen. Staatssekretär Prof. Dr. Günther Schneider war angereist und auch Christine Kelm, Referatsleiterin Restaurierung beim Landesamt für Denkmalspflege. „Kamenz verfügt über vier spätgotische Kirchen mit einzigartigem Inventar. Die Stadt ist zu beneiden, trägt aber damit auch eine riesige Bürde“, sagte sie. Die wertvollen Kirchenschätze in Form von Schnitzaltären, uralten Orgeln und eben jenem ausgefallenen Wandgemälde zu erhalten, bedarf es Kraft, Geld und mutige Vorkämpfer.

Ein solcher war auch Pfarrer Jörg Naumann, der leider im März 2016 verstarb. „Er trug als mein Vorgänger maßgeblich dazu bei, dass dieses Projekt hier angeschoben wurde. Es lag ihm persönlich sehr am Herzen“, so Michael Gärtner. „Ich finde es schön, dass die St. Just Kirche heute lebt. Auch wenn man derzeit oft noch viel zu schnell an ihr vorbeifährt – wir wünschen uns, dass sich die Menschen diesen großen Schatz, den die Kirche in sich birgt, anschauen kommen. Über uns wölbt sich ein Himmel, der nicht leer ist. Ein Himmel voller Engel“, so Gärtner. Und das solle man unbedingt weitersagen. Auch, weil der Weg dahin lang und schwer war.

Entsetzliche Schäden

Als Christine Kelm schon vor zwölf Jahren mit ihren Kollegen vom Denkmalsschutz in der kleinen Friedhofskirche stand, waren alle eher entsetzt über das Schadensbild, das sich ihnen bot. Aussalzungen, Algenbildung und eine enorme Staubschicht, die sich wie ein Grauschleier über die einst wundervollen Bilder gelegt hatten, erschwerten Entscheidungen. Der Chorraum und die Wandgemälde wurden zum großen Sorgenkind. Bereits in den 30er Jahren hatten die Fresken schon einmal für Aufsehen gesorgt.

Der Kamenzer Architekt Dr. Werner Reif entdeckte sie zufällig 1937 und legte sie frei. Eine erste Restaurierung mit Retusche erfolgte. Außerdem wurden gestörte Bereiche ergänzt. Anschließend passierte nicht viel. Die St. Justkirche hatte leider enorme Baumängel aufzuweisen. Feuchtigkeit war das Hauptproblem. Außerdem hatte sich im Laufe der Jahrhunderte der Chordachstuhl gesenkt. Das Mauerwerk war gerissen und belastete das Gewölbe. Auch wenn sich die evangelisch-lutherische Kirchgemeinde zu DDR-Zeiten ebenso stark engagierte – Unterstützung gab es kaum von staatlicher Seite. Das änderte sich glücklicherweise ab 1990.

Für die Nachwelt gerettet

Die beiden freiberuflichen Restauratorinnen Sonja Kaeten und Sandra Risz aus Dresden waren nun seit April 2017 ununterbrochen in der Lessingstadt zugange. Die evangelisch-lutherische Kirchgemeinde hat sie beauftragt, die kostbaren Wandbilder aus dem 15. Jahrhundert aufzuarbeiten und so für die Nachwelt zu retten. Bund, Freistaat, Ostdeutsche Sparkassenstiftung, evangelische Landeskirche, der Kirchbauverein und viele private Spender brachten die dafür nötige Summe von 345 000 Euro zusammen. Ein Glücksfall, auf den man lange gewartet hatte.

Und die Erwartungen wurden weit übertroffen. Die Fresken von St. Just sind herrlich anzusehen, die Wahrnehmung der Bilder hat sich deutlich verbessert. Der Chorraum erhielt eine spezielle Beleuchtung, auch im Kirchenschiff wurden Putz- und Malerarbeiten ausgeführt und die seltenen Totenkronenkästen restauriert.

Nun müssen die Menschen kommen. Besucher von überall her, aber auch die Kamenzer selbst. Eine gute Marketingstrategie ist wichtig. Vorerst möchte man mit dem Sakralmuseum St. Annen kombinierte Führungen anbieten. Eine offene Kirche wie bei St. Marien wäre natürlich die Krönung. Die Fresken von St. Just haben das Zeug für ganz große Aufmerksamkeit!