Merken

Dschungelpfad statt Waldweg

Seit am Osterbusch in Freital Bäume gefällt wurden, wuchert eine Schneise zu. Anwohner sind verärgert.

Teilen
Folgen
© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Freital. Karl Fischer ist nicht mehr sonderlich gut zu Fuß. Jetzt aber macht er sich die Mühe und läuft, auf einen Gehstock gestützt, den Hinterausgang aus seinem Grundstück heraus. Weit kommt er nicht. Wo einstmals ein schmaler Spazierweg hinter den Häusern an der Leisnitz verlief, wuchert mannshohes Unkraut. Fischer nimmt den Gehstock und schiebt Disteln, Brombeerzweige und Brennnesseln zur Seite. Langsam tastet er sich vorwärts. „Das kann doch nicht wahr sein“, empört sich der Senior.

So sah der zwischen Osterbusch und den Grundstücken gelegene Weg im April 2017 aus, nachdem die Fällarbeiten beendet waren.
So sah der zwischen Osterbusch und den Grundstücken gelegene Weg im April 2017 aus, nachdem die Fällarbeiten beendet waren. © Archiv SZ

Der Weg ist nicht sonderlich lang und auch gar nicht offiziell ausgeschildert. Er zweigt hinter dem Haus Nummer 36 ab und mündet nach gut 300 Metern bei Nummer 74 wieder auf die Straße. Auf der einen Seite wird er von Einfamilienhäuschen und weitläufigen Gärten begrenzt, auf der anderen Seite vom Osterbusch. Vor allem wurde er in der Vergangenheit öfters von Kindergartengruppen genutzt, an Wochenenden von Spaziergängern. „Hier ist es doch schön ruhig und man kann dem Verkehr der Straße, wo es keinen Fußweg gibt, ausweichen“, sagt Fischer.

Vorbei die Zeiten. Der Ärger mit dem Weg begann vor gut 16 Monaten. Im Frühjahr 2017 ließ der Besitzer des Osterbuschs, ein Sägewerk-Besitzer aus der Lausitz, gut 100 Bäume fällen. Tagelang wühlten sich die Maschinen der Holzfäller den Weg entlang. Als sie abgerückt waren, war der Weg nicht nur deutlich breiter als zuvor, sondern auch zerstört. Fischer beschwerte sich bei der Stadtverwaltung. Der Weg wurde daraufhin vom Waldeigentümer in Ordnung gebracht, eine neue Böschung angelegt und ein zuvor entfernter Grenzstein wieder eingesetzt. „Allerdings, ohne ihn einzumessen“, bemerkt Fischer. Der Stein ist nun von Unkraut überwuchert, wie der Weg selbst. Schmetterlinge flattern umher, allerlei Insekten schwirren durch die Luft.

Die üppige Vegetation ist neu hinter der Leisnitz. Im Schatten der Bäume wuchs so gut wie nichts. „Ab und zu habe ich ein paar Eichensprösslinge ausgezupft, mehr war nicht zu tun“, berichtet Karl Fischer, der sagt, auch seine Nachbarn würden die jetzige Situation kritisch beurteilen. Denn nun erobern Gräser, Büsche und Wildblumen den Waldessaum, wuchern den Weg zu – und dürften bald in die angrenzenden Gärten aussamen.

Der Weg ist mit der Flurstück-Nummer 277/27 im Kataster verzeichnet und gehört der Stadt Freital. Und eigentlich ist er auch kein richtiger Weg, sondern ein schmaler Streifen Land. Darauf sei im Laufe der Jahre ein Trampelpfad entstanden, heißt es aus dem Rathaus. „Das städtische Flurstück, welches nur entlang von privaten Grundstücken führt, hat keine Funktion. Aus Sicht der Stadt besteht kein öffentliches Interesse an dem Weg, zumal parallel die Straße verläuft“, teilt Katrin Reis, Büroleiterin des Oberbürgermeisters, mit. Deswegen bestehe auch keine öffentliche Widmung für die kurze Verbindung zwischen Haus Nummer 36 und 74. Nur eines machte die Stadt: Auf Anregung der Anwohner wurden nach den Baumfällungen große Steine am Weg platziert, um das Befahren des verbreiterten Weges zu verhindern. Zum Unkraut mähen wird aber niemand vorbeikommen: Der Weg ist weg.