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Die Westernhelden von Weinböhla

Der Indianistik- und Western- klub Sioux-KEHA feiert sein 40-jähriges Bestehen. Seine Zukunft ist jedoch fraglich.

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© Uta Büttner

Von Uta Büttner

Weinböhla. Country-Musik, Büchsenknallen, indianische Tänze: Die High-Noon-Ranch am Weinböhlaer Stadion versprühte für einen Tag Wild-West-Atmosphäre. Tipis und Wigwams, Menschen in Indianer-, Cowboy- oder typischer Südstaaten-Kleidung, Indianerschmuck und Darbietungen im Messer- und Tomahawk-Werfen sowie Peitschenkunst – all das gab es vor wenigen Tagen anlässlich des 40. Jubiläums des Indianistik- und Westernklubs Sioux-KEHA Weinböhla zu erleben.

Indianer aus dem Zeithainer Ortsteil Röderau präsentieren zum 40. Geburtstag in Weinböhla einen Adlertanz.
Indianer aus dem Zeithainer Ortsteil Röderau präsentieren zum 40. Geburtstag in Weinböhla einen Adlertanz. © Uta Büttner
Häuptling Seven Feather, alias Jürgen Poralla, von den Dakota Meißen beeindruckt mit seinen Lassovorführungen.
Häuptling Seven Feather, alias Jürgen Poralla, von den Dakota Meißen beeindruckt mit seinen Lassovorführungen. © Uta Büttner

Es war ein mitreißendes Aufflackern einer Tradition, die vor allem auch im Meißner Kreisgebiet gepflegt wurde und teilweise noch immer wird. Die aber, und auch das war in Weinböhla deutlich zu erleben, einer ungewissen Zukunft entgegensieht. Denn der Nachwuchs fehlt. Das Interesse wie vor Jahrzehnten ist nicht mehr vorhanden. Und bei den Älteren fehlt einfach die Zeit, um sich mit der Geschichte und dem Herstellen der Kleidung zu beschäftigen.

Sabine Weigel ist am längsten dabei. Mit Anfang 20 wurde sie auf den Weinböhlaer Klub aufmerksam. 1985 erhielt sie von einem Medizinmann ihren Indianernamen: Ontavia – Schöner See. Die Namen, so erklärt sie, werden nach körperlichen Merkmalen oder bei den Männern nach besonderen kriegerischen Fertigkeiten vergeben. Wie Sabine Weigel zur Ontavia wurde, weiß sie nicht. Lachend sagt sie: „Das habe ich mich auch gefragt.“ Schon als Kind war Sabine Weigel begeistert von indianischen Sachen, hatte entsprechendes Spielzeug und verschlang Bücher mit Indianergeschichten. Im Klub nähte sie ihr eigenes Indianerkleid. Viele Jahre brauchte sie dafür. Das kann man auch nicht irgendwie nähen. Man braucht echtes Hirschleder. Und die Muster aus unendlich vielen Glasperlen kann man nicht irgendwie wählen. Dazu galt es Bücher zu studieren. Denn die Muster sagen etwas Bestimmtes aus, erklärt Häuptling Seven Feather, alias Jürgen Poralla, von den Dakota Meißen.

Ihr Kleid hat Sabine Weigel zum Jubiläum nicht an. „Seit ich es angefertigt habe, habe ich zehn Kilo zugenommen“, sagt sie schmunzelnd. Hineinpassen würde sie aber noch. Doch mit vier Kilogramm Gewicht ist es ziemlich schwer, sagt sie. Zudem ist sie zur Jubiläumsfeier zum Küchendienst eingeteilt. „Waren es genügend Ausreden?“, fragt sie lachend.

Aber auch Thomas Hofmann, alias Tate-Kola – Freund des Windes – , trägt seine Indianersachen eher nicht mehr. „Heute ziehen alle nur noch Jeans und Cowboyschuhe an“, sagt er. Die Zeit reiche gerade noch für Arbeitseinsätze im Gelände, die nötig sind. Und der stellvertretende Chief, Holm Herrmann, hat gar keine Traditionskleidung. Er kam erst 2005 zum Klub, hatte aber vorher schon hin und wieder geholfen. Er vertritt an diesem Tag den erkrankten Chef Wolfgang Neumann.

Die insgesamt acht Mitglieder organisieren vor allem immer am zweiten Freitag im Monat von September bis März die Kaminabende in der Hütte. An die erinnert sich auch Bürgermeister Siegfried Zenker gern. „Wir sind froh und stolz auf den Indianistik- und Westernklub, der eine Bereicherung in der Gemeinde ist“, sagt er als Gratulant.

Ansonsten besteht die Hauptarbeit der Klubmitglieder in der Organisation von Kinderfesten mit Programm im Sommer, sagt Holm Herrmann. Für das Jubiläumsfest betritt er aber auch einmal die Bühne. Dafür hat er 14 Tage mit „Häuptling“ Jürgen Poralla das Schießen trainiert. Seven Feather gehört seit 66 Jahren zu den Dakota in Meißen. Er hat die Weinböhlaer Gruppe bei den Vorbereitungen für ihr Fest sehr unterstützt, auch durch seine eigenen Showeinlagen. Und selbst stellte er sich auch als Zielscheibe für Holm Herrmann zur Verfügung. Aufgeregt war er nicht, denn die kleinen Kugeln mit CO2-Patronen abgefeuert, sind nicht wirklich gefährlich, „aber unter die Haut können sie gehen“, sagt Jürgen Poralla. Dabei erzählt er, wie er vor Jahren einmal eine Kugel am Kopf wieder herausgedrückt hatte. Die war am Haaransatz etwa einen Zentimeter eingedrungen, aber nicht tief.

KEHA bedeutet übrigens Schildkröte, die für Langlebigkeit und Weisheit steht. Bleibt zu hoffen, dass der Klub noch lange bestehen bleibt. Denn Kinder sind auch heute noch mit indianischen Traditionen zu begeistern, das zumindest zeigen die Kinderfeste im Sommer.