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Die Tänzerin und der Rapper

Am Theater bringt eine Performance verschiedene Lebenswelten zusammen. Die Premiere ging aber in die Hose.

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© André Braun

Von Jens Hoyer

Döbeln. Es dürfte die ungewöhnlichste Premiere der Spielzeit sein. In Döbeln wurde am Mittwoch zum ersten Mal das Stück „Werkstatt: Tanz und Rap“ gezeigt. Oder besser, sollte gezeigt werden. Denn die Vorstellung fiel mangels Zuschauern aus. Die eingeladene Schule aus Döbeln hatte den Termin verschwitzt. Für die anwesenden Zeitungsleute gaben Martina Marasso und Johann Christof Laubisch, die beiden Protagonisten, dann zumindest einen Einblick in das Theaterstück. Oder ist es gar keins? Ist es eine künstlerische Performance? Oder hat es von beiden etwas? Der Zuschauer kann das selbst entscheiden, denn das Spiel der beiden lässt viel Raum für Interpretationen.

Der Titel sagt es schon: Es geht um unterschiedliche Welten. Um die ästhetische Welt das Tanzes und um Rap, der hart ist und gewalttätig. Die Trennung wird schon auf der Bühne durch eine Linie vollzogen. Auf der einen Seite ein gemütlicher Sessel und ein Fischglas, auf der anderen Seite eine Blechtonne und ein Farbeimer. Eine Tänzerin und ein Rapper leben in unmittelbarer Nähe zueinander in verschiedenen Welten. Die Tänzerin grenzt sich durch ihre Ausdrucksmittel von der Welt des Rap ab. Martina Morasso tanzt ausdrucksstark mit Anteilen des fernöstlichen Thai Chi, ursprünglich eine Kampfkunst, heute aber eher ein Weg, um die Einheit von Körper und Seele, um Ausgeglichenheit zu finden. Auf der anderen Seite der Rapper und Boxer, mit den Klischees der Gewalttätigkeit behaftet. Die beiden singen und tanzen gegeneinander an.

Er rappt, sie singt im Dialekt ihrer Heimatstadt Genua. Aber die unterschiedlichen Welten vermischen sich auch immer wieder. Die beiden finden zu gemeinsamen Bewegungen, sie Tanzen im gleichen Takt. Er nimmt ihre Melodien auf und sie seinen Rhythmus. Die beiden finden sich und streben wieder auseinander, weil sie ihn ablehnt. „So, wie der Rhythmus die beiden zusammenbringt, so reißt er sie auch wieder auseinander“, sage Laubisch. Das Spiel endet gewalttätig in einem Kampf. Aber auch der Ausgang bleibt offen. Hat er sie nur verprügelt oder umgebracht?

Die Performance wird durch Videos unterstützt. Vergrieselte Bilder sind es, die eine eigene Ästhetik haben und Traurigkeit verströmen. Die technischen Unzulänglichkeiten der Aufnahmen sind gewollt. Die Filme hat Jonas Erler mit einer alten VHS-C Kamera aufgenommen, sagte Johann Christof Laubisch.

Die beiden Darsteller schlüpfen in ihrem Spiel in Rollen, sind aber auch sehr authentisch. Martina Morasso, geboren 1974 im italienischen Genua, ist Tänzerin und Choreographin. Johann Christof Laubisch ist nicht nur Schauspieler am Mittelsächsischen Theater, sondern er rappt auch unter dem Namen „La First“ – und zwar in französischer Sprache. „Der französische Rap ist der beste. Der entsteht aus Wut. Wenn diese Wut in der Musik herauskommt, dann hat das schon einen therapeutischen Hintergrund“, sagte er. Rapper und Tänzerin haben das Stück gemeinsam entwickelt. „Wir haben uns zusammengesetzt und überlegt, worauf wir Lust haben“, erzähle Martina Morasso. So sind auch die Fische ins Spiel gekommen, die sie auf der Bühne spielerisch fängt und verschenkt und in denen viel weniger Symbolik steckt, als man vermutet. „Ich vermisse meine Heimat Italien. Ich angle einfach gern im Meer.“