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Die runde Sache an der Postplatz-Ecke

Gegenüber vom Dresdner Schauspielhaus wächst im Sommer ein Neubau in die Höhe. Die Fassade findet nicht jeder schön.

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© Fay Projects

Von Peter Hilbert

Dresdner sind besonders sensibel, wenn es um ihre wertvollsten Plätze geht. Zu denen gehört der Postplatz. Ringsum entstehen sechs neue Wohnkomplexe. Der Baustand reicht vom Abriss über die klaffende Baugrube bis hin zum Innenausbau wie beim weit fortgeschrittenen Neubau am Schauspielhaus. Trotz seines Alters verfolgt der frühere Bauingenieur Eberhard Huste das Geschehen – und kritisiert das Haus am Postplatz. Das wird direkt gegenüber vom Schauspielhaus zwischen Wall- und Marienstraße vom Mannheimer Bauträger Fay Projects errichtet. Allerdings gibt es derzeit nur eine große Baugrube.

Im Innenhof des Neubaus gibt es viel Grün. Balkone und Terrassen der 68 Wohnungen zeigen nach innen.
Im Innenhof des Neubaus gibt es viel Grün. Balkone und Terrassen der 68 Wohnungen zeigen nach innen. © Fay Projects
Diese große Baugrube klafft direkt am Postplatz. Schon bald wird nicht mehr viel davon zu sehen sein.
Diese große Baugrube klafft direkt am Postplatz. Schon bald wird nicht mehr viel davon zu sehen sein. © Rene Meining

Der 87-jährige hatte die Visualisierung des Hauses in der SZ gesehen und findet sie nicht schön. „Ich erhebe Protest gegen diese nichtssagende Fassade“, schreibt er in einem Brief an die SZ. Eberhard Huste findet die Fassade eintönig. Die einzelnen Häuser des Komplexes sollten farblich voneinander getrennt werden, schlägt er vor. „Im Zentrum einer Stadt muss doch jedes Gebäude ein Hingucker sein!“, fordert er. Nur eins findet der Dresdner gut. Die Rundung an der Ecke gegenüber den überall anzutreffenden „Stoßkanten“.

Eberhard Huste wandte sich mit einem Schreiben auch an Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne). Doch die Stadt sieht keinen Grund zu handeln. Der Entwurf der Fay-Gruppe entspricht dem geänderten Bebauungsplan für das Gebiet zwischen Postplatz, Wall- und Marienstraße, erklärt das Stadtplanungsamt auf SZ-Nachfrage. Für das Vorhaben seien mehrere Gestaltungsvarianten vorgelegt worden. Diese wurden im Bauausschuss besprochen. Letztlich hätten die Stadträte die Variante gebilligt, die jetzt umgesetzt wird.

Entwürfe können allerdings auch abgelehnt werden. Etwa wenn sie den Vorschriften und dem Bebauungsplan widersprechen. Die Stadtplanung verlange an solchen sensiblen Orten unter anderem Variantenuntersuchungen, falls nötig auch Wettbewerbe, um die Qualität architektonischer Entwürfe zu sichern.

Schon bald wächst der Rohbau

Fay Projects zeigt sich auf Nachfrage von seinen Plänen überzeugt und will nichts ändern. „In enger Zusammenarbeit mit der Stadt Dresden haben wir uns im Ergebnis eines Werkstattverfahrens für eine zeitlose Architektur entschieden, die sich harmonisch ins Stadtbild einpasst“, erklärt Geschäftsführer Ralph Esser.

Der Entwurf stammt von den Dresdner Tchoban Voss Architekten. „Alle den Straßen zugewandten Seiten und die südliche Hofeinmündung werden mit einer wärmegedämmten Klinkerfassade bekleidet“, erläutert Holm Zink von dem Architekturbüro. „Die abgerundeten Gebäudeecken am Postplatz lassen das Gebäude in die Straßenzüge weich einmünden.“

Fay-Projektleiter Cunar Meyer verweist zudem auf zweigeschossige Fensterelemente aus Aluminiumprofilen, die den Gebäudesockel höher aussehen lassen, und weitere Details, mit denen das sechsgeschossige Gebäude gut gestaltet werden soll. Der untere Teil des Hauses Postplatz ist für Handel, Gastronomie und Fitness vorgesehen. Im dritten bis fünften Obergeschoss entstehen 68 Wohnungen, die das Unternehmen selbst vermieten wird.

Im Herbst 2017 hatte der Bau begonnen. In der Baugrube wird eine sogenannte weiße Wanne errichtet. Dabei handelt es sich um einen Stahlbetontrog mit Bodenplatte und Seitenwänden, der völlig wasserdicht ist. Das ist in dem Gebiet unweit der Elbe auch nötig und üblich. Derzeit wird bereits am Obergeschoss der zweistöckigen Tiefgarage gebaut. Die Reste der einstigen Festungsbastion Saturn im Untergrund bleiben erhalten. Sie werden umbaut. Etwa 50 Bauleute sind auf der Baustelle aktiv, vom Eisenflechter über den Betonbauer bis hin zum Bauüberwacher. Anfang Mai sollen laut Projektleiter Meyer die Arbeiten so weit sein, dass der Rohbau im Untergrund fertig ist. Geplant ist, dass das Haus Postplatz im Sommer nächsten Jahres übergeben wird.

Auf die besondere Verantwortung der Bauherren am Postplatz verwies kürzlich auch der promovierte Bauexperte Peter Großer. Der 63-Jährige hatte ab 1981 den Bau des Fernmeldezentrums geleitet, das derzeit abgerissen wird, um einem Neubau zu weichen. „Die Architektur der Gebäude in Sichtweite des Zwingers sollte Weltniveau haben“, fordert der Dresdner Fachmann, der nach der Wende mit seinem Ingenieurbüro schon den Bau von über 800 Gebäuden geplant oder geleitet hat.