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Der Traum vom rollenden Café

Kerstin Schneider-John hat dafür einen alten VW-Bus umgebaut. Wie läuft das Geschäft mit den Foodtrucks in Dresden?

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© Sven Ellger

Von Nora Domschke

Er ist rot, er ist alt, er ist kultig – der Bulli, ein VW T 3 Baujahr 1985 , ist ein Hingucker. Nur mit dem Kilometerstand kann etwas nicht stimmen – 195 000 sind wohl etwas wenig in dem Alter, vermutet seine Besitzerin Kerstin Schneider-John. „Wahrscheinlich hat er schon eine Runde rum.“ Oder er hat in seinem früheren Leben als Postbus nicht ganz so lange Strecken zurückgelegt. Es wird wohl ein Geheimnis bleiben. Ganz und gar nicht geheim ist die aktuelle Nutzung des Oldies – die steht in großen Lettern an den Türen: „Coffee Leo“.

Mit dem knallroten mobilen Café hat sich die Dresdnerin einen Traum erfüllt. Auf einer USA-Reise begegnet die studierte Betriebswirtin 2011 zum ersten Mal diesem Trend, Speisen und Getränke aus umgebauten und nicht ganz alltäglichen Fahrzeugen heraus zu verkaufen. Mittlerweile hat der Hype um die Foodtrucks auch die Deutschen gepackt – samt der englischen Bezeichnung, die irgendwie hipper klingt als „Imbisswagen“. Foodtrucks gehören heute auch in Dresden zum gewohnten Bild jedes Straßenfestes. Und: Es gibt sogar eigene Festivals, auf denen sich alles nur um diese spezielle Art der Gastronomie dreht. Wie im Sommer auf dem Altmarkt und Anfang Oktober im Ostrapark. Dort gibt es nicht nur Delikatessen aus aller Welt, sondern auch ausgefallene Karossen. Oft stecken Wochen und Monate harter Arbeit in den Gefährten, aus denen es nach Burgern, Pizza oder Kaffee duftet. Auf auserlesene Bohnen von Kaffeeröstern aus der Region hat sich Bulli-Besitzerin Kerstin Schneider-John spezialisiert.

Die Konkurrenz wird größer

Und weil das Zubereiten eines guten Kaffees eine Wissenschaft für sich ist, hat die 40-jährige Unternehmerin in einem Barista-Kurs gelernt, welche Bohnen besonders gut sind, wo sie angebaut werden und dass ein gelungener Kaffee aussehen muss „wie flüssige Schokolade“.

Die Begeisterung ist zu spüren, wenn Kerstin Schneider-John erklärt, mit welchem Druck das heiße Wasser durch den frisch gemahlenen Kaffee gepresst werden muss. Begeistert ist auch ihr Mann und zwar von alten Autos. Im Frühjahr 2016 recherchiert er im Internet, will für seine Frau das passende Fahrzeug finden, das zum Traum vom eigenen Foodtruck gehört. In Halle entdeckt er den quietschgelben Bus, 30 Jahre alt, Kaufpreis: 3 500 Euro. Die Bezeichnung Bulli ist übrigens die Kurzform von „Bus“ und „Lieferwagen“ und darf erst seit 2007 offiziell von VW genutzt werden. Das Postauto ist fahrtüchtig, muss aber trotzdem in die Werkstatt. Karosserie, Motor, Lack – acht Wochen später ist der Bulli nicht wiederzuerkennen. Weitere zwei Monate dauert der Innenausbau, bis Kerstin Schneider-John im August vergangenen Jahres ihren ersten Kaffee aus dem Mobil verkauft. An einem Spielplatz im Dorfkern von Gohlis. „Der Anfang war etwas ernüchternd“, gesteht die Dresdnerin. Vielleicht sei sie auch ein wenig blauäugig gewesen in ihrer Euphorie. Die allerdings jäh gebremst wird, als die Kundschaft ausbleibt. „Ich habe dann geschaut, wo ich mit meinem Café besser hinpasse.“

In Dresden ist sie mit ihrem Foodtruck in guter Gesellschaft. Auch andere Gastronomen haben den Trend erkannt und sich mit einer mobilen Küche ausgestattet. Martin Sauer ist seit zwei Jahren mit seinem schwarzlackierten Fiat-Kleintransporter in Dresden und Umgebung als „Sir Mampfelot“ unterwegs. In seinen zwei gasbetriebenen Backöfen macht er Pizza und Flammkuchen, bereitet aber auch Burger, Chili und Salate zu. Das Geschäft auf Straßenfesten oder Firmenfeiern laufe weder besonders gut noch schlecht. „Ich würde es als schwierig bezeichnen“, sagt der 37-Jährige.

Zum einen liegt das an der Technik – Foodtrucks sind mit ihren Maschinen auf einen Stromanschluss angewiesen. Zum anderen sei die Konkurrenz inzwischen sehr groß. „Es kommen Foodtrucks aus ganz Deutschland auf die Veranstaltungen nach Dresden “, sagt Martin Sauer.

Matteo Böhme, der unter anderem die US Car Convention im Ostragehege veranstaltet, kann das bestätigen. „Es gibt sehr viele Anbieter, die sich für die Veranstaltungen bewerben.“ Bei der Auswahl achtet Böhme darauf, dass der Foodtruck zum Thema passt. Bei der US Car Convention dreht sich alles um amerikanische Autos – also soll es auch typisch amerikanisches Essen geben. „Ein richtiger Foodtruck ist für mich aber eben nicht nur ein Imbisswagen, sondern ein Gesamtkonzept.“ So gebe es eine Berlinerin, die in einem alten Citroën-Bus französische Speisen zubereitet.

Plätze für Foodtrucks in Dresden?

In Dresden sind 106 Reisegewerbekarten für das „Verabreichen von Speisen und Getränken“ registriert. Allein seit 2015 wurden neue 27 ausgestellt. Ob es sich dabei um einen simplen Imbisswagen oder ein ausgefalleneres Konzept handelt, ist nicht vermerkt. Kerstin Schneider-John würde gern öffentliche Flächen nutzen, um Kaffee aus ihrem Bus heraus zu verkaufen. „In den USA gibt es in einigen Städten markierte Plätze, die speziell für Foodtrucks ausgewiesen sind.“ In Dresden regelt so etwas die Sondernutzungssatzung. Demnach würde es dafür innerhab des Stadtkernes derzeit keine Genehmigung geben, teilt das Straßen- und Tiefbauamt mit. Außerhalb wäre eine solche Nutzung aber denkbar.