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Der Strehla-Macher

Helmut Kühne hat die Stadt geprägt wie kaum ein Zweiter. Nun ist er Ehrenbürger – und will auch mit fast 90 weiter mitreden.

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© Eric Weser

Von Eric Weser

Strehla. Wie sähe Strehla aus, gäbe es das Freibad, die Jugendherberge oder den Tierpark nicht? Es wäre nicht Strehla, wie man es kennt. Dass es diese Attraktionen gibt, hat nicht allein mit ihm zu tun, sagt Helmut Kühne und erzählt von den Architekten, die damals projektiert haben. Von der Unterstützung durch den einstigen LPG-Chef. Davon, wie so viele beim Bau des Freibades mit angepackt haben.

Helmut Kühnes Spuren in Strehla

Die Oberschule: Acht Tage nach Kühnes Amtsantritt 1958 fand der erste Spatenstich den Bau an der Leckwitzer Straße statt. Weil der Architekt sich in den Westen abgesetzt hatte, gab es Probleme, erinnert sich der Altbürgermeister. 1962 wird das Gebäude eröffnet. Er werde dringender denn je benötigt, sagt Strehlas heutiger Stadtchef Jörg Jeromin.
Die Oberschule: Acht Tage nach Kühnes Amtsantritt 1958 fand der erste Spatenstich den Bau an der Leckwitzer Straße statt. Weil der Architekt sich in den Westen abgesetzt hatte, gab es Probleme, erinnert sich der Altbürgermeister. 1962 wird das Gebäude eröffnet. Er werde dringender denn je benötigt, sagt Strehlas heutiger Stadtchef Jörg Jeromin.
Das Bad: Mehrere Standorte stehen Mitte der 60er zur Debatte: am Bootshaus (Oppitzscher Weg), am Steinbruch (Görzig), eine Kirschplantage am Stadtpark. Letztere wurde es dann. Durch die illegitime Beschaffung von Baumaterial droht Helmut Kühne eine Strafe. Weil die Kreis-SED ein Bürgerprojekt nach Berlin melden musste und das Bad gut passte, blieb Kühne verschont.
Das Bad: Mehrere Standorte stehen Mitte der 60er zur Debatte: am Bootshaus (Oppitzscher Weg), am Steinbruch (Görzig), eine Kirschplantage am Stadtpark. Letztere wurde es dann. Durch die illegitime Beschaffung von Baumaterial droht Helmut Kühne eine Strafe. Weil die Kreis-SED ein Bürgerprojekt nach Berlin melden musste und das Bad gut passte, blieb Kühne verschont.
Die Jugendherberge: Zig Schülergenerationen haben das Haus besucht. Dass die einstige Windmühle 1971 als Herberge eröffnete, hängt mit dem Badbau zusammen: Helmut Kühne nutzte die Chance eines Besuchs durch Funktionäre, um ihnen seine Idee eines Kinderferienlagers in der benachbarten Mühle vorzustellen. Das zündete, Kühne bekam Geld für den Mühlenkauf bewilligt.
Die Jugendherberge: Zig Schülergenerationen haben das Haus besucht. Dass die einstige Windmühle 1971 als Herberge eröffnete, hängt mit dem Badbau zusammen: Helmut Kühne nutzte die Chance eines Besuchs durch Funktionäre, um ihnen seine Idee eines Kinderferienlagers in der benachbarten Mühle vorzustellen. Das zündete, Kühne bekam Geld für den Mühlenkauf bewilligt.

Doch wäre Helmut Kühne nicht gewesen, hätte es vielleicht nichts – oder zumindest weniger anzupacken gegeben. Weil er Strehla in seiner mehr als 30-jährigen Amtszeit als Bürgermeister mit seinem Tatendrang geprägt hat, ist er mit den höchstmöglichen Weihen Strehlas ausgezeichnet und zum Ehrenbürger ernannt worden.

Bürger seiner Stadt ist Helmut Kühne bereits, seit er im Dezember 1928 auf die Welt gekommen ist. Während des Zweiten Weltkriegs besucht er die Schule. Bei Kriegsende wird er zum Volkssturm eingezogen. Nahe der Elbe, wo sich wenige Tage später das geschichtsträchtige erste Treffen von alliierten Sowjet- und US-Treppen ereignet, erlebt Kühne mit eigenen Augen, wie die Wehrmacht die Pontonbrücke über die Elbe sprengt. Er gerät in amerikanische Kriegsgefangenschaft, schafft es aber wenige Wochen später in die Heimat zurück.

In der sich formierenden DDR geht Kühne hauptamtlich zur kommunistischen Jugendorganisation FDJ, baut die Organisation lokal mit auf. Drei Jahre nach Kriegsende beginnt der gelernte Schlosser, beim damaligen Rat der Stadt Strehla zu arbeiten. Kühne qualifiziert sich, besucht Partei- und Verwaltungsschule. 1958 dann wird das SED-Mitglied schließlich von den damaligen Stadträten in das Amt gewählt, das ihn prägt – und das er prägt: Er wird Strehlas Bürgermeister.

Erste Amtshandlung Spatenstich

Als seine erste offizielle Amtshandlung ist der Spatenstich für die Oberschule an der Leckwitzer Straße überliefert, nur wenige Tage nach Amtsantritt. Immer wieder gelingt es dem Strehlaer im Laufe der Jahre, etwas für seine Stadt herauszuholen. Weil er unbequem, hartnäckig und erfinderisch gewesen sei, so Strehlas heutiger Bürgermeister Jörg Jeromin in seiner Laudatio auf Helmut Kühne im jüngsten Stadtrat.

So hatte Kühne zum Beispiel einst einer Leipziger Spezialfirma eine automatische Kegelbahn-Anlage abgerungen. In der DDR-Wirtschaft eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Doch Kühnes Hartnäckigkeit bei einem Termin in Leipzig und sein Versprechen, dem Betrieb ein Fünf-Zentner-Schwein für die bevorstehende Weihnachtsfeier zu sponsern, machten den Handel am Ende möglich – und brachten den Strehlaer Keglern die ersehnte Anlage. Überhaupt habe er den Strehlaern vor allem versucht zu ermöglichen, was die sich gewünscht hätten, sagt Helmut Kühne selbst. Den Tierpark am Schloss zum Beispiel hätten Eltern erbeten, um mit ihren Kindern am Wochenende etwas unternehmen zu können. Ähnlich sei es beim Freibad gewesen.

Als die Wende kam, musste Kühne abdanken. In der Strehlaer Stadtpolitik blieb der Altbürgermeister aber, war bis 2004 Stadtrat für die PDS. Heute ist der Strehlaer vor allem Beobachter „seiner“ Stadt und Ratgeber, wenn er gefragt wird.

Seit vorigem Jahr ist der dreifache Vater verwitwet. Ein Leiden am Knie macht dem Senior das Laufen schwer. Trotz allem will sich Kühne weiter einmischen. Ihm liegt Strehlas verfallendes Schloss am Herzen. Zu dessen Erhalt und Rettung will er jetzt beitragen. Mit den Denkmalbehörden hat er sich schon in Verbindung gesetzt. Der große Tatendrang hat den Ehrenbürger auch mit fast 90 Jahren nicht verlassen.