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Der magische Würfel

Ein schwarzes Glasgebäude weckt in Pulsnitz die Neugier. Die SZ besuchte den Erbauer.

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© Matthias Schumann

Von Reiner Hanke

Pulsnitz. Im dunklen Glas spiegeln sich die Wolken. Was sich dahinter verbirgt ist nicht auszumachen. Es ist das Geheimnis des schwarzen Würfels von Pulsnitz. Der ist in den vergangenen Monaten an der Bachstraße entstanden und sorgt für Gesprächsstoff. Das weiß keiner besser als sein Erbauer: der Pulsnitzer Elektromeister André Steglich. Auf seinem Grundstück direkt an der Straße steht der schwarze Würfel. Wobei das nicht ganz stimmt. Bei genauerem Hinschauen ist schnell erkennbar: Der Glaswürfel schimmert gerade im Sonnenschein in einem rotbraunen ton. Und er zieht die Neugierigen magisch an. Autofahrer halten, um zu gucken oder Radler und Fotoapparate klicken. Ganze Wandergruppen hätten schon einen Stopp bei ihm eingelegt und waren schon ein bisschen beeindruckt.

Seit etwa einem Jahr baut André Steglich an dem spektakulären Würfel. Am Gesamtprojekt auf dem Grundstück allerdings deutlich länger. So war schon vor zehn Jahren für den Bereich mit dem Würfel klar: Dort sollte einmal die neue Werkstatt hin. Eine Vision damals. Vielleicht hätte es ja auch eine schlichte Blechgarage getan. Aber das war dem Elektrikermeister dann doch zu einfach. Es sollte etwas Auffälliges werden – eine Werkstatt optisch geschickt verpackt. Der Würfel sei nun schlicht und auffällig zugleich. Das Markenzeichen am neuen Standort der Firma..

Die übernahm André Steglich 2003 vom Vater. Der hatte es 1990 sozusagen als typische Garagenfirma gegründet. Auf dem Wohngrundstück der Familie nur einen Steinwurf entfernt auf der Bachstraße. Damals mit einem Trabi und einem Anhänger. Das musste für den Start genügen. Seinen Eltern sei er sehr dankbar‚ dass sie das Risiko nicht scheuten und sich den Traum von der Selbstständigkeit erfüllten. Einen Traum, den er nun weiterlebe. Der Vater hatte gleich in der Wendezeiten die Chance zur eigenen Firma genutzt. Damals arbeitete er als Meister im VEB Ankerwickelei und Installation in Pulsnitz. Dort wurden Motoren gewickelt. Ein Nachfolgeunternehmen gibt es noch. Wenn auch nicht mehr am alten Standort an der Bischofswerdaer Straße. Dort steht jetzt ein Einkaufsmarkt.

Auch André Steglich lernte noch in der Ankerwickelei. 2003 hatte er den Meister in der Tasche, konnte das Geschäft des Vaters übernehmen und einen Plan entwickeln: Wohnen, Büro und Elektrowerkstatt mit Lager im Obergeschoss auf einem Areal zusammen zuführen. So eine Firma entwickele sich ja auch, brauche mehr Platz, sagt er. Das Ziel hat er erreicht. Fast zumindest. Ein paar Details fehlen jetzt noch am Werkstattgebäude – da und dort eine Verkleidung. Aber im Wesentlichen sei der Bau jetzt fertig. Und ebenso wesentlich: Es ist viel Eigenbau dabei. „Die Leute haben vielleicht schon geschmunzelt, weil das ganze Projekt es etwas länger gedauert hat.“ Insgesamt zehn Jahre.

Große Ziele erreiche man eben auch über die Zeit, ist er sich sicher. So habe er viel nach Feierabend gebaut, auf dem Gerüst gestanden. Gerade der Würfel sei auch eine ganz schöne Tüftelei gewesen, um die Solarmodule passgerecht auf die Unterkonstruktion zu bekommen. Es sind spezielle Module, die selbst an der Nordseite noch etwas Strom aus dem Tageslicht generieren. Denn sie sind natürlich nicht nur Schmuck – Strom liefern sie ebenfalls. Das sei schließlich Elektriker-Ehre. Er habe sich als Handwerker gerade auch auf solche alternativen Energiekonzepte spezialisiert. Bis hin zum Smart-Home, bei dem sich alle Prozesse im Haus, Beleuchtung und Heizung inklusive per Tablett steuern lassen. Solche System installiere er nicht nur in Einfamilienhäusern, sondern auch in Firmen, hauptsächlich in Dresden und Umgebung. Am eigenen Standort kann er demonstrieren, dass es funktioniert. Denn der schwarze Würfel ist Teil eines Konzepts. Der sei, den Gebäudekomplex energieseitig als Selbstversorger ganz unabhängig zu gestalten. Alle Solaranlagen auf dem Büro- und Wohnhaus sowie an der Werkstatt bringen immerhin 14 000 Kilowattstunden Energie. Das Dreifache des Durchschnittsverbrauches einer vierköpfigen Familie.

Da bleibe noch einiges um es ins Stromnetz einzuspeisen. Außerdem werde das sogenannte Niedrigenergiehaus über Wärmepumpen beheizt. Stromspeicher gehören zum Konzept und künftig auch eine Ladestation für die E-Autos der Firma. Alles auf einmal gehe eben nicht. An deren Zukunft glaubt er fest. Es brauche Zeit. Aber die Technologie werde sich durchsetzen: „Es wird künftig nicht mehr darauf ankommen, womit, sondern wie wir fahren.“ So sieht er auch die Zukunft für die Branche positiv. Die Auftragsbücher seien voll. So wolle er jetzt einen weiteren Installateur einstellen: „Dann sind wir fünf Leute, mit meine Frau Yvette im Büro. Sie erledigt die Buchhaltung.“ Während er sich unter anderem auch um die Aufträge kümmert oder derzeit auch immer wieder neugierige Fragen zu den Geheimnissen des schwarzen Würfels beantwortet. Zum Beispiel: „Hat das Gebäude denn gar keine Fenster? Zumindest sehr wenig. Auf der Rückseite sind zwei kleine Fenster. Mehr werde wirklich nicht gebraucht. Denn das Licht fangen ja schließlich die Solarmodule am Gebäude ein. Und moderne, sparsame LEDs bringen es im Gebäude bis in die finsterste Ecke.