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Das letzte Läuten

Die Glocke der Herz-Jesu-Kapelle in Cunnewitz wird künftig elektrisch betrieben. Bisher passierte das per Hand.

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© Andreas Kirschke

Von Andreas Kirschke

Cunnewitz. Für einen Moment zog Stille in die Herz-Jesu-Kapelle ein. Bewegend erlebten die Cunnewitzer kurz darauf das letzte Läuten ihrer Dorfglocke von Hand. Die 89-jährige Agnes Rachel vollzog es. Seit 1950 läutete sie nahezu dreimal täglich die Glocke. „Sie war immer zu Hause. Sie hat praktisch nie Urlaub gemacht und fühlte sich immer verantwortlich für das Läuten. Das ist eine Leistung, die wir nicht genug würdigen können“, dankte Ortsvorsteher Frank Scholze ihr von Herzen. Die Einwohner nutzten das Glockenläuten, um die tägliche Arbeit für einen Augenblick zu unterbrechen und still zu beten. Das Läuten am Abend war für die spielenden Kinder das Zeichen, dass es an der Zeit war, sich nach Hause zu begeben. Und Ostern wurden auf diese Weise die Osterreiter im Dorf willkommen geheißen.

Die Fachfirma „Turmuhrenfabrik Bernhard Zachariä GmbH“ aus Leipzig – spezialisiert auf Glockenläut-Anlagen, Glocken, Glockenstühle und Joche – baute jetzt die Cunnewitzer Dorfglocke aus. „Sie wird gereinigt und auf Risse überprüft“, sagt Wehrleiter Silvio Zschorlich. „Erneuert wird der Klöppel der Glocke. Das Joch wird durch ein neues Joch aus stabilem Eichenholz ersetzt. An die Glocke selbst installiert die Fachfirma einen sogenannten Linearmotor.“ Möglichst noch vor Weihnachten soll die so neu ausgestattete Glocke dann wieder eingesetzt werden. Künftig wird sie dann elektronisch 6 Uhr, 12 Uhr und 18 Uhr läuten. So wünschen es sich Ortschaftsrat und Einwohner.

Insgesamt 10 200 Euro kostet die elektrische Läut-Anlage. 75 Prozent dieser Summe kommen als Förderung aus dem Programm der Leader-Region Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft. Die Gemeinde Ralbitz-Rosenthal als Eigentümer der Kapelle hatte einen entsprechenden Förderantrag gestellt. Den Rest – das sind 2 550 Euro – erbringen die Dorfbewohner als Eigenanteil. Dafür sammelte der Ortschaftsrat in den vergangenen Wochen fleißig Spenden. „Unser Ziel haben wir weit übertroffen“, sagt Frank Scholze. „Die zusätzlichen Mittel werden auch langfristig gebraucht. Denken wir nur an Folgekosten für Wartung, Instandhaltung und Energie.“ Dafür dankt er allen Unterstützern aufs Herzlichste. Einwohner aus Cunnewitz und Schönau, ehemalige Cunnewitzer (bis aus Dresden, Nürnberg und Osnabrück), Einwohner aus den umliegenden Orten und Firmen spendeten für die Glocke. „Mancher legte einfach nur einen Briefumschlag mit Geld in den Briefkasten“, sagt Silvio Zschorlich und unterstreicht: „Ganz herzlicher Dank gilt ebenso dem Dachdecker-Meister Martin Rehor. Kurzfristig und unkompliziert stellte er uns eine Hebebühne und Mitarbeiter für den Ausbau der Glocke zur Verfügung.“

Elektrik übernimmt das Geläut

An der Kapelle selbst sind jetzt mehrere Arbeiten zu erledigen. Die Firma Enso Kamenz sorgt für den elektrischen Hausanschluss. Weitere Installationen führt die Elektro-Fachfirma Gerold Zschieschang aus Dörgenhausen aus. Für die End-Installation sorgt die Firma „Turmuhrenfabrik Bernhard Zachariä GmbH“ aus Leipzig. Sie besteht bereits seit 1806. „Wir setzen auf ihre langjährige Erfahrung“, meint Frank Scholze. „Einige kleinere Zuarbeiten wie Gerüst-Aufbau, Kabel-Ziehen, Aufhängung der Glocke und Steuerung der Glocke wollen wir Einwohner in Eigenleistung übernehmen.“ Noch vor Weihnachten soll dann die Elektrik das Läuten übernehmen.

An jedem Mittwoch um 18 Uhr (im Sommer um 19 Uhr) beten die Cunnewitzer Frauen in der Kapelle den Rosenkranz. Ein besonderer Tag für die Kapelle ist jährlich der 14. September. „Es ist der Tag der Kreuzerhöhung. Für uns Cunnewitzer ein gebotener Feiertag“, sagt Silvio Zschorlich. „Durch den Ort zieht dann die Prozession.“

Zur Ehre Gottes und zum Schutz der Menschen läutet die Glocke. Mit ihrem Läuten bleiben Identität und Seele des Dorfes gewahrt. Bisher war das Agnes Rachels Einsatz zu verdanken. Ähnlich wie in Sollschwitz und in Saalau ist künftig moderne Technik dafür zuständig. Langfristig sollen in der Kapelle noch neue Sitzbänke eingebaut werden. „Weitere Spenden sind dafür jederzeit willkommen und auch notwendig“, bekräftigen Frank Scholze und Silvio Zschorlich. „Denn wir wollen die Kapelle langfristig erhalten.“