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Das Ende des traditionellen Männel-Ladens

Die Peter-Baude in Schellerhau feierte 2016 noch ihr 75-jähriges Bestehen. Nun ist in der dritten Generation Schluss.

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© Egbert Kamprath

Von Mandy Schaks

Schellerhau. Als die Redaktion im Herbst vergangenen Jahres die Peter-Baude in Schellerhau zu ihrem 75. Geschäftsjubiläum besuchte, hatte Inhaberin Angelika Wild schon so eine Vorahnung. Es war klar, dass ihre beiden erwachsenen Kinder später einmal nicht in ihre Fußstapfen treten werden, die Familientradition in der dritten Generation eines Tages zu Ende gehen wird. „Meine Kinder würden das niemals machen“, erzählte sie damals. Die Geschäfte mit der erzgebirgischen Holzkunst waren schwierig geworden, ja geradezu mühselig.

Hatten ihre Eltern Bärbel und Reinhard Meyer zu DDR-Zeiten noch die Sorge, genügend der begehrten Räuchermänner, Engel, Bergmänner und Pyramiden herbeizuschaffen, musste sich Angelika Wild mehr und mehr Gedanken machen, wie sie die einstige Bückware an die Kunden bringt. Dennoch hoffte sie, es zu packen, durchzuhalten. Sie wünschte sich zum Schluss des Gespräches mit der Sächsischen Zeitung 2016, dass der Laden erhalten bleibt, „der Tourismus wieder hochkommt und Handarbeit mehr geschätzt wird“. Das erhoffte sie sich für ihre eigene berufliche Existenz, für das Lebenswerk ihrer Eltern, für die Tradition. Doch es sollte anders kommen und das in einer Geschwindigkeit, die selbst Angelika Wild überraschte. Sie muss zum Jahresende ihren Laden schließen.

„Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen“, sagt die 49-Jährige. „Ich habe das 16 Jahre gemacht und meine Arbeit geliebt.“ Dass es so schnell zu Ende geht und sie keine Zukunft mehr für das Geschäft sieht, habe sie nicht gedacht. Zumal sie im vorigen Jahr ihr Angebot noch erweitern konnte und eine Zweigstelle des Altenberger Tourist-Info-Büros in ihrem Laden eröffnete. Wenngleich auch bereits aus einem traurigen Grund. Denn der kleine Einkaufsmarkt im Erholungsort, der bisher diesen Service für die Gäste mit bereit hielt, musste schließen. Durch die Tourist-Info im Haus konnte Angelika Wild aber nicht wie erhofft einen einzigen zahlenden Kunden dazugewinnen. „Wer wegen einer Wanderkarte kam, holte die sich und ging wieder“, so ihre Erfahrung. Bereits im August habe sich angedeutet, dass sie aufgeben muss. Im März, April, wenn das Geschäft mit den Männeln durch ist, lief es immer etwas ruhiger. Da hoffte sie noch auf die Sommerurlauber. In Schellerhau steht immerhin das größte Gästehaus der Region, der Tourismus läuft auch wieder deutlich besser. „Doch keiner ist an meinem Geschäft vorbeigelaufen oder reingekommen“, sagt Angelika Wild und kämpft mit den Tränen. „Das war gruselig.“ Sie hätte neue Ware einkaufen müssen, das konnte sie aber nicht finanzieren, ohne sich in Schulden stürzen zu müssen. Deshalb hat sie jetzt in der Weihnachtszeit noch das verkauft, was im Laden stand, und macht nun Schluss. Lieber ein Ende mit Schrecken, sagt sie sich, als ein Schrecken ohne Ende.

Warum sich erzgebirgische Holzkunst mitten im Erzgebirge nicht mehr so verkaufen lässt, kann sich Angelika Wild auch nicht erklären. Sie vermutet, Holzkunst ist Luxus geworden, und viele Leute sind nicht bereit, den Preis dafür zu zahlen. Zudem sammelt die jüngere Generation nicht mehr so oft wie früher Räuchermänner und Engel, kauft sich nicht jedes Jahr ein neues Männel dazu. „Viel wird auch durch das Internet kaputt gemacht“, sagt Angelika Wild und meint damit die Konditionen. Da konnte sie nicht mithalten.