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Das Ende der Kreidezeit

Die Stadt kauft neue digitale Schultafeln. Die sogenannten Whiteboards sind mehr als bloße Spielerei.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Heute wird im Französischunterricht eingekauft. Die Schüler der Klasse 6c tragen zusammen, was sie für das Kuchenrezept benötigen. Bei jeder Antwort ergänzt Lehrerin Karin Scholz die Antworten auf der Einkaufsliste. Nicht etwa mit Kreide auf der grünen Tafel, sondern mit einem Stift am sogenannten Whiteboard: Der virtuelle Bildschirm wird an die weiße Tafel projiziert, mit dem Stift kann die Lehrerin wie in einem Schreib- oder Zeichenprogramm arbeiten. Vorn am Lehrertisch stehen ein Flachbildschirm und ein Computer, über den Karin Scholz verschiedene Lehrprogramme aufrufen kann.

Was vor etwas mehr als zehn Jahren noch nach Zukunftsmusik klang, ist mittlerweile schon fester Bestandteil der Schulausrüstung, sagt Stadtsprecher Uwe Päsler. Schon 2006 habe man für Riesas Schulen die ersten interaktiven Whiteboards beschafft, für drei der Grundschulen, beide Oberschulen und beide Gymnasien. Mittlerweile kommen sie etwa am Städtischen Gymnasium flächendeckend zum Einsatz, sagt Schulleiter Eberhard Henke. „Wir versuchen, jeder Fachschaft mindestens einen Raum mit Whiteboard zur Verfügung zu stellen.“ Die Tafel, auf der die Französischlehrerin arbeitet, ist noch eine Kombination von interaktiver Tafel und Beamer. Längst ist eine zweite und dritte Generation Whiteboards an Riesas Schulen installiert. Die Displays sind etwas größer und funktionieren im Grunde wie übergroße Tablets. Nachdem schon 2017 die ersten drei 75-Zoll-Displays angeschafft wurden, rüstet die Stadt nun noch einmal nach: Für fast 37 000 Euro will sie in den Sommerferien weitere sieben Displays an den Riesaer Schulen einbauen lassen. Profitieren sollen diesmal neben den beiden Gymnasien die Oberschule Am Sportzentrum und die 3. Grundschule. Das Geld dafür hat der Kulturausschuss bereits in seiner jüngsten Sitzung freigegeben.

Aus Sicht von Französischlehrerin Karin Scholz jedenfalls sind die Whiteboards mehr als bloße Spielerei. „Ich möchte sie nicht mehr missen“, sagt sie. Nicht etwa, weil damit kreideverschmierte Hände der Vergangenheit angehören. Allein die Tatsache, dass sie das Lehrbuch an die Tafel projizieren kann, sei einiges wert. Im Unterricht sind außerdem interaktive Übungen möglich. Die Sechstklässler müssen während der Unterrichtsstunde beispielsweise kurze französische Dialoge einem Geschäft zuordnen, in dem sie stattgefunden haben. Wie auf dem Smartphone oder Tablet lässt sich die Schaltfläche dann zum zugehörigen Bild schieben. „Den Schülern macht das Spaß“, sagt Scholz. Und sie müsse nicht erst die Technik mit in den Klassenraum schleppen, wenn eine Hörübung ansteht. „Bei den älteren Klassen zahlt sich dann aus, dass die Whiteboards internetfähig sind.“ Unter anderem werden dann auch mal französischsprachige Filmtrailer angeschaut oder das Lied einer Gruppe gehört, von der im Lehrbuch die Rede ist.

Wie alle Neuerungen treffen aber auch die Whiteboards auf Skeptiker, sagt Schulleiter Henke. „Das ist auch etwas abhängig vom Alter.“ Schließlich müssten die Lehrer auch ihren Unterricht an die neue Technik anpassen. Aber: „Wenn man sich die freiwilligen Schulungen für die Technik anschaut, dann hat sich der Teilnehmerkreis zuletzt verdoppelt. Die Einsicht ist also da.“ Über den grünen Klee loben möchte Eberhard Henke die Whiteboards trotzdem nicht, bei allen Vorteilen. „Es ist schon was anderes, ob man sie in den Klassen 5 und 6 anwendet, oder in der 11. und 12.“ Denn die Darstellung am Whiteboard könne unter Umständen auf Kosten der Tiefe gehen. „Man soll sich nicht nur an der Technik berauschen“, sagt Henke dazu. Hinzu kommt noch die Abhängigkeit von der Technik. Ein plötzlicher Stromausfall ist dabei nicht das große Problem, denn an den Seiten sind jeweils noch zwei kleine Tafeln angebracht, auf denen die Lehrer schreiben können. Aber die Rechner hochzufahren und die Programme zu starten, das koste schon etwas Zeit, sagt Karin Scholz.

Die Internetanbindung ist dagegen in Riesa laut Stadt kein Problem, anders als an vielen anderen Schulen in Sachsen. Schon vor einem Jahr seien die Schulen mit Breitbandanschluss ausgestattet worden. „Dabei wurde festgelegt, Grund- und Förderschulen mit 50 Mbit/s und Oberschulen/Gymnasien mit 200 Mbit/s anzuschließen“, so Stadtsprecher Uwe Päsler. Lediglich in der Oberschule „Am Merzdorfer Park“ sei das noch nicht passiert, am Interimsgebäude liegen aber schon 200 Mbit/s an. „Wenn die Oberschule nach der Sanierung des Schulgebäudes wieder zurückzieht, wird auch dort ein entsprechender Breitbandanschluss zur Verfügung stehen.“