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Das Edelstahlwerk rüstet sich für die Zukunft

Freitals größter Arbeitgeber investiert rund zehn Millionen Euro. Damit soll die Produktion vor allem schneller laufen.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. Strafzölle in den USA, Billig-Konkurrenz aus China, steigende Energiekosten und Umweltabgaben – für die Stahlbranche in Europa gab es schon einmal leichtere Zeiten – einerseits. Andererseits verspricht die allgemein gute Wirtschaftslage hervorragende Geschäfte. Im Freitaler Edelstahlwerk, in dem rund 850 Mitarbeiter beschäftigt sind, führen diese beiden Komponenten zu Millioneninvestitionen. „Es geht uns vor allem darum, die Werkslogistik zu verbessern, damit wir die Fertigungs- und Lieferzeiten für die Kunden verkürzen können“, sagt der Leiter des Edelstahlwerks, Alexander Grosse.

Ein Baustein dafür ist die Anschaffung eines neuen Gießkrans, der kürzlich seine Arbeit aufgenommen hat. 2,2 Millionen Euro investiert das Edelstahlwerk allein dafür. Grosse betont, dass man auch weiterhin mit der Mitarbeiterzahl von 770 Arbeitern in Freital plane. Hinzu kommen noch Angestellte, die für Firmenholding BGH tätig sind, die ebenfalls in Freital ihren Sitz hat. Die Sächsische Zeitung zeigt, wie sich das Unternehmen für die Zukunft rüsten will.

Investition 1: Neuer Gießkran kann mehr flüssigen Stahl bewegen

Dieser Schritt gehört zu den wichtigsten bei der Stahlherstellung: Der noch flüssige Stahl wird in riesigen Behältern, den sogenannten Gießpfannen, von einem Aggregat zum nächsten transportiert. In den jeweiligen Behandlungsaggregaten werden unter anderem die gewünschten Eigenschaften des Stahles eingestellt. Zum Schluss wird der flüssige Stahl in große Formen vergossen und kühlt ab. Diese Blöcke können anschließend im Walzwerk zum Beispiel zu Stäben weiterverarbeitet werden.

Für den Transport des flüssigen Stahls werden riesige Kräne gebraucht, die die Pfannen am Haken von A nach B bewegen. Vier solcher Kräne sind im Edelstahlwerk im Einsatz. „Sie sind teilsweise allerdings schon in die Jahre gekommen“, sagt Grosse. Einen der Kräne aus den 80er-Jahren hat das Edelstahlwerk jetzt durch einen neuen, 2,2 Millionen Euro teuren Kran ersetzt. Die Anlage mit einer Spannweite von 25 Metern Breite und 180 Tonnen Gesamtgewicht musste – zerlegt in fünf Teile – mit einem Spezialtransport nach Freital gebracht werden.

Der Vorteil der Investition: Der neue Kran ist weniger störanfällig. Außerdem kann der neue Kran wesentlich mehr Gewicht transportieren. Weil somit auch mehr Flüssigstahl in einem Arbeitsschritt transportiert werden kann, wird die Arbeit effektiver.

Investition 2: Abkühlhalle wird umgebaut
Neben der riesigen Gießhalle , in der auch der neue Gießkran seine Arbeit verrichtet, befindet sich der Bereich, in dem die Stahlblöcke abkühlen. Dieser Bereich wird Abkühlhalle genannt. Dieser Teil des Werks ist nun besser strukturiert worden.

Zuvor wurde der Teil der Halle sowohl zum Abkühlen der Stahlblöcke als auch zum Lagern der schon abgekühlten Stahlblöcke genutzt. Die Platzverhältnisse waren dadurch sehr beengt. Wenn es darum ging, die Blöcke zur Weiterverarbeitung zu transportieren, sorgte das hin und wieder für Verzögerungen. Nun sind die Bereiche klarer getrennt. In der Abkühlhalle wurde ein neuer Betonboden eingezogen. Über zwei Zufahrten – eine davon neu geschaffen – können die abgekühlten Stahlblöcke nun zum neu geschaffenen, zentralen Blocklagerplatz transportiert werden.

Investition 3: Neuer, zentraler Lagerplatz für Stahlblöcke
Um mehr Ordnung in der Abkühlhalle zu schaffen, braucht es einen neuen Lagerplatz für die abgekühlten Stahlblöcke, den sogenannten Blockplatz. Dieser wurde unter freiem Himmel in der Nähe der Abkühlhalle geschaffen. Auf einer riesigen Fläche ist dort ausreichend Platz. Ein neuer sogenannter Portalkran dient dazu, die Stahlblöcke zu be- und entladen. Für den neuen Blockplatz mitsamt Kran sowie für den Umbau der Abkühlhalle hat das Edelstahlwerk rund zwei Millionen Euro investiert.

Investition 4: Neue Halle soll Engstelle im Werk beseitigen
Die größte Einzelinvestition des Edelstahlwerks ist noch nicht sichtbar. Die Bauarbeiten für eine neue Halle in der Nähe der Südstraße haben gerade erst begonnen. Die 300 Meter lange und 29 Meter breite Konstruktion kostet 4,4 Millionen Euro und soll voraussichtlich im Sommer 2019 fertiggestellt werden.

In der neuen Halle soll Platz für ein Lager und für die sogenannte Adjustage entstehen. Bei der Adjustage handelt es sich um den Bereich, in dem das Produkt für den Kunden fertiggestellt wird. Die Stahlstäbe, die das Edelstahlwerk produziert, werden zum Beispiel gerichtet, geschält, auf Fehler geprüft und auf die vom Kunden gewünschte Länge gesägt. Nach Angaben von Grosse ist die Adjustage der Flaschenhals im Werk. Trotz Vier-Schicht-Betrieb und Steigerung der Monatsleistung um neun Prozent entstehen bei der Fertigstellung der Stähle Wartezeiten, weil die Kapazitäten in der Adjustage nicht ausreichen. Das soll sich mit der Fertigstellung der neuen Halle ändern.

„Alle Investitionen sind erforderlich, um uns gut für die Zukunft aufzustellen“, sagt Grosse. „Wir müssen optimieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“ Er nennt die steigenden Abgaben für -Emissionen und die steigenden Energiekosten als zwei von vielen Herausforderungen. Auch die in diesem Jahr eingeführten Strafzölle der USA machten sich bereits bemerkbar. „Unsere Kunden in den USA halten uns zwar noch die Treue, aber die Handelsströme ändern sich“, sagt Grosse. Da zum Beispiel chinesischer Stahl nun schlechter auf dem US-Markt abgesetzt werde, werde dieser nun vermehrt in Europa gehandelt. Das verändere auch den Markt für das Freitaler Edelstahlwerk.