Herr Nestler, in den letzten 14 Tagen brannten unter anderem zwei Strohlager in Böhla und Niederau sowie eine Halle in Weinböhla. Alles Zufall?
Gerade bin ich dabei, für das vergangene Jahr einen Rückblick zusammenzustellen und zu schauen, was wichtig war. Dabei fallen verschiedene kritische Einsätze auf oder stechen heraus: Das sind vor allem mehrere Brände im Raum Coswig, Niederau und Weinböhla bis hinauf nach Priestewitz, deren Häufung und Ähnlichkeit aus meiner Sicht und sicherlich auch nach Ansicht vieler Kameraden eigentlich kein Zufall sein kann.
Woran denken Sie konkret?
Kameraden müssen immer öfter wegen Unwettern ausrücken – ein Rückblick auf 2017
Nehmen wir nur das jüngste Feuer, bei dem am 22. Dezember eine Halle des Möbelhauses Hülsbusch mit Karnevalsdekoration stark beschädigt wurde. Das Muster ähnelt sehr einem Brand in Sörnewitz. Beide Male begann das Feuer außen am Gebäude und fraß sich dann vor. Gar nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte nicht ein Bürger in Weinböhla schnell die Feuerwehr alarmiert. Nur so und durch das unverzügliche und professionelle Eingreifen der Kameraden konnte das Übergreifen auf den gesamten Hallenkomplex verhindert werden. Weitere Parallelen ergeben sich für mich bei den jüngsten Bränden der beiden Strohballenlager in Niederau und Böhla. Die zwei Brandherde liegen ziemlich abgelegen. Noch dazu war es vergleichsweise nass. Ohne den Brandermittlern vorgreifen zu wollen, aber da geht etwas nicht mit rechten Dingen zu.
Wie klappt die Zusammenarbeit mit den Brandermittlern der Kriminalpolizei?
Dazu kann ich derzeit nichts sagen, weil die Untersuchungen noch laufen. Ich habe mir allerdings vorgenommen, das Gespräch mit den Ermittlern zu suchen, um in der Sache weiterzukommen.
Wie schätzen Sie den Verlauf des Jahreswechsels ein?
Zwischen dem Silvesterabend und dem Morgen des Neujahrstages verzeichnen unsere Protokolle 20 Einsätze. Das liegt im Rahmen des Üblichen. Ich würde von einem normalen bis ruhigen Brandgeschehen sprechen mit angefackelten Mülltonnen, brennende Bäumen und einem Verkehrsunfall.
Welche Auffälligkeiten sehen Sie im Verlauf des gesamten Jahres 2017?
In der Öffentlichkeit ist das vielleicht gar nicht so angekommen, aber die Feuerwehren sind sehr oft zu Einsätzen im Zusammenhang mit Naturereignisse ausgerückt. Das begann mit einer Unwetterfront, die sich am 30. Mai über den Landkreis schob und 30 Einsätze auslöste. Es folgte der 22. Juni, der vor allem im Norden des Landkreises zahlreiche Bäume umstürzte und unter anderem den Schlosspark in Schönfeld verwüstete. Dann ging es weiter mit Starkregen am 26. Juli, Hagel am 1. August im Großraum Klipphausen und der Sturmfront Xavier vom 5. Oktober. Sozusagen der Höhepunkt war dann Sturm Herwart am 29. Oktober mit rund 300 Einsätzen.
Klimaexperten sagen voraus, dass solche Schadensereignisse in Zukunft häufiger zu erwarten sein werden. Sind die Wehren darauf vorbereitet und für solche Fälle gerüstet?
In den vergangenen Jahren ist in Sachen Technik viel nachgeholt worden. Das reicht von Notstrom-Aggregaten bis hin zu den fünf Hochleistungspumpen, die 6 560 Litern pro Minute schaffen.
Speziell nach Sturm Herwart blieben Haushalte teils über 24 Stunden ohne Strom. Wie gehen die Feuerwehren mit diesem Thema um?
Wir sind dabei, mit der Enso, den Stadtwerken in Riesa, Meißen, Coswig und Radebeul sowie den Kommunen ein Konzept für den sogenannten Blackout – also länger anhaltenden Stromausfall – zu entwickeln. Die Stürme in diesem Jahr haben gezeigt, wie schnell das gehen kann und wie weitreichend die Folgen sind. Fehlt Strom, geht irgendwann gar nichts mehr.
Wie kann die Feuerwehr hier ganz praktisch unterstützen?
Neben der unmittelbaren Hilfe nach Stürmen und Unwettern zum Beispiel durch Freimachen von Stromleitungen gehen wir daran, zentrale Gerätehäuser in den Gemeinden zu sogenannten Leuchttürmen auszubauen. Das sind Hilfspunkte, wo die Bürger zum Beispiel ihre Funktelefone aufladen oder sich Informationen holen können. Wie weit diese Angebote gehen sollen, muss man sehen.
Das Gespräch führte Peter Anderson.