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Coswiger in internationaler Jury

Die Förderschüler nehmen als einziges deutsches Team an einem weltweiten Wettbewerb teil. Eine Initiative des US-Schauspielers Alan Alda.

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© dpa

Von Ines Scholze-Luft

Coswig. Sie haben sich auch schon mal geärgert, weil Ihnen jemand einen relativ einfachen Sachverhalt viel zu kompliziert erklärt hat? Sie würden gern wissen, was sich hinter der mit Fachbegriffen gespickten Diagnose Ihrer Rückenschmerzen verbirgt? Oder was eigentlich wirklich gemeint ist, wenn Politiker Worthülsen aneinanderreihen und alle nur Bahnhof verstehen?

Am aktuellen Jahrgang der Flame Challenge nehmen auch Mädchen und Jungen des Coswiger Förderschulzentrums Peter Rosegger.
Am aktuellen Jahrgang der Flame Challenge nehmen auch Mädchen und Jungen des Coswiger Förderschulzentrums Peter Rosegger. © Matthias Schumann

Dann dürfte Ihnen die Initiative einiger besonders aufgeweckter Coswiger sehr zusagen. Die jungen Leute vom Förderschulzentrum Peter Rosegger machen nämlich mit bei einem Wettstreit, der 2012 in den USA entstand. Ins Leben gerufen durch den Schauspieler Alan Alda. Der heute 81-Jährige, berühmt geworden vor allem durch die US-amerikanische Fernsehserie Mash – sie spielt in einem Feldlazarett der US-Army während des Koreakrieges – erinnert sich lange nach seiner Schulzeit als Moderator von Wissenschaftssendungen an den Versuch seiner Lehrerin, ihm zu erklären, was eine Flamme ist. Ihre Antwort: Oxidation. Zwei Unbekannte statt einer.

Das sollte doch auch anders gehen, sagte sich der engagierte Mann. Und lobte einen Wettstreit mit großer Sogwirkung aus. Indem er Wissenschaftler sucht, die komplizierte Alltagsprozesse nicht nur fachlich richtig, sondern auch einfach erklären können – verständlich für Fünft- und Sechstklässler. Die Elf- bis Zwölfjährigen sollen Fragen stellen, also sagen, was sie gern erklärt hätten. Und dann die Erläuterungen – Texte, Videos. Grafiken – hochstudierter Experten beurteilen. Alles gemanagt durchs Alan Alda Zentrum für Wissenschaftskommunikation an der Stony Brook Universität im Bundesstaat New York.

Die Flame Challenge – der Flammenwettkampf – ist geboren. Und Sandra Knorr sofort elektrisiert, als sie im Internet auf die Aktion stößt. Die Coswiger Schulsozialarbeiterin ist immer auf der Suche nach interessanten Aufgaben für die Schüler des Förderschulzentrums. Das von Alan Alda entwickelte weltweite Konzept fesselt sie. Als einmalige Chance für die Jugendlichen, sich spielerisch mit Naturwissenschaften zu beschäftigen. Noch dazu in Englisch. Zugegeben, eine besondere Herausforderung, sagt Sandra Knorr. Aber ebenfalls mit Mehrfachwirkung. Schon wegen der Erkenntnis: Wir lernen also doch nicht nur für den Unterricht.

Auch für die Schulsozialarbeiterin beginnt eine spezielle Aufgabe. Sie übersetzt das Lehrer-Handbuch, stellt das Vorhaben vor. Bekommt Zustimmung von den Fachlehrern der Naturwissenschaften. Und grünes Licht von ihrem Chef, Juco-Geschäftsführer Matthias Kowarzik. So kann das Projekt in Juco-Trägerschaft starten.

Dass die Coswiger offensichtlich als erstes deutsches Schulteam an der Flame Challenge teilnehmen – 2017 waren international über 20 000 junge Leute aus Hunderten Schulen dabei – erhöht den Reiz. Auch bei den Rosegger-Schülern muss die Schulsozialarbeiterin nicht lange werben. Sie sind mit ihren Fragen schnell dabei.

Maximilian fragt: Was ist globale Erwärmung? Marie-A.: Was ist Atmosphäre? Jasmin will wissen: Was ist Luft? Johny: Was ist Wasser? Leon: Was passiert mit der Erde in 5 000 Jahren? Werden die Autos in Zukunft fliegen? Kerstins Frage: Warum müssen Organismen sterben? Ein anderes Mädchen interessiert sich dafür, was Gefühl ist.

Große Wissbegier bei den Jugendlichen der Klassen 7 bis 9 – die Förderschüler dürfen etwas älter sein, vor allem wegen der sprachlichen Anforderungen. Sandra Knorr hat die Teilnahme rechtzeitig mit den US-amerikanischen Veranstaltern geklärt, die Fragen wandern über den Großen Teich. Drei fließen schließlich ein in die 2018er-Challenge-Aufgabe: Was ist Klima?

Regelmäßig trifft sich das Team nun zum aktuellen Wettbewerbsstand. Jetzt beginnt die heiße Phase. Ab 15. Januar erhalten registrierte Gruppen Zugriff auf die ersten wissenschaftlichen Beiträge. Die schauen die Coswiger sich gemeinsam an, bewerten sie. Und nehmen vielleicht sogar an einer Videokonferenz mit Alan Alda teil, bevor im Mai die Finalisten vorgestellt und dann in New York City die Preise verliehen werden.

Da fahren zwar nur die siegreichen Wissenschaftler hin. Aber dass sie Teil einer weltweiten Jury sind, macht die jungen Coswiger schon stolz. Und lässt sie hoffen, dass ihr Beispiel andere Schüler der Region zum Mitmachen ermuntert, ebenso den einen oder anderen Wissenschaftler. Für klare, anschauliche Kommunikation und bessere Verständigung.