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Brauerei mit privatem Bahnanschluss

Ein Varnsdorfer Spediteur braut mit „Kocour“ sein eigenes Bier – in 42 Sorten. Jetzt feiert er zehnjähriges Jubiläum.

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© Petr Stolba

Von Petra Laurin

Varnsdorf. Die ersten Versuche, eigenes Bier zu brauen, waren für Josef Susta eigentlich nur ein Spaß. Der Varnsdorfer Spediteur wollte Abwechslung und mit Freunden mal was anderes ausprobieren. Aber dabei wollte er alles richtig machen und hat im Vorfeld der ersten Brauversuche einige kleinere Brauereien in Tschechien besucht, um zu erfahren, wie die Bierherstellung abläuft, welche Kunst dahintersteckt, um aus Hopfen und Malz und einigen anderen Zutaten ein schmackhaftes Bier zu brauen. Aus dem ursprünglichen Versuch hat sich dann aber doch eine Tradition entwickelt und es entstand eine richtige Brauerei. Kocour heißt sie, was auf Deutsch Kater bedeutet. In Varnsdorf befindet sich das Unternehmen direkt an der deutsch-tschechischen Grenze. Am 24. August blickt es auf zehnjähriges Bestehen zurück.

Josef Susta ist seit zehn Jahren Chef der Brauerei Kocour in Varnsdorf. Dazu betreibt er eine Spedition. Mit dem Brauereigelände hat er noch viel vor.
Josef Susta ist seit zehn Jahren Chef der Brauerei Kocour in Varnsdorf. Dazu betreibt er eine Spedition. Mit dem Brauereigelände hat er noch viel vor. © Petr Stolba

Der Eigentümer konstatiert mit Stolz, dass er heute schon 32 Mitarbeiter hat. „Sie erwirtschaften einen Jahresumsatz von 36 Millionen Kronen. Das sind 1,4 Millionen Euro.“ Aus seinem Hobby ist ein Beruf geworden, sagt er. Seine kleine Brauerei war vor zehn Jahren die erste dieser Größenordnung in Nordböhmen. Mittlerweile gibt es in ganz Tschechien etwa 400 solcher Mini-Brauereien.

„Das Schwierigste damals war, die passenden Mitarbeiter zu finden“, sagt der Unternehmer, der außer der Brauerei seit 1990 noch eine große Spedition besitzt und leitet. Die Erfahrungen, die er bei der Führung des Fuhrunternehmens gewonnen hat, haben ihm sehr geholfen beim Aufbau des Bierbetriebs. Gerade der Umgang mit den Menschen und das Schätzen ihrer Arbeit hätten ihm geholfen, sagt er.

Kocour stellt heute Spezialitäten in 42 Sorten her. Die gibt es auch in dem angeschlossenen Gasthaus. Außerdem noch verschiedene Limonaden, die ebenfalls bei Kocour produziert werden. Insgesamt 5000 Hektoliter Bier und Limonade stellt die Firma im Jahr her. Milan Moravek, der Braumeister, betont, dass damit allerdings die Kapazität erschöpft ist. Weiter wachsen möchte Kocour nicht. Das bedeutet dann aber auch, dass die kleine Brauerei die Nachfrage nach ihren Spezialitäten nicht erfüllen kann. Das Augenmerk richtet das Unternehmen jetzt auf die Verbesserung seiner Dienstleistungen, erklärt Moravek. Denn das Gasthaus bietet auch Essen an. Alles, was auf den Teller kommt, ganz gleich ob Rind oder Schwein, wird auf dem Betriebsgelände gezüchtet. Für Kinder gibt es in der Anlage rund um das Brauhaus einen kleinen Zoo.

Noch in diesem Jahr will Susta einen Saal für große Veranstaltungen und Konzerte ausbauen. Danach will er in Sachen Wellness erweitern, unter anderem plant er ein Bierbad. Platz für alle seine Pläne hat er genug, denn das 60 Meter lange Industriegebäude einer ehemaligen Keramikfabrik gibt noch vieles her. Zuerst hatte Susta es als Lager für die Spedition genutzt, jetzt befinden sich auch das Brauhaus und die Gaststätte dort. Das Besondere der ganzen Anlage ist, dass sie über einen eigenen Bahnanschluss mit einer Haltestelle verfügt. Das ist die einzige private Bahnhaltestelle in ganz Tschechien. „Schön wäre es, wenn die Züge wieder weiter bis nach Seifhennersdorf fahren könnten“, sagt der Brauereibesitzer und ärgert sich, dass die Besucher aus Deutschland immer mit dem Bus über die Grenze fahren müssen.

Josef Susta hat sich mit dem Haltepunkt einen Jugendtraum erfüllt. Seit frühester Jugend ist er begeisterter Anhänger von Eisenbahnen. Die Einrichtung des Haltepunktes hat er selbst finanziert. Susta plant, neben komfortablen Gästezimmern auf dem Kocour-Gelände in den Sommermonaten auch Ferien in stilvollen Liegewagen der Eisenbahn anzubieten.

Überrascht ist der Brauereibesitzer, wie vielfältig das Interesse von deutschen und tschechischen Besuchern am Bier und der Brauerei ist. Auch Etiketten- und Gläsersammler geben sich ein Stelldichein bei Kocour. Und die Sammler werden fündig. Denn die bunte Palette der Spezialitäten reicht von starken Lagerbiersorten bis hin zu obergärigen Biersorten. Susta braut mit seinen Mitarbeitern sowohl das bitterste als auch das stärkste Bier Tschechiens. Die Biere sind übrigens nicht pasteurisiert und ungefiltert. Das machen spezielle Technologien fürs Brauen, Gären und Reifen des Hopfengetränks möglich. Gelernt haben die Brauer das von Brauereien in Japan, Belgien und Amerika. Wie ein Weizenbier hergestellt wird, hat ihnen ein Bayer beigebracht. Seit Längerem läuft die Zusammenarbeit mit der Bergquell-Brauerei Löbau. So kommt es, dass man in Varnsdorf Porter-Bier trinken und kaufen kann.

Mit seinen Bierspezialitäten wendet sich Susta an alle Bierliebhaber im Schluckenauer Zipfel. Aber nicht alle können sich die speziellen Getränke leisten, denn die Produkte sind doch etwas teuer.

Vom 24. bis 26. August lädt die Brauerei Kocour zum Feiern ein. Mit viel Musik, Verkostungen der Biere und Limonaden, Kulinarischem aus dem Gasthaus und einem Programm mit Blasmusik, Jazz und Rock am Abend wird das zehnjährige Bestehen der Firma gefeiert. Es gibt ein Familienprogramm und Wasserspiele für Kinder. Außerdem wird Militärtechnik vorgestellt und man kann mit einem Hubschrauber Rundflüge unternehmen.