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BMW baut jetzt auch Bobs

E-Mobilität oder Dieselnormen sind im Eiskanal völlig egal. Das Engagement des Autoherstellers ist dennoch ein Risiko – das der deutsche Verband gern eingeht.

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© BMW

Von Tino Meyer

Das Geheimnis ist gar keins. Trotzdem spricht der Chef des deutschen Bob- und Schlittenverbandes BSD erst einmal in Rätseln. Vor allem genießt Thomas Schwab jedoch den Moment allgemeiner Ungewissheit. Was er wohl meint, wenn von einem Innovationsträger die Rede ist?

Sie freuen sich auf die neue Konkurrenz: Bundestrainer René Spies und Francesco Friedrich.
Sie freuen sich auf die neue Konkurrenz: Bundestrainer René Spies und Francesco Friedrich. © Robert Michael

Dabei hat es sich in der Szene bereits herumgesprochen, dass die Autobauer von BMW jetzt auch in Deutschland ins Bobgeschäft einsteigen. „Der Innovationsträger“, sagt Schwab also, grinst wissend und verkündet: „ist ein Bob, den wir mit unserem Partner BMW entwickeln.“ Die Erklärung liefert Schwab praktischerweise gleich mit: „Wir konnten in diesem Jahr einen Traumerfolg bei den Olympischen Spielen feiern. Die knappen Ergebnisse haben aber auch gezeigt, dass wir uns auf unseren Erfolgen nicht ausruhen können und dass die Wettbewerber mit aller Kraft an uns vorbeiziehen wollen.“

Deshalb ist nach Olympia immer auch vor den nächsten Spielen. Deshalb müssen immer auch neue, noch bessere Schlitten her. Denn abgerechnet werden Nischensportarten wie die im Eiskanal nur aller vier Jahre. Die zwei Triumphe des Pirnaers Francesco Friedrich sowie der Überraschungssieg von Mariama Jamanka zählen allerspätestens 2022 in Peking nicht mehr. Dann müssen neue Erfolge her. Und kaum einer weiß das besser als Bundestrainer René Spies, der das medaillenlose Debakel von Sotschi 2014 als stellvertretender Bundestrainer aus nächster Nähe erlebt hat. Das Negativ-Erlebnis, meint der Ex-Pilot, sei das prägendste seiner Karriere.

Grinsen muss aber auch er. Eben mal einen Bob bauen, kann nämlich selbst der versierteste Autohersteller nicht. „Das haben ja schon viele versucht, unter anderem auch Ferrari – und sind damit kläglich gescheitert“, sagt Spies. Das BMW-Projekt findet er dennoch spitze, allein aus Wettbewerbsgründen. „Konkurrenz belebt das Geschäft. Das habe ich immer gesagt, und dazu stehe ich auch.“

So ein offiziell ausgeschriebener Konkurrenzkampf unter Bob-Herstellern ist für den Verband inzwischen fast schon gelerntes Verhalten. Und ein erfolgreiches, wenn auch kostspieliges noch dazu, seitdem der Österreicher Hannes Wallner mit seinen Schlitten parallel zum steuerfinanzierten Berliner FES-Institut um die Gunst der deutschen Piloten warb. Im Sommer endete die exklusive Zusammenarbeit wie verabredet, Wallner baut jetzt wieder für die ganze Welt. Und der BSD hofft auf BMW. „Natürlich ist das eine Option und immer auch gut, wenn es eine Alternative gibt. Das wird wieder ein gesunder Konkurrenzkampf“, sagt Spies. Wobei das mit der Rivalität zuletzt so eine Sache gewesen ist. Zumindest stimmte am Ende das Ergebnis für alle Beteiligten – weil Friedrich mit der FES (Zweier) und Wallner (Vierer) zum Olympiasieg gefahren ist.

Gleiches soll mit BMW gelingen. Dabei setzt der Verband vor allem auf die Expertise der Münchner bei Aerodynamik, Fahrwerksentwicklung und Carbonfertigung. „Das sind Bereiche, in denen BMW auf höchstem Niveau arbeitet“, meint Thomas Hahn, der beim Autobauer den Technologietransfer verantwortet und schon mit Bobbau-Guru Wallner bei der Entwicklung von Friedrichs Olympia-Vierer zusammengearbeitet hat. „Er kennt sich aus und geht trotzdem sehr demütig an das Projekt. Sonst würde das auch nicht funktionieren“, sagt Spies.

In den neuen Zweier wird außerdem ein im Rodeln erprobtes Messsystem integriert. Das Modell aus Schaumstoff gibt es bereits, derzeit wird der Prototyp gefertigt und spätestens am 18. Dezember soll die Jungfernfahrt auf der Kunsteisbahn in Königssee stattfinden. Alle sind gespannt, und Olympiasieger Friedrich bietet sich für Testfahrten an. Der Bundestrainer dämpft indes die Erwartungen. „Man darf nicht vermessen sein. Wir müssen erst mal abwarten, wie die Komponenten miteinander funktionieren“, sagt der 45-Jährige.

Die FES-Ingenieure, die durch Wallner in den vergangenen zwei Jahren gehörig unter Druck gerieten und bei Olympia trotzdem oder gerade deshalb wieder einen Siegerbob am Start hatten, haben die Nachrichten aus München natürlich aufmerksam verfolgt. „Sie sind hochmotiviert und werden nicht nachlassen. Genauso wünsche ich mir das“, sagt Spies, der anders als sein Vorgänger Christoph Langen ein Mann des Ausgleichs ist und fast als eine Art Mediator durchgeht. Schaden kann das nicht, das Materialthema ist so ziemlich das sensibelste im Bobsport.

Also sagt Spies: „Die spannende Frage ist jetzt, wie schnell der neue Bob auch gut wird. Wenn BMW schneller ist, fahren wir BMW-Bob. Und wenn die FES schneller ist, dann FES-Bob.“