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Blick aufs Handy, ab zum Brand

Mit einer neuen Alarmierungs-App startete die Alarm Dispatcher GmbH vor zwei Jahren. Ihre Idee ist nun gefragt.

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© Christian Juppe

Von Jana Mundus

Es brennt. Die Feuerwehr wird alarmiert. Freiwillige Kräfte erreicht der Ruf zum Einsatz meist auf der Arbeitsstelle, beim Einkaufen oder auch zu Hause. Dann fahren sie los, so schnell wie möglich zum Feuerwehrdepot. Bis dahin vergehen wertvolle Minuten, in denen auch der Wehrleiter nicht weiß: Sind wir überhaupt einsatzbereit? Kommen genug Einsatzkräfte zusammen? Oder muss die Feuerwehr aus dem Nachbarort nachalarmiert werden? Eine Dresdner Firma hat vor gut zwei Jahren die Lösung für das Problem entwickelt: Ihre Erfindung alarmiert die Feuerwehrleute parallel auf dem Smartphone. Mit einer Handbewegung können diese dann für den Einsatz zu- oder absagen. Die Idee ist jetzt deutschlandweit gefragt.

Alarm-Dispatcher, so heißt die entwickelte Box, die all das möglich macht. Sie steht im Feuerwehrgerätehaus. Geht bei der Rettungsleitstelle ein Notruf ein, alarmieren die dortigen Mitarbeiter nicht nur mittels Funkempfänger, den jedes Feuerwehrmitglied eigentlich immer bei sich tragen sollte. Der Alarm erreicht auch die Dispatcher-Box, die zusätzlich per App zum Einsatz ruft. Schon nach ein bis zwei Minuten ist dank ihr klar, ob genug Einsatzkräfte zusammenkommen. Dadurch verringert sich die Zeit bis zu einer möglichen Nachalarmierung um 90 Prozent.

Ruf nach dem Arzt

Fünf Studenten hatten vor ein paar Jahren die Idee zu diesem System. „Mittlerweile studieren aber nur noch zwei von uns“, sagt Henry Agsten, einer der Gründer der Alarm Dispatcher GmbH. Getestet hatten sie die Entwicklung anfangs in Zusammenarbeit mit den Feuerwehren im mittelsächsischen Freiberg. Heute zählen 250 Organisationen aus ganz Deutschland zum Kundenkreis, zum Beispiel Wehren in Leipzig, Zwickau, Stralsund oder auch Bad Liebenzell im Schwarzwald.

Doch nicht nur für Feuerwehren ist die Entwicklung gedacht. Das THW im brandenburgischen Lübben war vor einiger Zeit das erste Technische Hilfswerk, das den Alarm-Dispatcher nutzt. „Auch im Katastrophenschutz muss schließlich alarmiert werden“, sagt Agsten. An einer weiteren Möglichkeit arbeiten die Entwickler gerade. Das erste Krankenhaus hat angefragt, ob das System auch dort nutzbar wäre. „Wenn beispielsweise bestimmte Ärzte dringend gerufen werden müssen“, erklärt er weiter. Das lässt sich machen, sagten die Dresdner. Schon bald soll der erste Alarm Dispatcher deshalb in einem Krankenhaus installiert werden.

Rund 3 500 Euro kostet die technische Grundausstattung. Hinzu kommen die technische Unterstützung sowie 2,50 Euro pro Jahr für jedes Feuerwehrmitglied, das die App auf seinem Smartphone nutzt. Für viele Feuerwehren ist das eine Menge Geld. Finanzieren müssen es die Kommunen. „Uns war wichtig, dass die Kosten planbar bleiben“, sagt Agsten. Natürlich gäbe es auf dem Gebiet der Alarmierung via App Konkurrenz auf dem Markt. Die rechnet jedoch meist Geld pro Einsatz für die Smartphone-Anwendung ab. „Wenn es also oft brennt, wird es für die Feuerwehr teuer.“

Der Druck durch die Konkurrenz heißt für die Alarm Dispatcher GmbH: Neue Ideen sind wichtig, nicht stehen bleiben. Zur Grundausstattung gehört seit Beginn der Firma ein Einsatzmonitor im Gerätehaus. Er zeigt alle Rückmeldungen an und außerdem wichtige Informationen zum Einsatz. Hinterlegt sind beispielsweise auch Baupläne wichtiger Gebäude, die im Brandfall gebraucht werden. Früher mussten die Unterlagen zusammengesucht werden. Heute ist alles schon ausgedruckt und mitnahmebereit, wenn die Feuerwehrleute ins Gerätehaus kommen.

Rauchmelder am Netz

Seit Neuestem kann die Alarm-Dispatcher-Box auch mit Schließanlagen oder der Technik für die Rolltore des Depots gekoppelt werden. Sie öffnet dann nach einigen Minuten automatisch die Tore, damit die Fahrzeuge ausrücken können. Wieder Zeit gespart. „Wir haben außerdem die Möglichkeit, Rauchmelder mit der Box zu verbinden“, erklärt Agsten. Denn auch bei der Feuerwehr könne es im Gerätehaus zu einem Brand kommen. Das sei gar nicht selten, sagt er. Die vielen technischen Geräte einer Feuerwehr stellen unbewacht eine Gefahrenquelle dar. „Wird ein Rauchmelder aktiv, alarmiert die Box die Feuerwehrleute und ruft sie ins Gerätehaus.“

Für die Firmengründer ist bei alldem vor allem eins wichtig: der Datenschutz. Die Informationen über einen Einsatz seien sensibel. „Deshalb arbeiten wir sehr eng mit den Leitstellen zusammen, und es geht wirklich nur das über die App nach draußen, was wirklich notwendig ist“, sagt Henry Agsten. Zwei Jahre lang ist die Alarm Dispatcher GmbH langsam gewachsen. Anfangs erledigten die fünf Gründer viel neben dem Studium. Jetzt ist erstmals ein sechsstelliger Umsatz in Sicht. Ab 2019 werden zwei von ihnen deshalb fest für die eigene Firma arbeiten. „Es gibt momentan einfach so viele Anfragen“, begründet Agsten das. Stress, über den sich alle allerdings freuen.