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Bautzener Bürger erobern die Bühnen

Nach dem antiken Tragödiendichter Thespis ist ein neues Projekt am Deutsch-Sorbischen Volksthetaer benannt. Es geht um Integration.

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© Wolfgang Wittchen

Von Miriam Schönbach

Bautzen. Grenzen überwinden ist für Bronwyn Tweddle Alltag. In den vergangenen 17 Jahren hat die gebürtige Australierin als Dozentin für angewandte Theaterwissenschaft in Neuseeland ihre Studenten für Schauspiel begeistert. Ihre Liebe zu Deutschland entdeckte sie als Austauschstudentin vor fast zwei Jahrzehnten. Der „grünen Insel“ hat sie nun den Rücken gekehrt, um im sächsischen Bautzen das neue Thespis-Zentrum mitaufzubauen. Unter seinem Dach soll für jeden ein Ort zum Mitspielen, Mitmachen und Mitreden entstehen – vor, auf und hinter der Theaterbühne.

Mit seinem neuen Bürgerbühnen-Projekt will das Deutsch-Sorbische Volkstheater (DSVTh) einen Beweis antreten. „Unsere Welt läuft immer mehr auseinander. Mit Mitteln des Theaterspielens können wir sie wiederzusammenbringen und Verständnis füreinander erzeugen. Bautzen ist dafür der richtige Ort“, sagte Intendant Lutz Hillmann. Theaterpädagogische Arbeit könnte interkulturelle Gräben überwinden und Begegnungen zwischen den verschiedenen in Bautzen lebenden Menschen ermöglichen. Deshalb entwickeln Theaterpädagoginnen, Sozialwissenschaftlerin und Sozialarbeiterin für Thespis ganz verschiedene Mitnehm-Formate.

Ein solches Angebot ist die Theatergruppe arabischer und einheimischer Frauen. Bronwyn Tweddle lotet dabei Grenzen kultureller und sprachlicher Art mit Theaterspiel aus. „Wir entdecken gerade die Prinzipien des Theaters, lernen Improvisationstechniken“, sagte die Neu-Bautzenerin. Auch eine Kindertheatergruppe mit einheimischen und geflüchteten Kindern ist entstanden. „Es geht uns darum, Menschen zusammenzubringen und Grenzen zwischen dem Eigenen und dem Fremden aufzubrechen“, sagte Thespis-Mitarbeiterin Lara Chahal.

Darüber hinaus soll es Schülertheater wie Workshops zu Themen in der Schule und Weiterbildungen für Schülertheater-Leiter geben. Eine Bürgerbühne für Menschen, die in Bautzen leben, soll aufgebaut werden. Durch die Akademie wird das Projekt zudem wissenschaftliche begleitet. Die Sozialarbeiterin Halimeh Ibrahim übernimmt die Koordination mit Schulen und Behörden und Beratungen von Hilfesuchenden. Die gebürtige Libanesin kam vor vier Jahren nach Deutschland und arbeitet seit drei Jahren mit Geflüchteten. Im Thespis-Zentrum sind derzeit fünf Mitarbeiter beschäftigt, weitere Theaterpädagogen werden noch gesucht.

Bei „Thespis on tour“ wollen die Theatermacher unterwegs sein, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen. „Unsere Idee ist, dass nicht wir uns etwas ausdenken, sondern ihre Bedürfnisse aufgreifen“, sagte Michelle Bray. Dabei nimmt das Bautzener Projekt die Idee seines Namensgebers auf. Der griechische Tragödiendichter Thespis soll der Legende nach um 600 v. Chr. seine Bühne auf einen Karren geladen haben, um den Menschen das Theater nach Hause zu bringen. Das Bautzener Projekt läuft vorerst drei Jahre. Es wird durch den Freistaat Sachsen gefördert. (dpa)