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Barrierefrei im Umgebindehaus

Familie Heger hat ihren Alterssitz in Schönbach. Im Erdgeschoss ist alles ohne Hindernis erreichbar. Das hat mancher nicht für möglich gehalten.

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© Matthias Weber

Von Gabriela Lachnit

Schönbach. Nein, so kann das Egon Heger nicht stehen lassen: Er hatte gelesen, dass man ein Umgebindehaus nicht barrierefrei sanieren könne. „Doch, das geht“, weiß der 77-Jährige und tritt mit seinem Haus in Schönbach den Beweis dafür an. Vor fünf Jahren haben er und seine Frau Ute das Umgebindehaus in Schönbach, eine ehemalige Bäckerei , ersteigert.

Der Hausherr hat hier vieles bei der Sanierung selbst gemacht und dabei viele eigene Erfahrungen nutzen können.
Der Hausherr hat hier vieles bei der Sanierung selbst gemacht und dabei viele eigene Erfahrungen nutzen können. © Matthias Weber

Egon Heger war Bankkaufmann. Seit er jedoch im Ruhestand ist, hat er viel Zeit, sich seinen Hobbys zu widmen: der Architektur und der Geschichte. Vor allem seine Kenntnisse in der Architektur kamen ihm zugute, als er bereits 2003 das Bad in seinem Haus in Südwestdeutschland barrierefrei umgestalten musste. Die dabei gesammelten Erfahrungen hat er dann beim Ausbau des Umgebindehauses in Schönbach intensiv genutzt. Auch hier war er gefordert, barrierefrei auszubauen. Seine Ehefrau, mit der er seit 50 Jahren verheiratet ist, kann wegen einer Erkrankung keine Treppen mehr steigen. Also machte sich der Bankkaufmann mit viel handwerklichem Geschick, Ausdauer, Willen, Erfahrung und jeder Menge Wissen daran, das Erdgeschoss der alten Bäckerei barrierefrei auszubauen. Zwei behindertengerechte Bäder hat er in dem bereits 1870 erbauten Haus geschaffen. Beide Räume sind jeweils rund 6,5 Quadratmeter groß.

Eins der Bäder grenzt an das Schlafzimmer, das sich im ehemaligen Verkaufsraum der Bäckerei befindet. Die Dusche ist ebenerdig und kann auch mit einem Rollstuhl erreicht werden. Das Waschbecken ist in der Höhe so angebracht, dass ein Rollstuhl direkt herangefahren werden kann. Die Sitzhöhe der Toilette hat Egon Heger so gewählt und eingebaut, dass bei Bedarf mit einem Nachtstuhl direkt darüber gefahren werden kann.

In der Blockstube des Umgebindehauses entstand eine gemütliche Wohnstube mit Küchenzeile. Der Fliesenspiegel an der Massivholzküche ist übrigens eine Seitenwand des alten Backofens. Grün-weiß wechseln sich die Fliesen ab und machen damit einen farblichen Hingucker aus. Der Backofen steht in der noch vorhandenen Backstube gleich nebenan. Er bleibt stehen. Ihn abzureißen, davor scheut Egon Heger zurück, vor allem aus Kostengründen. Aber das Monstrum stört ihn nicht, die Backstube ist derzeit nur Lagerraum und wird zum Wohnen auch künftig nicht benötigt. Die wenigen Zentimeter Unterschied in der Fußbodenhöhe zwischen Wohnküche und Flur können die Hegers mit einem breiten Holzkeil ausgleichen, sodass ein Rollstuhl bequem darüber rollen könnte, wenn er benötigt wird.

Ute Heger hat im Erdgeschoss alles, was sie braucht. Alles ist für sie gut zugänglich. „Das obere Geschoss ist nur bewohnt, wenn unsere Kinder und Enkel da sind“, sagt die 73-jährige resolute Frau. Auch diesen Bereich hat Egon Heger zum Großteil allein ausgebaut.Nach seinen Erfahrungen scheitern die meisten Umbauten zu barrierefreiem Wohnraum am Willen der Bewohner, überhaupt etwas verändern zu wollen, ist er überzeugt. Aber auch die mangelnde Unterstützung durch Handwerker hat der Bauherr öfter als ihm lieb war erleben müssen. „Häufig fehlten bei Handwerkern die Grundkenntnisse dafür, wie man ein barrierefreies Bad schaffen kann“, hat er festgestellt.

Die ehemalige Bäckerei in Schönbach ist der Alterssitz der beiden Senioren. Als sie das Gebäude zum ersten Mal gesehen hatte, war Ute Heger „total fertig, weil ich es so toll fand“, sagt die 73-Jährige. Das Haus, dessen guter Zustand, der Garten und die Umgebung – Familie Heger war begeistert. Es begann ihr Traum vom Alterssitz im Oberland. Warum ausgerechnet Schönbach? Diese Geschichte erzählt Ute Heger: „Ich bin in der Nähe von Breslau geboren worden. Vor etlichen Jahren wollten wir meine Geburtsregion besuchen und haben in Görlitz Urlaub gemacht.Von dort aus haben wir die Region erkundet, nicht nur Breslau, sondern auch das Oberland. Dabei haben wir uns in die Umgebindehäuser verliebt.“ Ein Budget wurde festgelegt und ein Notar beauftragt, ein gut erhaltenes Umgebindehaus zu ersteigern. „So kamen wir nach Schönbach“, sagt die gebürtige Breslauerin.