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Aufwandsgelder belasten Kommunen

Mehrkosten für Ortsvorsteher schlagen ins Kontor. Wie reagieren die Kommunen? In Lampertswalde gibt es bereits Vorschläge.

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© Udo Weitz

Von Jörg Richter

Großenhainer Pflege. Lampertswaldes Bürgermeister Wolfgang Hoffmann hat für seine Idee, die Ortschaftsräte abzuschaffen, Kritik einstecken müssen. Vor allem aus den Dörfern auf der anderen Seite des Raschütz-Waldes, die sich im Gemeinderat unterrepräsentiert fühlen. Hier haben die Ortschaftsräte eine besondere Bedeutung als Bindeglied zwischen den Dörfern an der Landesgrenze und der Gemeindeverwaltung in Lampertswalde. „Wir sind der verlängerte Arm des Gemeinderates“, sagt der stellvertretende Weißiger Ortsvorsteher Oliver Kube. Vieles wäre in der Vergangenheit ohne die Ortschaftsräte nicht angepackt worden, zum Beispiel der Spielplatz, die Straßenbeleuchtung oder die Sanierung der beiden Weißiger Wohnblöcke. „Der Bürgermeister benutzt uns sogar als Streitschlichter“, erzählt Ortsvorsteherin Dana Wiedemann. Umso enttäuschter war sie, als Hoffmann jetzt die Auflösung der Ortschaftsräte ins Gespräch brachte.

Doch das macht er nicht aus Jux und Tollerei. Hoffmann sucht nur eine Lösung für ein Dilemma, das momentan viele sächsische Städte und Gemeinden betrifft. Ausgelöst wurde es vom Freistaat. Ministerpräsident Michael Kretschmer will das Ehrenamt stärken. Das hatte der neue Landesvater Anfang des Jahres in seiner ersten Regierungserklärung betont und ließ Worten auch Taten folgen. Der Landtag hat mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Sächsischen Dienstrechts vom 28. Juni 2018 u. a. auch die finanzielle Aufwertung für ehrenamtliche Bürgermeister und Ortsvorsteher beschlossen. Sie erhalten rückwirkend zum 1. Januar 2018 deutlich mehr Aufwandsentschädigung. Bei Kommunen mit vielen Ortschaftsräten schlägt das richtig ins Kontor.

Lampertswalde hat acht Ortschaftsräte. Dessen Vorsteher haben laut Gemeindeverwaltung bisher 63 Euro monatlich erhalten. Durch das neue Gesetz erhalten sie nun 210 Euro. Also mehr als das Dreifache. Pro Jahr muss die Gemeinde Lampertswalde nun 20160 Euro allein für die Aufwandsentschädigung der acht Ortsvorsteher ausgeben. Bisher waren es rund 6 000 Euro.

Großenhain trifft es noch härter

Noch härter trifft es die Stadt Großenhain. Dort gibt es zwölf Ortschaftsräte, deren Vorsteher im letzten Jahr rund 11 000 Euro Aufwandsentschädigung erhielten. Je nach Einwohnerzahl der einzelnen Dörfer bekommen die Chefs der Ortschaftsräte rückwirkend zum 1. Januar monatlich zwischen 210 Euro (z. B. Colmnitz) und 562,50 Euro (z.B. Zabeltitz-Treugeböhla). Damit steigt die Aufwandsentschädigung der Ortsvorsteher um fast 360 Prozent, sodass allein für die Ortsvorsteher ab dem Jahr 2018 eine Jahresaufwandsentschädigung von rund 39 500 Euro zu verbuchen ist. Zusammen mit den Sitzungsgeldern muss die Stadt Großenhain ab diesem Jahr insgesamt rund 56 700 Euro für die Entschädigung der 22 Stadt- und 57 Ortschaftsratsmitglieder im Haushalt bereitstellen. 2017 waren es noch 28200 Euro. „Trotzdem ist die Abschaffung der Ortschaftsräte keine Option für uns“, sagt Stadtsprecherin Diana Schulze. „Das wäre ein nicht vertretbarer Einschnitt in die demokratische Struktur der Stadt Großenhain.“ Ortschaftsräte kennen die Einwohner, die räumlichen Gegebenheiten sowie historische und regionale Besonderheiten der Ortsteile besser als jeder andere.

Gefahr einer Neiddebatte

Ganz anders geht die Gemeinde Ebersbach mit der Gesetzesvorgabe aus Dresden um. Hier hat der Gemeinderat schon vor langer Zeit beschlossen, dass die Ortsvorsteher 20 bis 40 Euro als monatliche Aufwandsentschädigung erhalten. Mehr nicht. Bürgermeister Falk Hentschel sieht die Gefahr einer Neiddebatte. Denn auch die Führungsriege der Freiwilligen Feuerwehren erhält kaum mehr, habe aber mindestens genauso viel Verantwortung.

Priestewitz und Thiendorf sind fein raus. Dort gibt es keine Ortschaftsräte. „Wir beabsichtigen auch nicht, sie einzuführen“, sagt Thiensdorfs Bürgermeister Dirk Mocker. Gleichwohl hält er die höhere Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Bürgermeister, wie Wolfgang Hoffmann, für mehr als gerechtfertigt. Der Lampertswalder Gemeindechef erhält monatlich statt bisher 1 560 Euro jetzt 2 400 Euro.

Die Ortschaftsräte in Weißig und Brößnitz betonen, dass es ihnen gar nicht ums Geld geht. Sie wollen weiterhin für die Menschen in ihren Dörfern aktiv sein. Deren Ortsvorsteherinnen Dana Wiedemann und Kathrin Mattheus würden sogar freiwillig auf einen Teil der Aufwandsentschädigung verzichten oder spenden. Auch Zusammenlegungen von Ortschaftsräten halten sie für denkbar. Hoffmann will letzteren Vorschlag aufgreifen und ihn im Gemeinderat zur Diskussion stellen. Dieser trifft sich am Dienstag ab 19.30 Uhr im Versammlungsraum Brockwitz.