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Aufregung um Muslimbrüder

Bautzens OB warnt vor einer islamischen Gruppe, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Was steckt dahinter?

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© dpa

Von Marleen Hollenbach

Bautzen. Seit Monaten sorgt eine von Muslimen gegründete Gesellschaft für Aufregung in Sachsen. In einigen Städten der Region hat die vom Verfassungsschutz beobachtete „Sächsische Begegnungsstätte“ (SBS) Häuser gekauft oder angemietet und darin Gebetsstätten eingerichtet. Offenbar zeigt die SBS jetzt auch Interesse an der Stadt Bautzen. Das geht aus einem Schreiben des Oberbürgermeisters hervor, das er an die Vermieter der Region verschickt hat.

Alexander Ahrens (SPD) befürchtet, dass sich die Organisation in der Stadt ansiedeln will. Dr. Saad Elgazar, Chef der SBS, habe sich um ein Mietverhältnis bemüht, um ein Kulturzentrum aufzubauen, heißt es in dem Schreiben des OB. Und weiter: „Es sollte in unser aller Interesse sein, verfassungsrechtlich problematische Initiativen von der Stadt Bautzen fernzuhalten.“

Als extremistisch eingeordnet

Der Verfassungsschutz beobachtet die Aktivitäten der SBS schon länger. Die Organisation steht im Verdacht, mit der Muslimbruderschaft und dem Verein „Islamische Gemeinschaft in Deutschland“ zu kooperieren. Die Muslimbruderschaft wird von den Behörden als extremistisch kategorisiert. Sie strebe „nach der Bildung einer islamischen Gesellschaft sowie der Errichtung eines islamischen Staates auf der Grundlage der Scharia“, heißt es in einem Bericht, den die Verfassungsschützer zur Organisation und ihren Verbindungen zur SBS veröffentlicht haben. Vertreter der SBS weisen die Vorwürfe zurück und werfen dem Verfassungsschutz wiederum vor, mit vagen Vermutungen Stimmung gegen ihre Gesellschaft zu machen.

Bei der Stadtratssitzung Ende Februar sprach OB Ahrens öffentlich von seinen Befürchtungen. In diesem Zusammenhang nannte er den Gebäudekomplex an der Muskauer Straße in Bautzen, in dem sich unter anderem der Norma-Markt befindet. Eine dem Verfassungsschutz bekannte Person habe versucht, dort einen Mietvertrag abzuschließen. Dazu sei es jedoch nicht gekommen. Auch deshalb, weil die Stadt den Vermieter vorher gewarnt habe, so Ahrens.

Ein Hinweis dafür, dass die SBS Interesse an Bautzen hat, findet sich auch auf deren Homepage. Bei der Liste der „Filialen“ taucht Bautzen auf, darüber der Vermerk „in Verhandlung“. Zudem berichtet ein Bautzener Vermieter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, dass Saad Elgazar mit ihm bereits gesprochen hat. Vier bis fünf Monate sei das jetzt her. Der SBS-Chef habe erzählt, dass er nach einem Objekt in Bautzen sucht und angefragt, ob der Vermieter ihm etwas anbieten könne. Das habe dieser aber abgelehnt.

Ein Raum fürs Freitagsgebet

Saad Elgazar bestreitet das. Gegenüber der Sächsischen Zeitung betont er, dass er schon lange kein Interesse mehr an einem Objekt in Bautzen hat. Die Angaben auf der Homepage seien nicht aktuell. In Bautzen wolle er kein Gebetshaus oder Kulturzentrum eröffnen. Das sei gar nicht mehr nötig, weil es in der Stadt viele Vereine gebe, die den Flüchtlingen helfen.

Tatsache ist, dass die SBS schon in einigen Städten der Region Aufsehen erweckt hat. Nach SZ-Informationen kaufte die Gesellschaft in Pirna ein Haus, um dort ein Begegnungszentrum zu etablieren. Die Mitglieder kündigten Deutsch- und Arabisch-Kurse, Kurse zur Drogenprävention und Nachhilfeunterricht an. Sogar einen Tag der offenen Tür sollte es geben. Doch bislang gibt es nur vage Aussagen darüber, was sich tatsächlich im Inneren des Hauses tut. In Görlitz mietete die SBS Räume zum Beten. Allerdings fehlte ihnen eine formelle Genehmigung, weshalb sie den Gebetsraum wieder schließen mussten. Auch in Riesa war die SBS präsent. Dort hat die Stadt die Nutzung eines Gewerberaums als Gebetsstätte untersagt und diese Entscheidung genau wie in Görlitz baurechtlich begründet. Die Muslime in Riesa wollen sich nun unabhängig von der SBS organisieren und suchen gemeinsam nach einem Gebetsraum in der Stadt.

Auch in Bautzen gibt es solche Bestrebungen. Sozialarbeiter Steffen Grundmann erklärt, dass den Muslimen der Stadt im Spreehotel ein Gebetsraum zur Verfügung stand. Bis zu 50 Personen nutzen das Angebot. Seit der Schließung des Hauses haben die Muslime jedoch keine Möglichkeit mehr, sich in der Stadt offiziell zum Freitagsgebet zu treffen. Doch das soll sich ändern. In Zusammenarbeit mit dem House of Resources wollen einige Migranten einen Verein gründen und unabhängig von der SBS einen Raum mieten. Die Stadt unterstützt dieses Vorhaben.