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Aufregung um Blutdruckmedikament

Präparate mit dem Wirkstoff Valsartan sollen krebserregende Stoffe enthalten. Experten warnen dennoch vor Panik.

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© Claudia Hübschmann

Von Stephan Hönigschmid

Meißen. Die Verunsicherung ist groß. Nachdem öffentlich bekannt geworden ist, dass in Sachsen Blutdruckmedikamente des Typs Valsartan vertrieben worden sind, die krebserregende Stoffe enthalten, machen sich auch im Landkreis Meißen viele Menschen Sorgen.

Betroffen sind laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 16 Firmen mit 106 Arzneimitteln. Diese haben den Wirkstoff für das Medikament von der chinesischen Firma Zhejiang Huahai Pharmaceutical bezogen.

Liste chargenbezogener Rückrufe Valsartan-haltiger Arzneimittel

Trotz der Aufregung mahnt Elke Kressmann von der Coswiger Kronen-Apotheke zur Ruhe. „Grundsätzlich gilt, dass die Patienten ihre Blutdruckmittel unbedingt weiter einnehmen und die verbliebene Packung aufbrauchen sollten. Es wäre für sie viel gefährlicher, wenn sie das Medikament jetzt abrupt absetzen“, sagt die Apothekerin, die in den vergangenen Tagen viele Fragen von Kunden beantworten musste. „In Gesprächen habe ich darauf hingewiesen, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte unverzüglich vor der Einnahme des Medikamentes gewarnt hätte, wenn es eindeutig zu einer Krebserkrankung führen würde“, sagt Kressmann.

Ähnlich sieht das auch der Geschäftsführer der sächsischen Landesapothekerkammer, Frank Bendas: „Der Fall wurde ja geprüft und es hat bewusst keine öffentliche Warnung gegeben.“ Die krebserregende Belastung durch die sogenannten Nitrosamine, die sich bei der Herstellung des Wirkstoffes in China gebildet haben, sei vergleichbar mit der Gefahr beim Verzehr von gegrilltem Fleisch oder beim Rauchen, sagt Bendas, der vermutet, dass die Umstellung des Produktionsprozesses im Jahr 2012 den Fehler begünstigt haben könnte.

„Solche Stoffe werden ja nicht hinzugegeben. Die könnten eher durch Unreinheiten bei der Synthese entstanden sein“, so Bendas, der es kritisch sieht, dass aus Kostengründen bis zu 80 Prozent der Wirkstoffe für Medikamente außerhalb Europas hergestellt werden. „Wenn die Chinesen sagen, ihr kriegt nichts mehr, haben wir ein Problem.“ Obwohl auch Elke Kressmann versucht hat, ihren Kunden den Fall sachlich zu erklären, wollten dennoch einige ihre Medikamente umtauschen. „Das ist aber nicht möglich. Der Patient muss erneut zum Arzt gehen und sich ein neues Rezept ausstellen lassen“, erklärt Kressmann, die seit Inkrafttreten der Sperre bereits alle fraglichen Medikamente an die Hersteller zurückgegeben hat.

In Sachsen sind nach Angaben der Krankenkasse Barmer etwa 48000 Versicherte von dem Rückruf betroffen. Für den Landkreis Meißen liegen keine Zahlen vor. Bei den zurückgerufenen Medikamenten handelt es sich um die Arzneimittel Valsartan AbZ, Valsartan Heumann und Valsartan comp.AbZ. Die Barmer weist darauf hin, dass sie nicht nur die Kosten für eventuell notwendige Alternativmedikamente übernimmt, sondern auch die dafür anfallenden Zuzahlungen. Allerdings sollte es sich dabei ebenfalls um ein rabattbegünstigtes Arzneimittel handeln. Die Kosten für das um die 90 Euro kostende Originalpräparat von Novartis werden nur in Ausnahmefällen übernommen. Andere Krankenkassen wie die Aok Plus trifft die Rückrufaktion laut eigener Aussage nicht.

Neben den Kassen können auch die Ärzte den Patienten weiterhelfen. Wie die Kassenärztliche Vereinigung Sachsens auf SZ-Anfrage mitteilt, sei es Ärzten erlaubt, neue Rezepte auszustellen, ohne Angst vor einem Regress haben zu müssen.

Aufmerksam verfolgt wird die aktuelle Diskussion auch in den Elblandkliniken. Auf Anfrage wollten die Verantwortlichen jedoch nicht eindeutig sagen, ob die fraglichen Medikamente im Einsatz waren beziehungsweise aus dem Verkehr gezogen wurden. Stattdessen heißt es: „Wir versichern, dass unsere Kliniken ausschließlich Präparate im Einsatz haben, die das Patientenwohl nicht gefährden.“

Spezielle Meldesysteme, zum Beispiel von der Landesapothekerkammer, würden tagaktuell über mögliche Risiken informieren. Auf diese Weise sei es gewährleistet, dass Arzneimittelrückrufe oder Chargenüberprüfungen vom hausinternen Apothekenteam registriert würden.