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Auf der Suche nach den Spuren der Vergangenheit

Freiwillige aus Mohorn stöbern in der Geschichte des Ortes. Jetzt suchen sie Zeitzeugen für die Identifikation von Fotos.

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© Andreas Weihs

Von Hauke Heuer

Mohorn. Die Mohorner Geschichte ist bewegter als ein Gang durch das kleine Örtchen glauben macht. Kaiserreich, Weimarer Republik, das Dritte Reich, die Nachkriegszeit und nicht zuletzt die Wende haben auch hier die Verhältnisse gehörig durcheinandergewirbelt. Damit die Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten, macht sich eine Gruppe aus acht Mohornern daran, die Geschichte ihres Ortes aufzuarbeiten und für die Nachwelt zu sichern.

Die gebürtige Mohornerin Margit Möbius, als ehemalige Bürgermeisterin und Ortsvorsteherin selbst ein Teil der Ortsgeschichte, wühlt sich gemeinsam mit ihren Mitstreitern einmal im Monat durch alte Akten und Aufzeichnungen und versucht, Licht hinter den Vorhang der Geschichte zu bringen. „Der Grund für unser Engagement liegt eigentlich im Wegzug des ehemaligen Ortschronisten Roland Göhler Ende der 90er-Jahre. Mittlerweile ist auch er verstorben“, erinnert sich Möbius. Nachdem die Stadtchronik bis 2004 für mehrere Jahre unberührt blieb, nahmen vor allem Rentner auf freiwilliger Basis, die Arbeiten an den Annalen der Stadt wieder auf und förderten teils Erstaunliches zutage.

Seit 2008 erschienen regelmäßig die Mohorner Heimathefte, als Essenz dieser Arbeit. Die kleinen Publikationen mit einer geringen Auflage beschäftigten sich bisher mit Themen wie dem Porphyrfächer oder historischen Persönlichkeiten, wie zum Beispiel den Miterfinder des Meißner Porzellans Bergrat Gottfried Pabst von Ohain. Darüber hinaus fanden regelmäßig Ausstellungen und Vorträge in der Galerie des Mohorner Rathauses statt. Die nächsten sind für den September geplant. Die genauen Termine allerdings stehen noch nicht fest, werden aber angekündigt.

Trotz aller Mühen der Hobby-Historiker bleiben viele Ereignisse in der Mohorner Geschichte im Dunklen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verschwanden viele Akten. Auch alte Fotografien sind schwer zuzuordnen. Aufgrund dessen sind die Mohorner Ortschronisten seit diesem Jahr dazu übergegangen, Aufnahmen im Wilsdruffer Amtsblatt zu veröffentlichen. „Wir haben die Hoffnung, dass sich doch noch jemand findet, der etwas weiß, einige Erfolge haben wir bereits zu vermelden“, berichtet Möbius. So hatte sich ein ehemaliger Klassenkamerad bei ihr gemeldet. Er erkannte sich selbst auf einer Aufnahme, die aus den Nachkriegsjahren stammte. Im Schlepptau hatte er seine Großmutter, die in einem Handwagen saß und von ihm zum gemeinsamen Mittagessen gezogen wurde – Eindrücke, die es so heute nicht mehr gibt. Bei anderen Aufnahmen haben es Möbius und ihre Mitstreiter allerdings nicht so leicht.

„Insbesondere Quellen aus der Kaiserzeit und dem Dritten Reich wurden von unseren Vorgängern bisher kaum aufgearbeitet. Zu DDR-Zeiten wollte man damit bekanntlich eher nichts zu tun haben“, berichtet Möbius. So zeugen Fotoaufnahmen von einem durchaus großzügig geplanten Lager des Reichsarbeitsdienstes, das sich in der Nähe der alten Molkerei befunden haben soll. Der Komplex wurde nach dem Krieg dem Boden gleichgemacht. „Wir konnten bisher nichts Näheres darüber herausfinden“, sagt Möbius. Ebenfalls aus der Zeit des Dritten Reiches stammt eine Alte Ziegelei, die 1945 in Brand gesteckt und 1951 endgültig gesprengt wurde. Auch über dieses Gebäude ist wenig bekannt.

Eine andere Aufnahme zeigt Kinder, die mit Blumen geschmückte Handkarren durch den Ort ziehen. Weiter hinten im Umzug werden Banner mit den Antlitzen von Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl durch die Straßen getragen. Da einige Personen auf dem Foto bekannt sind, schätzt Möbius, dass die Aufnahme vom Gründungstag der DDR am 7. Oktober 1949 stammt. Denkbar wäre aber auch, dass es sich um die Feierlichkeiten zum ersten Mai im folgenden Jahr handelt.

Wer sich an der Arbeit der Mohorner Hobbyhistoriker beteiligen will, kann an jedem dritten Montag im Monat in den Ratssaal des Rathauses kommen. „Besonders freuen wir uns natürlich über ausgebildete Historiker, die einen besseren theoretischen Hintergrund mitbringen als wir, aber auch andere Interessierte sind herzlich willkommen“, erklärt Möbius. Am liebsten wäre es ihr, wenn sich jemand findet, der eine vollumfängliche Ortschronik erstellt, die an die Arbeit des Ortschronisten Göhler anknüpft.