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Angst vorm Feuerteufel

Dreimal haben Lauben in einer Löbauer Gartenanlage gebrannt. In nur wenigen Wochen.

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© Rafael Sampedro

Von Susanne Sodan

Löbau. Peter Wagner feiert nächstes Jahr sein Garten-Jubiläum. Er überlegt. „Ja, 1978 habe ich angefangen“, sagt er. Seit 40 Jahren also hat er seinen Kleingarten in der Laubenkolonie „Gustav Wenzel“ in Löbau. Ob er dieses Jubiläum auch feiern wird? Dafür müsste er erstmal seine Laube wieder herrichten. Und die Sitzecke nebenan, die muss er völlig neu aufbauen. Denn davon sind nur noch verkohlte Reste übrig. Ein paar Balken, die bis vor ein paar Tagen das Dach der Sitzecke gehalten haben, sind schwarz und bröcklig übrig geblieben. Darunter steht eine Metallkonstruktion, die einst eine Hollywood-Schaukel war.

Vor einer Woche, in der Nacht zum 22. Dezember ist der Schuppen von Wagners Gartennachbarn niedergebrannt. Das Feuer griff über auf das Carport, also die Sitzecke von Wagner. Auch an seiner Laube direkt neben dem Carport hat der Brand Spuren hinterlassen. Die beiden Kleingärtner sind nicht die einzigen Betroffenen. Insgesamt hat es in den vergangenen Wochen dreimal gebrannt in der Gartenanlage an der Rumburger Straße: Der erste Fall war am 25. November, als gegen 23.30 Uhr die Feuerwehr ausrücken musste, weil eine Gartenlaube niederbrannte. In den Morgenstunden vom 2. Dezember, ein Sonnabend, stand erneut eine Datsche in Flammen. Am Tag darauf gab es auch noch einen weiteren Fall, allerdings nicht in der Gartenanlage: Am 3. Dezember brannte ein ungenutztes Gebäude an der Äußeren Zittauer Straße. Und nun, vor einer Woche, brannten in der Gartenanlage „Gustav Wenzel“ schließlich der Schuppen und die Sitzecke der beiden benachbarten Kleingärtner. Die Polizei geht in allen Fällen von Brandstiftung aus, teilt Madeleine Urban, Pressesprecherin bei der Polizeidirektion Görlitz, mit.

Die Gartenanlage ist zweigeteilt. das liegt an der Entwicklung der Stadt. Der erste, heute aber kleinere Teil der Anlage, stammt von 1926. Als das Wohngebietes Löbau-Süd mit seinen Neubau-Blöcken enstand, wurde die Anlage auf der gegenüberliegenden Seite der Rumburger Straße erweitert. 1964 wr das, so steht es in schmiedeeisernen Zahlen am haupteingang dieses zweiten Anlagenteiles. Jetzt ist hier Ruhe, es sieht ein bisschen kärglich aus ohne das Grün der Laubbäume. Aber im Sommer macht man es sich hier schön, das sieht man auch im Winter. Fast jede der Parzellen hat eine kleine Datsche – mit gardinen an den fenstern. In manchen Gärten steht eine Schaukel. Ein Kleingärtner scheint ein besonders großer Fan des Bauhaus-Architekten Hans Scharoun zu sein. Ein großes gelbes Banner mit seinem namen als Auschrift hängt an seiner Datsche. Ein stilisierter Eisenbahner zeigt mit seinen Ruderarmen die Windstärke an. Ein älteres Ehepaar kommt aus dem Haupteingang der Gartenanlage heraus, der Mann trägt eine Kiste mit einem Rasenmäher. Die beiden gehen auf die Neubaublöcke gegenüber zu, sie wollen sich nicht gerne von der Zeitung aufhalten lassen. Ein wenig erzählen sie dann aber doch. Dass sie jetzt jeden Tag zur Kontrolle in ihren Garten gehen. Dass sie wichtige Dinge, die sich transportieren lassen, aus der Laube mit nach Hause nehmen. „Sie sehen es ja“, sagt der Mann und deutet auf den Rasenmäher, den er trägt.

Peter Wagner steht an der Laubentür und schraubt ein Brett an. Die Tür ist am Schloss gesplittert. Wagner vermutet, dass die Feuerwehr sie für die Löscharbeiten öffnen musste. „Ich versuche, hier alles provisorisch zu sichern, dass es erstmal für den Winter reicht“, erzählt er. „Schauen Sie sich ruhig um. Aber es riecht sehr stark.“ Nach Brand eben. Bis in seine Laube ist das Feuer zwar nicht vorgedrungen, trotzdem klafft in der der Deckenverkleidung ein großes Loch. Wagner nimmt an, dass die Feuerwehrleute es schlagen mussten, um zu kontrollieren, ob das Feuer nicht von der Sitzecke daneben oder dem Nachbar-Schuppen dahinter auf das Laubendach übergegriffen hat. „Aber das ist noch das geringste Problem“, sagt Wagner. An einer der Innenwände der Laube ziehen sich dunkle Rußspuren von oben nach unten. An der Fassade draußen zum Teil auch. Das Dach ist an mehreren Stellen angekokelt, Fenster sind zersplittert. Wagner hat schon Bretter davor genagelt. Eine der Elektroanlagen der Gartenkolonie, die hinter seiner Laube angebracht war, ist dahin. Genauso wie die Sitzecke neben der Laube. Von der ist im Grunde nichts übrig geblieben. „Zum Glück hatte ich dort die Gartenstühle und die Bänke nicht drin.“ Die würden sonst wahrscheinlich ähnlich aussehen wie die einstige Hollywoodschaukel. Auf einem verkohlten Brett klebt eine metallische Masse. „Das war mal eine Laterne“, sagt Peter Wagner. Er schätzt den Schaden, der alleine am Carport entstanden ist, auf rund 2 500 Euro. Auch bei seinem Nachbarn – dessen Schuppen und Wagners Laube stehen beinahe Rücken an Rücken – ist der Schaden sichtbar groß.

Ein Kleingärtner mit Leib und Seele sei er, erzählt Peter Wagner. Von dem Brand hatte er von der Vereinsvorsitzenden der Gartenanlage „Gustav Wenzel“ erfahren. Sie rief ihn am 22. Dezember morgens an. Mehrere Tage danach sei es ihm wirklich nicht gut gegangen, erzählt Wagner. „Man hat dann so ein Kopfkino.“ Die Bilder ploppen immer wieder ungefragt auf.

Gedanken macht sich auch eine seiner Nachbarinnen. Sie vertreibt die Stille mithilfe ihres Radios. „Wenn so etwas in der unmittelbaren Nähe passiert ...“, sagt sie. Ja, Laubeneinbrüche und Zerstörungswut, das sei auch hier schon vorgekommen. Eine Hüpfburg für Kinder wurde zum Beispiel mal zerstört. Aber so gravierende Fälle wie die drei Brände jetzt habe es in der Gartenanlage an der Rumburger Straße bisher nicht gegeben, erzählt die Nachbarin. „Es ist ein ungutes Gefühl, in den Garten zu kommen.“ Zur Kontrolle ist sie aber nicht hier an diesem Tag. Sie gräbt ein Beet um. „Ich bin früher nicht dazu gekommen“, sagt sie. „Machen oder beeinflussen kann man nichts, oder?“, fügt sie hinzu. Sie erklärt, wie sie das meint: Wenn einer einbrechen wolle, dann würde er einen Weg in die Anlage finden. Wenn jemand ein Feuer legen will, auch. Die Polizei ermittelt zu den Fällen, sucht den oder die Täter. „In Anbetracht der laufenden Ermittlungen und um deren Erfolg nicht zu gefährden, werden keine weiteren Informationen herausgegeben“, teilt Madeleine Urban mit.