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96 000 Elektro-Kilometer durch Dresden

Der Strombus der Verkehrsbetriebe ist seit drei Jahren im Einsatz. In dieser Zeit hat er nicht nur Freude bereitet.

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© DVB/Jürgen Herrmann

Von Christoph Springer

Der Elektrobus hat ausgedient. Er wird nicht mehr gebraucht als Forschungsobjekt, es gibt auch kein Geld mehr für Projekte, die mit dem Fahrzeug der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) zu tun haben. Etwa 96 000 Kilometer hat er auf dem Tacho. Den Löwenanteil dieser Strecke ist er auch im Auftrag der Wissenschaft gefahren. Diese Zeit ist vorbei. Jetzt, nach drei Jahren im Dresden-Verkehr, ist der polnische Solaris ein Bus von vielen. Und doch fällt er auf, ist beliebt bei Fahrgästen, Fahrern und den Anwohnern seiner Stammstrecke zwischen Mickten und Übigau. Und er fährt weiter. Als ganz normaler Linienbus, der einen einzigartigen Antrieb hat.

Rund 270 PS leisten die zwei Elektromotoren an den Hinterachsen des Busses. Den Strom bekommen sie von fünf Batterien. Zwei davon sind auf dem Dach montiert, drei weitere im Heck. Sind sie voll geladen, schafft der Stromer damit etwa 120 Kilometer. „Das reicht gerade so für eine Schicht“, sagt Robert Roch, der bei den Verkehrsbetrieben unter anderem für die 140 Fahrzeuge der Busflotte zuständig ist. An den heißen Tagen im Juli und August kam die Batterietechnik allerdings an ihre Grenzen, denn da wurde besonders viel Energie auch für die Batteriekühlung gebraucht.

„Wir haben viel gelernt“, stellt Roch mit Blick auf die drei Einsatzjahre des Busses fest. Größtes Problem sei die Batterie- und Ladetechnik. Die Ladestation am Dreyßigplatz ist kaputt, nicht zum ersten Mal. Die Verkehrsbetriebe warten auf Ersatzteile. Die Heizung des Elektrobusses war inzwischen drei oder vier Mal defekt, erinnert sich Roch, auf neue Batterien müsse man schon mal vier Wochen warten. Und die Kapazität der Batterien muss besser werden. Roch rechnet in rund fünf Jahren mit leistungsfähigeren Akkus. „Aber an die Energiedichte von Diesel kommen wir nie ran“, prophezeit der Bus-Chef der DVB. Im Klartext: Was die Akkus speichern und abgeben können, reicht niemals an die Energie heran, die bei der Dieselverbrennung freigesetzt wird. Neben Reparaturen und Wartezeiten auf Ersatzteile hat auch das dazu beigetragen, dass der Elektrobus noch nicht einmal halb so viele Kilometer auf den Tacho hat, wie ein vergleichbarer Dieselbus nach drei Jahren.

Für den Chef der DVB-Bussparte steht inzwischen fest: Kaufen die Verkehrsbetriebe jemals Busse mit Elektroantrieb für den Regeleinsatz, dann müssen sie zusätzlich eine Dieselheizung haben, wassergekühlte Batterien und einen Stromabnehmer auf dem Dach.

Zur Zeit kommt ein E-Bus-Kauf für die DVB aber nicht infrage. Zwar hat das Unternehmen in Berlin einen Fördermittelantrag für acht Elektrobusse eingereicht. Aber es gab kein Geld für Dresden. Andere Städte mit umfangreicheren Anträgen hätten Vorrang bekommen, sagt Roch. „Dafür sind wir jetzt in der Pole Position“, ist der Bus-Chef der Verkehrsbetriebe überzeugt. Das soll heißen: wenn es wieder Geld für Elektrobusse aus Berlin gibt, dann ist Dresden sicher am Zug.

Diese Fahrzeuge könnten dann zunächst auf kürzeren Strecken eingesetzt werden. Etwa auf der Linie 74 zwischen Jägerpark und Marienallee oder der Linie 76 zwischen dem Haltepunkt Pieschen und der Justizvollzugsanstalt am Hammerweg. „Wir brauchen verlässliche Ladezeiten“, erklärt Roch die wichtigste Voraussetzung für den E-Bus-Einsatz. Jede Minute, die am Endpunkt durch Verspätungen fehlt, fehlt dann auch beim Aufladen der Batterien. Das kann dazu führen, dass ein Elektrobus auf der Strecke bleibt. Das schlimmste Szenario, das sich Bus-Chef Robert Roch vorstellen kann.

Wenn Anfang oder Mitte der 2020er-Jahre die ersten serienreifen E-Busse in Dresden ankommen, rechnet er mit ausgereifter Technik. Roch findet gar nicht schlecht, dass seine Kollegen in anderen Städten den Vortritt haben bei der Beschaffung von Fahrzeugen mit Stromantrieb. Die Kinderkrankheiten sind dann ausgemerzt, ist er überzeugt. 400 Kilometer müsste ein E-Bus dann aber pro Tag schaffen, gibt er die Richtung vor. Vorausgesetzt, das Laden an den Endpunkten funktioniert und dafür bleibt genügend Zeit, wenn der Bus im Dresdner Alltagsverkehr mitschwimmen muss.

Eines steht aber jetzt schon fest: An die Steckdose werden solche Busse dann nur noch im Betriebshof angeschlossen. Draußen, an den Endpunkten, werden die Batterien stets über Stromabnehmer aufgefüllt. Sie ähneln den O-Bus-Bügeln, die ältere Dresdner noch von der Linie 61 in den 70er-Jahren kennen. Damit sind sie ein technisches Novum, das den Dresdnern zumindest optisch nicht fremd ist. O-Busse neuester Bauart, mit Elektromotoren, aber einer gänzlich anderen Stromversorgung.