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Raus aus dem Heim, rauf auf den Platz

Mit einem Projekt geht der VFC Plauen auf Flüchtlinge zu: Sie können beim Oberligisten in einem „Integrationsteam“ Fußball spielen. Das Interesse ist groß.

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© dpa

Jörg Aberger

Plauen. In gelben Trikots rennen junge Männer über den Rasen des Plauener Vogtlandstadions, spielen sich den Fußball zu, versuchen Tore zu schießen. Fast könnte der Beobachter meinen, er schaue bei einer ganz normalen Trainingseinheit des VFC Plauen zu.

Doch dann fällt auf: Die Akteure sprechen miteinander Arabisch. Und das Trikot trägt nicht den Namen des VFC-Sponsors, sondern die Aufschrift „1903% Respect“.

„Eigentlich ist Trainingssprache ja Deutsch“, sagt Trainer Ulrich Sörgel. Doch nur wenige der Männer, die auf dem Platz stehen, haben sich die Sprache schon in ausreichendem Maße aneignen können. Einige sprechen schon gut Deutsch, bei anderen helfen ein paar Brocken Englisch, ansonsten übersetzen sie die Anweisungen des Trainers eben für den Rest der Truppe auf Arabisch.

So wie der 30-jährige Mohammed. Der Tunesier ist nun schon seit zwei Jahren in Deutschland, hat die Sprache gelernt, wartet aber noch immer auf seine Anerkennung als Flüchtling. „Ich habe als Elektriker gearbeitet, als Taxifahrer“, berichtet er. Wenn er dürfte, würde er sich sofort um Arbeit bemühen. Auch der Marokkaner Junis möchte arbeiten. Der 28-Jährige ist ausgebildeter Schweißer, aber das Asylrecht lässt es nicht zu, dass er einen Job annehmen kann.

Nachfrage kam von den Asylsuchenden

Um die Männer aus der Isolation der Asylbewerberheime herauszuholen, machen die Plauener ihnen das Angebot, in der kürzlich eingerichteten Integrationsmannschaft zu kicken. „Beim SV Babelsberg gab es die Idee schon früher, dort haben wir uns auch Tipps geben lassen“, berichtet Projektleiter Eric Holtschke. Die Nachfrage sei von den Asylbewerbern gekommen, der Verein habe sich zu der Aufgabe bekannt.

Nicht alle waren jedoch damit einverstanden. „Es hat auch ein anonymes Schreiben von jemandem gegeben, der äußerte, er sei VFC-Mitglied und werde nun aus dem Verein austreten“, erzählt Holtschke, der auch im Vorstand des Vereins sitzt. Kritische Stimmen habe es auch vor dem Hintergrund gegeben, dass der VFC Plauen im Dezember vergangenen Jahres Insolvenz anmelden musste. Doch das seien Einzelmeinungen.

Unklar ist noch, ob es das Integrationsteam eventuell auch im Ligabetrieb geben wird. Während Holtschke dies anstrebt, ist Trainer Sörgel skeptisch. „Ich denke, es wäre besser, wenn sich einzelne Spieler in den Mannschaften in und um Plauen integrieren ließen“, sagt er. Viele der Flüchtlinge hätten schon in ihren Heimatländern aktiv gespielt, viele könnten für die Vereine in der Region ein Gewinn sein, ist sich Sörgel sicher.

So einer wie Barry etwa. Der 29 Jahre alte Libyer hat in seiner Heimat zehn Jahre als Profi gespielt, war sogar zwei Jahre im englischen Birmingham engagiert. Die ehrenamtlichen Trainer des Integrationsteams setzen Hoffnungen auch auf den 38-jährigen Jihad. Der Palästinenser, der aus Libanon nach Deutschland kam, hat eine Trainerlizenz und zehn Jahre Berufserfahrung. „Den Job würde ich sehr gerne auch hier im Team machen“, erklärt er.

Erste Anfragen von Vereinen aus der Region, die gegen die Flüchtlinge kicken wollen, liegen schon vor. Fortschritt Lichtenstein hat die Mannschaft zum Freundschaftsspiel eingeladen, Sörgel will gerne ein Treffen mit seinem Heimatverein SV Theuma in die Wege leiten. Auch so soll Integration gefördert werden. (dpa)