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Tot in 50 Metern Tiefe

Der Steinbruch in Kamenz zählt zu den tiefsten Gewässern Sachsens. Jetzt kam es hier zu einem Drama.

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© Rico Löb

Von Thomas Drendel und Bernd Goldammer

Als wäre nichts geschehen: keine Absperrbänder mehr, keine Polizeiwagen. Am Steinbruch in Kamenz ist von den dramatischen Ereignissen am Sonnabend nichts mehr zu bemerken. Die Polizei hat das Gewässer wieder freigegeben. Zwei polnische Sporttaucher waren bereits am Montagmittag wieder im Wasser.

Am Sonnabend bot sich auf dem Gelände ein ganz anderes Bild. Zahlreiche Beamte hatten die Basis abgesperrt. Mehrere Polizeiwagen und Feuerwehrfahrzeuge hielten auf dem Parkplatz. „Drei Taucher hatten sich am Vormittag bei mir angemeldet“, sagt Jost Krause, Inhaber der Tauchbasis. „Ich kannte sie. Sie waren schon mehrmals bei uns.“ Den Service der Basis benötigten sie nicht. Sie hatten ihre komplette Ausrüstung.

Die drei Männer trugen sich auch vorschriftsmäßig in die Listen des Betreibers ein und bestätigten dabei auch, dass sie weder Drogen noch Alkohol genommen haben. Anschließend hielten die drei Taucher ihre übliche Tauchbesprechung ab und sind dann ins Wasser. „Beim Auftauchen ist dann offenbar einer von ihnen vermisst worden. Ich habe Geschrei gehört“, sagt Jost Krause. Er alarmierte daraufhin sofort die Polizei. Gegen 11.45 Uhr eilte auch die Freiwillige Feuerwehr zu der Taucherschule. Taucher entdeckten den Vermissten schließlich leblos in einer Tiefe von etwa 50 Metern. In diese Tiefe können Polizeitaucher und Rettungskräfte nicht hinabsteigen, teilte ein Polizeisprecher mit. „Das geht derzeit nur mit Roboterhilfe.“ Sachsens Polizei habe keinen Tauchroboter. Aus dem Grund wurden private Taucher aus Zittau und Kubschütz nach Kamenz geholt. Drei erfahrenen Sporttauchern gelang es am späten Nachmittag, den leblosen Vermissten an die Oberfläche zu bringen. Für den gesuchten 58-Jährigen kam jede Hilfe zu spät. Ein Notarzt konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen.

Wie es zu dem Unglück kam, ist noch unklar. Nach Angaben der Polizei wird der Leichnam des 58-Jährigen in dieser Woche obduziert. Denkbar ist, dass der Sportler gesundheitliche Probleme bekommen hat oder technisches Versagen vorliegt. Hinweise auf Fremdverschulden gibt es nach Angaben der Polizei nicht. Das haben auch erste Befragungen der 52 und 35 Jahre alten Begleiter ergeben, mit denen der Verstorbene zusammen zu dem Tauchgang aufgebrochen war.

Laut Jost Krause müssen Taucher, die in Tiefen in 30 Meter und mehr wollen, besonders ausgebildet sein. Kommt es zu Problemen, werden die in der Regel dort unten geklärt. Denn ein schnelles Auftauchen ist nicht möglich. „Kommt ein Sportler zu schnell an die Oberfläche, kann das lebensbedrohlich sein.“ Es gilt die Regel: Pro zehn Meter Aufstieg sollte sich jeder Taucher mindestens eine Minute Zeit lassen.

Auch sind Taucher in diesen Tiefen immer mindestens zu zweit unterwegs. So kann bei technischen Problemen der Zweite über einen Ersatzatemregler den anderen mit Luft versorgen. Nach Angaben von Jost Krause ist auch eine Panikattacke nicht auszuschließen. „In großen Tiefen muss der Taucher unter allen Umständen Ruhe bewahren. Bei Angstzuständen kann es zu unkontrollierten Handlungen und folgenschweren Fehlern kommen.“

Die Tauchbasis in Kamenz wird von Sportlern besonders für das Tiefentraining genutzt. Mit ihren 70 Metern gehört der Steinbruch zu den tiefsten in der Gegend. „Erst bei Leipzig gibt es einen mit einer Tiefe von 74 Metern“, sagt der Kamenzer. Bei ihm bereiten sich die Sportler beispielsweise vor, um im Meer nach Schiffswracks zu tauchen.

Der verunglückte Sportler stammte aus Dresden, sagt René Krause von der Polizeidirektion in Görlitz. Unklar ist allerdings, zu welchem Verein er gehörte. Michael Weiß, Vorsitzender des Tauchclubs Dresden-Mitte, ist vom Tod des Sportlers tief betroffen. „Der Kreis der Taucher in Dresden ist nicht allzu groß. Viele kenne ich persönlich. Mit großer Wahrscheinlichkeit gehörte er nicht zu unserem Verein. Etliche unserer Mitglieder waren an diesem Wochenende in der Leipziger Gegend unterwegs. Dass jemand von uns nach Kamenz gefahren ist, ist mir nicht bekannt.“

Auch unter den Tauchern in Kamenz und Umgebung ist die Betroffenheit groß. Am Ostersonntag und auch am Montag trafen immer wieder Tauchfreunde am Steinbruch ein. In den sozialen Netzwerken gab es ebenfalls zahlreiche Beileidsbekundungen. (mit dpa)