Merken

Schwere Vorwürfe gegen Kita

Eine Bisswunde am Arm, Kratzer im Gesicht, ein blutiges Ohr – eine Mutter beklagt die Situation in der Einrichtung in Pulsen. Der Bürgermeister ist baff.

Teilen
Folgen
© Symbolfoto/dpa

Von Eric Weser

Röderaue. Eine Bisswunde am Arm, Kratzer im Gesicht, ein blutiges Ohr – in diesem Zustand habe sie ihren Sohn vor wenigen Tagen aus der Kita abgeholt, sagt Julia Uebigau. Aus ihrer Sicht handelt es sich um Körperverletzungen, die die Kita in Pulsen zu verschulden hat. Sie sind der Grund, warum die Mutter ihren Ärger jetzt im Gemeinderat in die Öffentlichkeit getragen hat. Dort nutzte sie die Bürgerfragestunde, um eine Stellungnahme zu verlesen.

„Wir sind uns völlig klar, dass Verletzungen unter Kindern zum Alltag gehören. Gebe ich mein Kind allerdings unversehrt in der Kita ab und bekomme es in einem solchen Zustand zurück, werden bei mir als Mutter Grenzen überschritten, die niemand wegdiskutieren kann“, sagte Julia Uebigau im Beisein ihres Mannes.

Hauptursache für die Zustände ist ihrer Meinung nach das fehlende Personal. Zeitweise betreue nur eine Erzieherin 15 Krippenkinder – obwohl das Gesetz eine Quote von eins zu sechs vorsieht. Dass die Gemeinde Aushilfskräfte einsetze, helfe weder Kindern noch Erziehern, kritisiert die Mutter, die eine Reihe weiterer angeblicher Missstände aufzählte. So bekämen die Kinder in der Sommerhitze nicht ausreichend zu trinken. Schwierige Kinder würden in Gitterboxen gesteckt. Ständig gebe es neue Betreuer und Aushilfskräfte, eine zielgerichtete pädagogische Arbeit sei unter diesen Umständen nicht möglich. Es mangele außerdem am Geld für kleinere Reparaturen oder Mobiliarkäufe.

Bürgermeister Lothar Herklotz (CDU) reagierte überrascht auf die teils scharfe Kritik an der Kindereinrichtung. „Ich bin gebügelt.“ Viele Vorwürfe würden ihn stutzig machen, einiges höre er zum ersten Mal. Herklotz verteidigte vor allem die Personalsituation. Der gesetzlich geforderte Betreuungsschlüssel werde erfüllt, sagte Herklotz, der nicht nur Bürgermeister ist, sondern auch Geschäftsführer Gemeinde-Tochterunternehmens Leuchtpunkt, das wiederum die Kita betreibt.

Schuldzuweisung ans Land

Schon länger mahne man gegenüber dem Land Sachsen, das für die Kita-Gesetzgebung zuständig ist, an, dass der Betreuungsschlüssel nicht immer erfüllt werden könne. Denn Urlaub und Krankentage der Erzieher würden bisher nicht berücksichtigt. „Das interessiert aber bei der Landesregierung niemanden“, so Herklotz.

Der Gemeinde- und Leuchtpunkt-Chef nahm unterdessen das Kita-Personal und die Pulsener Einrichtung als Ganze in Schutz. Bei der Eröffnung des neuen Krippenraums vor wenigen Wochen habe er ganz andere Aussagen über die Kita gehört, sowohl von Eltern als auch Erziehern. Wenn es solche Probleme gebe, warum rede dann das Kita-Personal nicht mit seinem Arbeitgeber, fragte Herklotz. Der 65-Jährige sagte, er wolle jetzt zunächst den Sachverhalt mit der Pulsener Kita-Leitung klären. Nächste Woche wolle sich die Gemeinde dann dazu äußern.

Erklären müssen wird sich die Gemeinde auch gegenüber dem Jugendamt des Kreises Meißen. Dort hat Julia Uebigau Anzeige erstattet. Dass eine Anzeige zur Kita Pulsen vorliegt, bestätigte das Landratsamt am Freitag. Laut einer Sprecherin ist auch das Landesjugendamt als Aufsichtsbehörde an der Aufklärung der Vorwürfe beteiligt.

Julia Uebigau sagte im Gemeinderat, sie wolle ihr Vorgehen als Chance begriffen wissen, die Zustände in der Kita zu verbessern. Ihr Vorschlag: Ein Gremium aus Eltern, Erziehern, Jugendamts-Mitarbeitern und Gemeindevertretern, um die Organisation und das pädagogische Konzept auf Vordermann zu bringen. Bessere sich jedoch in nächster Zeit nichts, behalte sie weitere rechtliche Schritte vor, so Uebigau.

Aus dem Umfeld der Pulsener Kita war am Freitag zu vernehmen, dass die Kritik in dieser Schärfe unberechtigt sei. Die Leitung wollte sich öffentlich nicht zu den Vorwürfen äußern.