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Rassismus an der Wohnungstür

Das Antidiskriminierungsbüro stellt bei verdeckten Tests drastische Vorbehalte gegen Geflüchtete fest.

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© Symbolfoto: dpa

Von Sven Heitkamp, Leipzig

Flüchtlinge, die auf Wohnungssuche gehen könnten, werden oft nicht mal zu Besichtigungsterminen zugelassen – obwohl die Wohnung frei ist. Das haben verdeckte Tests des säschsischen Antidiskriminierungsbüros (ADB) ergeben. „Rassismus ist Realität auf dem Wohnungsmarkt – trotz eines klaren Diskriminierungsverbotes“, sagt Sotiria Midelia, die Geschäftsführerin der Nichtregierungsorganisation. Ihre Kollegen hätten mehrfach den Satz zu hören bekommen: „Dem Eigentümer wäre eine Person mit deutschem Pass lieber.“

Für die Untersuchung hatten die Tester in ganz Sachsen auf 40 Wohnungsanzeigen reagiert. Innerhalb weniger Stunden oder Tage bewarben sie sich dreimal beim selben Makler und baten um einen Besichtigungstermin: Einmal rief ein deutscher Muttersprachler mit deutschem Pass an, einmal meldete sich ein Libyer mit Akzent und Fluchtbiografie, aber mit einem dreijährigen Aufenthaltsrecht. Und einmal rief eine Sozialarbeiterin für Geflüchtete an.

Während für den deutschen Bewerber meist schnell Termine vereinbart werden konnten, erhielten die Geflüchteten ausweichende Antworten: Meist wurde ihnen gesagt, die Wohnung sei schon vergeben oder noch nicht frei.

Bei Anrufen von Sozialarbeitern hielten manche Wohnungsvermittler mit ihrer Wahrheit nicht lange hinterm Berg: „An Flüchtlinge vermieten wir nicht.“ Oft wurden auch zusätzliche Papiere von Ämtern wie längere Aufenthaltsgenehmigungen, Bürgschaften und Garantien gefordert, die kaum zu beschaffen sind.

Insgesamt erlebten die ADB-Mitarbeiter in 24 Fällen und damit in 60 Prozent aller Tests rassistische Diskriminierungen. Dabei habe es keinen Unterschied gemacht, ob es private Vermieter oder Genossenschaften waren. „Das Gesetz verbietet Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt. Die Realität sieht anders aus“, sagt Midelia. Ihrer Einschätzung nach könnten schon heute deutlich mehr Geflüchtete dezentral in eigenen Wohnungen leben, wenn ihre Herkunft bei der Suche nicht so entscheidend wäre.

Dunkelziffer noch höher

Astrid Heck von der „Kontaktstelle Wohnen“ für Geflüchtete in Leipzig hält die Ergebnisse der Untersuchung sogar noch für zu niedrig. „Nach unseren Erfahrungen im Alltag liegt die Zahl bei 80 bis 90 Prozent der Fälle“, sagt sie. Schriftlich habe sie Antworten bekommen wie: Sie solle doch ihren gesunden Menschenverstand einschalten – man werde sich doch keinen „Bombenleger“ ins Haus holen. Das Antidiskriminierungsbüro wünscht sich nun ein deutliches Signal von der Landespolitik, dass rassistische Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt nicht geduldet wird.

Der Landesverband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft VDW, der vor allem kommunale und städtische Unternehmen vertritt, reagierte zumindest postwendend. „Wir fördern aktiv die Integration auf dem Wohnungsmarkt“, sagte Verbandsdirektor Rainer Seifert zu den Testergebnissen. Der Verband engagiere sich als Initiator des Netzwerkes „Ankunft – Zukunft“ sogar dafür, Zugewanderten eine Beschäftigung zu ermöglichen. „Es sind vor allem unsere Mitgliedsunternehmen“, so Seifert, „die den Geflüchteten ein menschliches und dezentrales Zuhause geben.“