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Ponyhof in Not

Heike und Thomas Hafner halten am Dorfrand von Oelsa einige Pferde – doch eine Behörde will die Tiere nicht.

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© Andreas Weihs

Von Annett Heyse

Oelsa. Der Weg zur Koppel ist nicht weit. Heike und Thomas Hafner gehen über den Hof, durchqueren die Remise und laufen vorbei an neu errichteten Pferdeboxen aus Holz, die ein bisschen an ein Westernfort erinnern. Dahinter erstrecken sich bis zum Rand der Dippoldiswalder Heide die Wiesen, auf denen sechs Pferde weiden. Nichts Ungewöhnliches eigentlich in einem Dorf wie Oelsa. Doch das Landratsamt will Koppel, Pferdeboxen und überhaupt die Tierhaltung untersagen. „Wenn es soweit kommt, sind wir hier erledigt“, sagt Heike Hafner. Man sieht ihr an, dass ihr zum Heulen zumute ist. Dabei war es doch ein schöner Traum, den die Hafners hatten. Thomas und Heike Hafner entdeckten 2013 einen alten Vierseithof an der Possendorfer Straße in Oelsa. Wohnhaus, Ställe, Scheune und Schuppen sind stark sanierungsbedürftig, aber das Grundstück bietet viel Platz zum Wohnen und Arbeiten. Thomas Hafner ist Handwerker aus Süddeutschland, seine Frau stammt aus dem Großraum Dresden. Die beiden verkaufen ihr Hab und Gut in Schwaben. Sie ziehen nach Oelsa, sanieren zuerst das Wohnhaus.

Weil Heike Hafner schon seit fast drei Jahrzehnten in der Pferdehaltung arbeitet, will sie ihre eigenen Tiere nachholen. Ihr schwebt ein kleiner Reiterhof vor. „Nichts Großes, eher für Familien, kein Massentourismus, deshalb heißt das Projekt auch Ponyhof“, sagt sie. Man wolle Freizeitreiter anlocken. Zudem schwebt den Hafners vor, therapeutisches Reiten zu organisieren. „Wir hatten in der Familie ein krebskrankes Mädchen, inzwischen ist es verstorben. Wie schön war es, das Kind hier zu sehen, ihm eine Abwechslung von all den Therapien zu bieten“, erzählt Heike Hafner. Ihr Mann baut 2015 insgesamt vier kleine Ställe hinter der Remise. Sie sind komplett aus Holz und nur auf den Boden aufgesetzt. Was die Hafners nach eigenem Bekunden nicht wissen – sie müssen dafür einen Bauantrag stellen. Als die Boxen bereits ein Dreivierteljahr stehen und die Pferde bereits eingezogen sind, zeigt ein Nachbar im April 2016 die Hafners wegen der Schwarzbauten an. Zunächst scheint es sich um eine Formalie zu handeln, für die auch nachträglich eine Baugenehmigung beantragt werden kann. „Man sagte uns am Telefon, wir müssten uns keine Gedanken machen und wahrscheinlich auch nichts abreißen“, erinnert sich Heike Hafner. Doch von da an wird der Fall immer komplizierter.

Zum einen hat das Ehepaar eine der Boxen zu dicht am Nachbargrundstück gebaut. Der Abstand beträgt nur knapp einen statt der vorgeschriebenen drei Meter. Zum anderen liegen die Weiden – teils gehören sie zum Grundstück, teils sind sie gepachtet –, im Landschaftsschutzgebiet Dippoldiswalder Heide und Wilisch. Aus Behördensicht ist die Sache damit klar: Alle vier Pferdeboxen müssen demontiert werden. Zudem dürfen sowohl auf den landschaftsgeschützten Wiesen als auch auf dem ehemaligen Bauernhof überhaupt keine Pferde gehalten werden, weil in unmittelbarer Nähe Wohnhäuser stehen.

„Das geplante Vorhaben ist wegen der Gerüche durch Pferde nicht genehmigungsfähig“, teilt das Landratsamt Anfang November mit. Die „gesunden Wohnverhältnisse“ für die Nachbarn seien nicht gewahrt. Auch einen kleinen Reitplatz hinter dem Hof sowie weitere Unterstände für die Tiere werden nicht genehmigt. Die Hafners sind entsetzt, weniger wegen der 400 Euro Strafe, die sie zahlen müssen. „Das ist ein Dorf, hier haben viele Leute Tiere. So war das immer“, argumentiert Thomas Hafner. Tatsächlich grasen in Sichtweite zu den Hafner-Pferden auch andere Tiere, darunter Alpakas, Schafe und – Pferde. Und tatsächlich steht auf dem unmittelbaren Nachbargrundstück kein Wohnhaus. Es ist ein unbebauter Garten mit Obstbäumen, Sträuchern und Fichten. Das nächste Wohnhaus steht auf der gegenüberliegenden Straßenseite, circa 20 Meter entfernt. „Es wäre jammerschade, wenn diese Initiative totgemacht wird“, sagt Ortsvorsteher Reiner Beyer. Man habe sich gefreut, dass etwas im Ort entstehe, vor allem auch für die vielen Kinder. „Ich persönlich befürworte die Tierhaltung“, sagt Beyer. So habe auch der Ortschaftsrat entschieden. Der Technische Ausschuss der Stadt Rabenau hatte ebenfalls nichts gegen den Ponyhof. „Wir waren überzeugt, dass das gut dorthin passt“, sagt Bürgermeister Thomas Paul (CDU).

Auch andere im Ort schütteln den Kopf, zum Beispiel jene Nachbarn, die laut Landratsamt den Gerüchen der Pferde ausgesetzt sind. Fünf Briefe hat Thomas Hafner erhalten, schriftlich befürworten mehrere Nachbarn den Ponyhof und bekunden, keine Einwände gegen die Tierhaltung zu haben. Auch eine Unterschriftensammlung wurde initiiert, innerhalb von drei Tagen unterzeichneten 250 Oelsaer, viele darunter wohnen an der Possendorfer Straße. Thomas und Heike Hafner wollen in Widerspruch gehen, die paradoxe Entscheidung – keine Tierhaltung auf einem Bauernhof in einem Dorf – nicht hinnehmen. „Pferde stinken doch im Gegensatz zu Schweinen oder Kühen nicht“, sagen beide.

Aus dem Landratsamt heißt es dazu, „dass es sich in Oelsa nicht um ein Dorfgebiet, sondern ein Mischgebiet handelt“, also eine Siedlung zum Wohnen und Arbeiten. Und es kommt noch dicker: Im Gegensatz zu einem richtigen Landwirtschaftsbetrieb ist die Pferdehaltung für Hobbyreiter nicht privilegiert. Das heißt, Landwirtschaft – durchaus auch solche mit Gerüchen – dürfte auf dem Hof und den Wiesen unter Umständen und bei Einhaltung der Naturschutzauflagen betrieben werden. Die Pferde der Hafners aber sollen weg. Das Landratsamt hat dafür eine Frist gesetzt: Bis zum 15. Dezember müssen alle Pferdeboxen zurückgebaut werden. Wo das Ehepaar mitten im Winter die Pferde unterstellen soll, lässt das Landratsamt offen.