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Kein Schadenersatz nach Wolfsattacke

Ein Cunewalder hat acht Tiere verloren. Dass er dafür keine Entschädigung bekommt, will er nicht hinnehmen.

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© Uwe Soeder

Von Katja Schäfer

Cunewalde. Friedlich grast das Damwild von Patrick Harig in der Abendsonne. Doch der Cunewalder hat weder Zeit noch Muße, sich an der Idylle zu erfreuen. Er ist sauer. Und enttäuscht. Anfang Oktober waren sieben seiner Tiere vom Wolf getötet und eins so verletzt worden, dass Patrick Harig es erschießen musste. Jetzt hat der Betreiber des Wildgatters den Bescheid erhalten, dass sein Antrag auf Schadenersatz abgelehnt wurde. „Das ist ärgerlich. Aber auch kurios“, sagt der 26-Jährige. Denn als er anderthalb Jahre zuvor schon mal sieben Tiere bei einem Wolfsangriff verloren hatte, bekam er Schadenersatz.

Voraussetzung dafür, dass Entschädigung gezahlt wird, sind laut Landesdirektion Sachsen (LDS), die darüber entscheidet, zwei Dinge. Zum einen muss klar sein, dass der Wolf den Schaden angerichtet hat oder als Verursacher nicht auszuschließen ist. Zum anderen müssen die Betroffenen „alle zumutbaren Vorkehrungen gegen den Schadenseintritt getroffen haben“, erklärt Ingolf Ulrich, stellvertretender Pressesprecher der LDS. Ersteres ist bei Patrick Harig der Fall. „Da gibt’s nichts zu diskutieren. Das war der Wolf“, hatte Rissgutacher Hagen Rothmann vom Landratsamt konstatiert, als er nach dem Angriff vor Ort war.

Es geht um viel Geld

Über den zweiten Punkt gehen die Meinungen auseinander. Der Damwild-Halter sagt: „Mein Gehege ist vorschriftsmäßig gesichert, der Zaun 1,80 bis zwei Meter hoch.“ Die LDS moniert jedoch, dass der Zaun an einer Stelle, wo ein Bach das Gatter quert, 20 Zentimeter Abstand zum Boden hat. „So konnte er das Durchschlüpfen von Wölfen nicht verhindern“, sagt Ingolf Ulrich. Deshalb wurde Schadenersatz abgelehnt.

„An dieser Stelle handelt es sich aber gar nicht um den Außenzaun“, betont Patrick Harig, der sich darüber ärgert, dass er „durch eine falsche Beurteilung der Gegebenheiten“ nun viel Aufwand hat. Denn er will die Entscheidung nicht einfach hinnehmen. Schließlich geht es um viel Geld. Etwa 1 300 Euro Schadenersatz erhofft sich der Cunewalder, der das Wildgehege mit rund 70 Tieren als Landwirt im Nebenerwerb betreibt. Hauptberuflich ist er Maschinenbautechniker im Sohlander Getriebewerk. Gerade vor Weihnachten kommt er zeitlich ohnehin kaum um die Runden. Denn da sind im eigenen Schlachthaus etliche Tiere zu zerlegen. Das Fleisch wird direkt ab Hof verkauft. Dennoch hat sich der 26-Jährige dieser Tage auf den Weg nach Dresden gemacht, um in der Landesdirektion die Unterlagen einsehen zu können. „Sie mir zuzuschicken, war nicht möglich“, äußert Patrick Harig Unverständnis.

41 Anträge in diesem Jahr

Bei Anträgen auf Schadensausgleich bezieht die LDS den Sachbearbeiter Wolfsmanagement beim Staatsbetrieb Sachsenforst ein. „Dieser koordiniert das Verfahren und holt die notwendigen Unterlagen zur Aufnahme und Dokumentation des Schadens ein“, erklärt Ingolf Ulrich. Nach Auswertung aller Dokumente und der fachlichen Empfehlung des Sachbearbeiters Wolfsmanagement entscheidet die LDS dann darüber, ob Schadensausgleich gezahlt wird oder nicht.

41 Anträge – davon 20 aus dem Landkreis Bautzen – hatte die Behörde in diesem Jahr bisher vorliegen. Bei der Hälfte davon wurde ein Schadensausgleich bewilligt. Laut Jörg Förster von der Pressestelle des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft waren das insgesamt 13 600 Euro. Fünf Anträge wurden abgelehnt, weil nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Wolf den Schaden verursacht hat. Vier, weil die zumutbaren Vorkehrungen zum Schutz der Nutztiere nicht getroffen waren. „In einem Fall musste der Schadensausgleich aus beiden Gründen abgelehnt werden“, berichtet Ingolf Ulrich von der Landesdirektion.

Als zumutbar gilt bei Ziegen, Schafen und Gatterwild entweder ein mindestens 90 Zentimeter hoher lückenloser Elektrozaun oder ein mindestens 1,20 Meter hoher Festzaun. Auf jeden Fall muss ein fester Abschluss auf Bodenhöhe vorhanden sein, sodass kein Wolf darunter hindurch kriechen kann. Gerade Letzteres erweise sich oft als Schwachstelle, schätzt André Klingenberger vom Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“ ein. „Es gibt Fördermöglichkeiten, um die Schutzmaßnahmen zu verbessern“, betont er. Interessierte Tierhalter können sich von ihm beraten lassen. – Patrick Harig hat erstmal anderes zu tun. Er schreibt an einem Widerspruch gegen den Bescheid der Landesdirektion.