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Immer mehr Fleischer geben auf

In dem Handwerk geht es ans Eingemachte. In Sachsen fehlen Lehrlinge – und den Meistern die Nachfolger.

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© Robert Michal

Von Michael Rothe

Dresden. „Gemeinsam sind wir stark!“ So steht es ganz vorn auf der Website des Sächsischen Fleischer-Innungs-Verbands. Dahinter ein Ausrufezeichen. Doch immer mehr Unternehmen setzen mit Blick auf ihre Zukunft ein Fragezeichen.

Wie die SZ vom Sächsischen Handwerkstag erfuhr, gab es 2016 im Freistaat 688 Betriebe des Fleischerhandwerks, nur noch gut halb so viele wie zur Nachwendezeit. Und der Schwund geht weiter – bei den Läden und den Beschäftigten. Wurden laut jener Handwerker-Dachorganisation 2000 noch 168 Lehrverträge abgeschlossen, waren es im vergangenen Jahr nur 51.

Auch die Chefs gehen aus. Mangels Nachfolger schließen Betriebe wie die Fleischerei Walde in Räckelwitz – und so oft der letzte Lebensmittelladen im Dorf. Bundesweit wurden binnen zehn Jahren 4 500 Fleischereien abgemeldet, heißt es im Geschäftsbericht des Deutschen Fleischerverbandes. Dabei gehe es den Überlebenden meist nicht schlecht. Trotz sinkender Betriebszahl stiegen die Umsätze der Meisterbetriebe, ihrer stationären Filialen und mobilen Verkaufsstellen auf Überlandtouren und Wochenmärkten in jener Zeit von im Schnitt 870 000 auf gut 1,2 Millionen Euro.

Der Aderlass hat andere Gründe. „Hauptursache ist die ausufernde Bürokratie“, ist sich Landesinnungsmeister Thomas Keller sicher. Alles Mögliche müsse schriftlich festgehalten werden, „da kommt man vor lauter Papierkram gar nicht mehr zum Wurstmachen“, so der Meister, der in fünfter Generation einen Betrieb in Bautzen führt. Und da rede er nicht von Allergenkennzeichnung und anderen notwendigen Pflichten. „Aber Garzeiten und anderes mehr muss nun wirklich nicht dokumentiert werden“, sagt er.

Auch sei schwere Handarbeit für Jugendliche unattraktiv, „und sie wird nicht mehr wertgeschätzt“, so Keller. „Dabei ist das ein wunderbarer Beruf.“ Skandale würden aufgebauscht und dabei nicht zwischen Industrie und Handwerk unterschieden. „Selbst ernannte Ernährungspäpste predigen ohne Beweise Trends weg vom Fleisch.“ Ärgerlich seien auch Beschaugebühren und Mehrkosten für Energie. Großbetriebe seien ungerechtfertigt von der Umlage für erneuerbare Energien befreit.

Doch auch die mittelständische Industrie hat nichts zu lachen. Sie leidet ebenso unter Nachwuchsmangel – und unter der Knute des Handels. „Discounter sind kaum bereit, dringend nötige Preiserhöhungen mitzugehen“, schimpft Karlheinz Schlenkrich, Chef der Bautzner Wurst- und Fleischwaren GmbH mit 90 Beschäftigten. Jetzt zog er die Notbremse, kündigte den Liefervertrag mit der Real-SB-Warenhaus GmbH und setzt mehr auf den Export – bis nach Korea und Vietnam.