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„Ich will etwas zurückgeben“

Mojtaba Mohseni kam als Flüchtling aus dem Iran nach Radeberg. Jetzt wird er Krankenpfleger – und ist ehrenamtlicher Kickboxtrainer.

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Von Jens Fritzsche

Radeberg. Es ist eine ungewöhnliche Sportgruppe, die sich da jeden Sonnabendvormittag in der alten Turnhalle an der Pulsnitzer Straße trifft. Zu einem Sport, der hierzulande ebenfalls noch eher ungewöhnlich ist. Kickboxen. Und diejenigen, die hier trainieren, stammen aus Albanien, Afghanistan, Eritrea und aus Radeberg. Ihr Trainer kommt aus dem Iran; Mojtaba Mohseni. Als Flüchtling kam er gemeinsam mit seinen Eltern vor einiger Zeit nach Deutschland, zunächst in die Asylunterkunft in der Siedlung Rossendorf am Rande Großerkmannsdorfs. Hier lernte er dann auch die Aktiven des Vereins „Radeberger Land hilft“ um Holger Wedemeyer kennen, die sich um die Flüchtlinge in Rossendorf kümmerten. „Und längst ist er nun auch bestens integriert, hier in Radeberg“, freut sich Holger Wedemeyer, der für die CDU im Radeberger Stadtrat sitzt. Und selbst auch jeden Sonnabend zum Kickboxen an die Pulsnitzer Straße kommt.

Ist ausgebildeter Kickbox-Trainer: Mojtaba Mohseni aus dem Iran.
Ist ausgebildeter Kickbox-Trainer: Mojtaba Mohseni aus dem Iran. © Verein

Seit die Unterkunft in Rossendorf im Spätsommer geschlossen wurde, wohnt Mojtaba Mohseni im Heim in Kamenz – kommt aber fast täglich nach Radeberg. Hier hilft er zum Beispiel ehrenamtlich in der Wohnanlage des Epilepsiezentrums Kleinwachau an der Schloßstraße. „Die Arbeit mit den behinderten Menschen ist wunderbar“, schwärmt er. Zudem beginnt er im benachbarten Stolpen im Sommer eine Ausbildung zum Medizinischen Fachangestellten; „ab Februar werde ich dabei zunächst im Radeberger Krankenhaus in der Chirurgie ein Praktikum absolvieren und mich ausprobieren“. Aber schon jetzt ist er überzeugt, „dass das genau mein Ding ist“, sagt er. Wie auch die ehrenamtliche Arbeit im Vorstand des Vereins „Radeberger Land hilft“ genau sein Ding ist. „Mir ist geholfen worden, jetzt will ich etwas zurückgeben und auch helfen.“ Wobei sich der Verein – der Mojtaba Mohseni auch bei seinem Sport-Projekt unterstützt – nicht nur für Flüchtlinge engagiert, sondern zum Jahresbeginn beispielsweise auch die Kleiderkammer des Deutschen Roten Kreuzes übernommen hat. „Wir ziehen mit dem Angebot jetzt an die Dr.-Rudolf-Friedrichs-Straße um, wo wir im Februar Räume neben der Ausgabestelle des Radeberger Tischs eröffnen“, so Holger Wedemeyer.

Sich einbringen, das will Mojtaba Mohseni dabei eben auch mit seinem ungewöhnlichen Sportangebot. „Mir geht es in erster Linie darum, dass sich Menschen durch den Sport gegenseitig kennen lernen“, beschreibt er seine Intention. Denn beim Kickboxen gehört unbedingtes Vertrauen dazu, um sich nicht gegenseitig zu verletzen. „Auf diese Weise kommen sich hier nun also Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen näher, das ist doch wunderbar“, findet Mojtaba Mohseni, der als 8-Jähriger im Iran mit Kickboxen begonnen hat und vor seiner Flucht drei Jahre lang als ausgebildeter Trainer arbeitete. Und auch für die Flüchtlinge in der Trainingsgruppe ist das Angebot durchaus wichtig, findet er. „Zum Beispiel lernt man hier auch das Thema Pünktlichkeit, das gehört zum Sport, wie eben auch zum Alltag hier in Deutschland“, weiß Mojtaba Mohseni. Und überhaupt kommt er richtig ins Schwärmen, wenn er von seinem Sport spricht. „Kickboxen hat viel mit dem Kopf zu tun“, sagt er. Man lerne, sich unter Kontrolle zu haben, Aggressivität werde abgebaut – „man lernt, dass man erstmal nachdenken muss, bevor man handelt, das ist wichtig“. Und das Begeisternde sei zudem, sagt er dann, „dass es beim Sport ja irgendwie keine Sprachbarriere gibt, man lernt sich zu verständigen, das ist doch wunderbar“, findet er. Wobei er selbst nahezu perfekt Deutsch spricht, hat im Dezember seinen Sprachkurs in Dresden mit Bestnote bestanden. Und hofft nun, dass sich noch weitere Interessierte für diese ungewöhnliche Sportgruppe finden, die sich sonnabends an der Pulsnitzer Straße trifft.

Das Kickbox-Training findet jeden Sonnabend von 10 bis 11.30 Uhr in der Halle an der Pulsnitzer Straße statt. Zur Deckung der Mietkosten wird eine monatliche Gebühr von fünf Euro erhoben. Das Angebot steht allen ab einem Alter von 14 Jahren offen.