Merken

Hufschmied verzichtet auf Entschädigung

Nach einem Unfall soll sich der Mann aus der Nähe von Bautzen aus dem Staub gemacht haben. Doch den Zusammenstoß will er nicht gehört haben.

Teilen
Folgen
© Egbert Kamprath

Von Jürgen Müller

Meißen. Der 66-Jährige aus der Nähe von Bautzen ist vor allem auf Reiterhöfen gern gesehen. Denn er betreibt ein Handwerk, dass nicht mehr allzu viele Leute beherrschen. Er ist Hufschmied, „besohlt“ Pferden die Hufe und sorgt dafür, dass die wieder schnell laufen können. Doch als er an einem Novembertag vorigen Jahres in einem Reiterhof in Radeburg sein Tagwerk vollendet hatte, soll er beim Wegfahren einen Unfall gebaut und danach selbst schnelle Hufe gemacht haben.

Es war schon dunkel und regnete ziemlich stark, der Reiterhof war unbeleuchtet, als der Hufschmied mit seinem Transporter ausparkte. Der stand schräg in einer Parkreihe, gegenüber an einer Mauer war ein Pkw geparkt. Diesen soll der Hufschmied mit seinem Kastenwagen gestreift und beschädigt haben. Das andere Auto wurde am Radkasten und am Kotflügel leicht gestreift. Danach sei er weggefahren. Das ist die klassische Unfallflucht oder - wie es im Amtsdeutsch heißt - unerlaubtes Verlassen des Unfallortes. Kein Kavaliersdelikt, wie viele denken, sondern eine Straftat. Neben einer saftigen Geldstrafe ist in der Regel auch der Führerschein weg. So ist es auch bei dem 66-Jährigen. Am 10. Februar wurde ihm die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen, der Führerschein eingezogen. Eine Katastrophe für den Mann, der in seinem Job mobil sein muss.

Zwar hat den Unfall niemand beobachtet, doch der Angeklagte hat Spuren hinterlassen. Er verlor bei dem Anprall eine Kunststoffecke seiner Stoßstange. Zwei Stunden nach dem Vorfall rief die Geschädigte bei dem Hufschmied an, fragte ihn, ob an seinem Auto irgendwas fehlt. Und tatsächlich, die Kunststoffecke war weg. Er verspricht, die Sache am nächsten Tag zu regeln, seine Versicherung zu informieren. Das hat er auch getan. Die Versicherung hat den Schaden inzwischen bezahlt.

Von dem Anruf sei er völlig überrascht gewesen. Er habe keinen Anstoß bemerkt sagt der Mann. Das ist das übliche Argument bei Unfallfluchten. In diesem Fall scheint es aber tatsächlich zu stimmen. Das soll ein Kurzgutachten untermauern. Aus diesem geht hervor, dass das Auto des Angeklagten eine fahrende Werkstatt ist mit Maschinen, auf einer Stange aufgereihten Hufeisen, Eimern, Werkzeugen. Alleine die losen Hufeisen klappern bei jedem kleinsten Bremsen. Zudem sind Fahrerkabine und Laderaum durch eine Wand getrennt.

Das Gericht kommt zu der Überzeugung, dass der Fahrer den Aufprall nicht gehört haben kann. Dabei sei das Gutachten sehr hilfreich gewesen. Es sei schade, dass die Polizei keine Fotos vom Innenleben des Fahrzeuges gemacht habe, so Richter Michael Falk. Dann hätte man sich möglicherweise das Gutachten sparen können. „Der Verdacht, dass der Angeklagte Fahrerflucht begangen hat, bestätigte sich in keiner Weise“, so der Richter und spricht den Angeklagten frei. Das hatte zuvor die Staatsanwältin gefordert. Ein Indiz für die Unschuld des Mannes ist für sie auch, wie überrascht er auf den Anruf der Geschädigten, die er gut kennt, reagierte.

Da der Mann freigesprochen wurde und ihm demzufolge die Fahrerlaubnis zu Unrecht für gut einen Monat entzogen wurde, hätte er Anspruch auf Entschädigung. Er verzichtet darauf, ist froh, dass die Sache jetzt beendet ist. Manchmal bringen eben nicht nur Hufeisen Glück.