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Gute Ernte von der Dunklen Biene

Für die einzige heimische Biene gibt es nun einen eigenen Landesverband. Dabei kreuzen sich die Wege mit einer weltbekannten Affenforscherin.

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© Claudia Hübschmann

Von Ulrike Keller

Niederau. Ein süßlicher Duft liegt in der Luft. Jan Gutzeit steht in seiner Scheune und befüllt eine zylinderförmige Schleuder für den nächsten Schleudergang. Dutzende Holzrähmchen mit Waben liegen bereit. Alle reichlich gefüllt mit Honig. Honig von einer besonderen, der Dunklen, Biene.

Die Dunkle Biene im Anflug.
Die Dunkle Biene im Anflug. © Claudia Hübschmann

Als ihr Anwalt hat sich in den vergangenen vier Jahren der Niederauer Imker Jan Gutzeit ins Zeug gelegt. Und dabei viel Gegenwind aus der Kollegenschaft erfahren. Denn der Bienenrasse, deren Drohnen wie Schokobohnen aussehen, eilt kein guter Ruf voraus. Sie gilt als stech- und schwarmfreudig und nicht allzu produktiv.

Allein die Schwarmfreude kann Jan Gutzeit bestätigen. Was für ihn jedoch allem voran zählt: „Die Dunkle Biene ist die einzige einheimische Honigbiene nördlich der Alpen, und heute steht sie als bedrohte Art auf der Roten Liste.“ Denn nach dem Zweiten Weltkrieg setzten viele Imker verstärkt auf gezüchtete Rassen aus dem Ausland, die mehr Leistung bringen. Jan Gutzeit gehört zu jener neuen Generation Imker, die sich im Zuge des Bienensterbens auf frühere Zeiten zurückbesinnt.

Seine aktuell 20 Völker der Dunklen Biene ließ er auch dieses Jahr wandern und unter anderem in und um Bärwalde Nektar sammeln. Rund 60 Kilo Honig erzeugt ein Volk bei ihm. „Damit liegt die Dunkle Biene deutlich über dem durchschnittlichen Ertrag eines Bienenvolkes in Deutschland“, ordnet er ein. „Hobbyimker haben also nicht mit Ertragseinbußen zu rechnen, wenn sie mit der Dunklen Biene imkern.“

Bevor ein Holzrähmchen in die Honigschleuder kommt, muss erst die dünne Wachsschicht entfernt werden, die die Waben auf beiden Seiten verschließt. Dazu schiebt der Imker den Rahmen mit jeder Seite einmal über ein horizontal befestigtes Messer. An der Schneidekante sammelt sich das abgestreifte weißgelbe Wachs. „Ein Entdeckelungshobel nach russischem Patent“, verrät Jan Gutzeit lachend.

Über die Schulter schauen ihm Ökologin Lisa Becker und Forstwissenschaftler Arne Eckert aus Tharandt. Gute Bekannte, die sich ebenfalls für die Dunkle Biene interessieren. Die beiden haben sich der historischen Form der Waldbienenhaltung verschrieben, der Zeidlerei. Diese wurde im frühen bis späten Mittelalter betrieben, indem in Baumstämmen kleine Höhlen nachgeahmt wurden. Darin lebten die Bienen als Wildtiere. Diese Tradition möchten die heutigen Zeidler aufleben lassen, um wieder Bienen in deren natürlichem Lebensraum anzusiedeln.

Das wollen sie gern mit der Dunklen Biene probieren, weil sie die hier Heimische im Wald ist, auch wenn sie sich seit damals natürlich verändert hat. Für das Vorhaben benötigen sie 50 Völker. Doch dafür gibt es zu wenige Züchter.

Unter anderem deshalb ist im Frühjahr ein eigenständiger Landesverband gegründet worden, der Landesverband Dunkle Biene Sachsen (LVDBS). Den Vorsitz hat Jan Gutzeit inne, Lisa Becker den Posten der Schatzmeisterin. „In Sachsen wird gerade über ein Belegstellengesetz nachgedacht“, erklärt der Verbandschef. Gemeint sind gesetzlich anerkannte nach Rassen getrennte Zuchtstätten für Bienen, wofür in der freien Natur große Flächen als Schutzräume festzulegen wären. Gebiete also, in die kein anderer Imker mit seinen Völkern hineinwandern dürfte. In jedem Schutzraum sollte nur eine Bienenrasse vorkommen und sich somit rein fortpflanzen können.

„Als eigenständiger Landesverband hoffen wir auf ein Anrecht, eine solche Belegstelle für die Dunkle Biene zugesprochen zu bekommen“, sagt Jan Gutzeit. Denn bis jetzt gäbe es deutschlandweit nur zwei solcher Zuchtstätten für diese Rasse: eine an der Nordsee und eine in den Alpen. „Es wäre ein Riesenschritt, so etwas in Mitteldeutschland zu haben, weil Imker aus ganz Deutschland herkommen könnten, um ihre Königinnen rein begatten zu lassen“, erklärt der 41-Jährige. Er weiß, wovon er spricht. Aus der Not heraus importiert er seine reinen Königinnen jedes Jahr aus Schweden, was viel Geld kostet.

Doch der Schritt von der IG zum Landesverband erfolgte auch mit anderen Zielen: „Wir wollen die Restbestände der Dunklen Biene in Europa koordinieren“, sagt Jan Gutzeit. Es gehe darum, sich zu vernetzen, Infos auszutauschen und zusammen aufzutreten bei internationalen Konferenzen. Bestens aufgestellt ist der Verband dafür auch mit seinem zweiten Vorsitzenden: Der Naturschützer Frank Haß gehört beim Jane-Goodall-Institut Deutschland zu den Leitern des Projekts „Arterhaltung Dunkle Biene“. Denn auch dafür setzt sich die prominente britische Schimpansen-Forscherin ein. „Es gibt Ideen für eine Zusammenarbeit in verschiedenen Projekten“, verrät Jan Gutzeit.

In seiner Scheune läuft die Schleuder ohne Unterlass. Die Gläser erhalten ein zusätzliches Emblem auf den Deckel: „Gesammelt von einheimischen Dunklen Bienen“. So ist der Honig in den Bioläden der Region auf den ersten Blick zu erkennen.