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Gleichstellungsministerin: Es gibt keinen „Genderwahn“

Der Begriff Gender treibt vor allem Rechtspopulisten regelmäßig Zornesröte ins Gesicht. Dabei geht es in erster Linie nicht um korrekte Schreibweisen. Dahinter stehen ganz praktische Probleme, sagt Petra Köpping (SPD).

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Dresden. Die sächsische Gleichstellungsministerin Petra Köpping (SPD) hält eine Verunglimpfung der Genderidee für völlig verfehlt. „Dahinter stecken keine abstrakten Themen und Debatten, sondern handfeste Probleme“, sagte die Ministerin. Korrekte Schreibweisen von Berufsbezeichnungen seien nicht unwichtig, aber momentan auch nicht das vordergründige Problem. „Es geht in meinem Ressort um wichtige Themen wie häusliche Gewalt und Diskriminierung von Menschen. Wie müssen wir Frauenhäuser ausstatten? Wie müssen wir Flüchtlingen die in Deutschland geltenden Regeln der Gleichberechtigung vermitteln?“

Dennoch gehe es auch um scheinbar beiläufige Dinge des Alltags. „Als ich 2001 Landrätin wurde, war auf meiner Dienstanschrift zu lesen: Frau Landrat. Da hat sich niemand daran gestört, das war normal. Nur mir hat das nicht gepasst.“ Als die Universität Leipzig 2013 weibliche Personenbezeichnungen wie Rektorin, Dozentinnen oder Wissenschaftlerinnen für Frauen und Männer gleichermaßen einführte, sei der Aufschrei dagegen groß gewesen: „Es muss Normalität sein, dass man denjenigen, der vor einem sitzt, auch mit dem anspricht, was er ist. Ich verstehe nicht, warum es so schwer fällt, eine Frau als Frau anzusprechen.“

Köpping zufolge sollte eine gendergerechte Sprache Schritt für Schritt Einzug halten und so zur Gewohnheit werden. Das Thema dürfe aber nicht andere wichtige Fragen wie die Diskriminierung überlagern. „Es werden Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht diskriminiert. Das ist bei weitem nicht nur ein Problem von Frauen“, sagte Köpping und erinnerte an Behinderte, alte Menschen oder Flüchtlinge. „Es geht um jeden. Jeder, der heute denkt, das geht mich nichts an, kann morgen selbst betroffen sein.“ Das gelte auch für Männer. Es gebe bereits erste Männerschutzwohnungen und eine Landesfachstelle für Männer- und Jungenarbeit.

Nach Angaben Köppings spielt das alles im neuen Gleichstellungsgesetz eine Rolle, das noch in dieser Legislaturperiode den Landtag passieren soll. „Der Entwurf des Gesetzes ist fertig. Der nächste Schritt ist die Anhörung. Erst dann werden wir sehen, welche Knackpunkte es gibt - auch für unsere Koalitionspartner CDU.“ Bisherige gesetzliche Regelungen reichten nicht mehr aus, weil es gesellschaftliche Entwicklungen gab: „Es geht auch um Menschen mit einer anderen geschlechtlichen Identität. Politik muss für Schwache und Minderheiten da sein. Die brauchen uns wirklich. Politik ist deshalb oft Minderheitenpolitik.“ (dpa)