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Gefährlicher Schlaf

Atemaussetzer in der Nacht können schlimme Folgen haben. So auch bei Busfahrer Sven Baumann aus Neustadt.

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© Steffen Unger

Von Nancy Riegel

Neustadt. Ein leises Zischen entweicht dem Kasten auf Sven Baumanns Tisch. „Früher waren die Geräte deutlich lauter, eher wie ein Staubsauger“, sagt der 51-Jährige. Bereits seit Jahren schläft der Neustädter nicht mehr ohne einen solchen Kasten neben sich und die futuristisch aussehende Maske im Gesicht. Aus ihr strömt Luft in Sven Baumanns Nase und sorgt dafür, dass er im Schlaf gleichmäßig atmet.

Aber das macht man doch automatisch, oder? Nicht, wenn man wie der Neustädter unter Schlafapnoe leidet. Ohne es zu ahnen, haben rund vier Millionen Schnarcher in Deutschland Atemaussetzer von mehr als zehn Sekunden. Oder, wie in Sven Baumanns Fall, von mehr als zwei Minuten. Das passiert, wenn die Schlundmuskulatur erschlafft und die Luftröhre blockiert. Bevor man erstickt, wacht der Betroffene kurz auf. Dieser Vorgang kann sich bis zu 400-mal in einer Nacht wiederholen.

Die Folge: ein durch und durch unruhiger Schlaf. „Bevor ich das Beatmungsgerät hatte, bin ich ständig aufgewacht, ohne zu wissen, warum. Außerdem war mein Hals vom Schnarchen so trocken, dass ich pro Nacht eine Flasche Wasser trank“, berichtet Sven Baumann. Wenn man wie er einen verantwortungsvollen Beruf hat, kann das richtig gefährlich werden: Er ist Busfahrer bei der OVPS. Sekundenschlaf war vor der Diagnose Schlafapnoe ein häufiger Begleiter, vor allem auf Landstraßen.

Nach seiner Diagnose, das war im Jahr 2002, wurde Sven Baumann sofort für mehrere Wochen krankgeschrieben. „Der Arzt sagte mir, ich dürfe noch nicht einmal mehr Auto fahren“, erzählt der 51-Jährige. Erst mit dem Beatmungsgerät habe er wieder einen normalen Schlafrhythmus und sei wieder fahrtüchtig.

Nach seiner Diagnose trat er in den sächsischen Schlafapnoe-Verein ein und gründete mit einer Mitstreiterin die Ortsgruppe in Sebnitz. Seit 20 Jahren gibt es den Selbsthilfe-Verein nun schon und seit Kurzem ist Sven Baumann der Vorsitzende. Ihm ist es wichtig, dass die Atemaussetzer im Schlaf als chronische Krankheit angesehen werden. Denn heilbar ist die Schlafapnoe nur selten. Sven Baumann berichtet von einer Operation, bei der die Kieferknochen aufgesägt und versetzt werden, um den Rachenbereich zu vergrößern. Klingt brutal und wird nur selten praktiziert. Es gebe auch einen sogenannten Zungenschrittmacher. Er sendet ein Signal an einen Hirnnerv unter der Zunge, die dadurch nicht erschlafft und den Schlund blockiert.

Letzteres könnte sich Sven Baumann durchaus vorstellen. Zunächst aber muss er mit seiner Atemmaske auskommen. Seine eigene Atmung wird mit einem Überdruck kombiniert, die Blockade dadurch vermieden. An das Schlafen mit dem Apparat habe er sich mittlerweile gewöhnt. „Ich schaffe es jetzt, fünf Stunden durchzuschlafen. Früher undenkbar.“ Nicht allen geht es so wie ihm. Viele Patienten brechen die Prozedur ab, weil ihnen die Maske unangenehm ist. Aber ohne zusätzliche Beatmung kann die Schlafapnoe drastische Folgen haben. Sofort treten Konzentrationsstörungen und eine verminderte Leistungsfähigkeit auf. Langfristig reichen die Folgen von Bluthochdruck bis hin zu einem Schlaganfall oder Herzinfarkt. Denn bei jedem Atemaussetzer sterben Gehirnzellen.

Nur durch seinen Vater, bei dem ebenfalls Schlafapnoe diagnostiziert wurde, erkannte Sven Baumann seine Krankheit. Demnächst lässt sich auch sein Sohn im Schlaflabor untersuchen. Er ist Ende 20 und schnarche viel, das könne schon ein Anzeichen sein, sagt der Vater.

Kontakt zum Verein zur Selbsthilfe Schlafapnoe/Schlafstörungen e.V.: Telefon 03596 9344053