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Freistaat prüft Überholverbot für Lkw

Der Verkehr auf der A 4 wird immer dichter und damit auch gefährlicher. Was hilft dagegen?

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© Uwe Soeder

Von Jana Ulbrich

Man muss sich nur mal die Zahlen vom letzten Jahr ansehen: 637-mal hat es 2016 auf den rund 100 Autobahnkilometern zwischen Görlitz und Dresden gekracht. Drei Menschen sind gestorben, bei 74  Unfällen hat es Verletzte und Schwerverletzte gegeben. 40 Prozent aller Unfälle passieren auf einem Fünftel der Strecke – zwischen Dresden und Pulsnitz – dort wo der Verkehr am dichtesten ist.

Frank Wobst leitet die Verkehrspolizeiinspektion in Bautzen. Der erfahrene Polizeioberrat hat gleich mehrere Vorschläge, wie der Verkehr auf der A 4 sicherer werden könnte.
Frank Wobst leitet die Verkehrspolizeiinspektion in Bautzen. Der erfahrene Polizeioberrat hat gleich mehrere Vorschläge, wie der Verkehr auf der A 4 sicherer werden könnte. © Uwe Soeder

Und mit jedem Jahr wird er dichter. Allein der Schwerlastverkehr hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Frank Wobst, der Chef der Verkehrspolizeiinspektion und der Bautzener Autobahnpolizei, sieht darin das Hauptproblem auf der vielbefahrenen Ost-West-Verbindung. Der Polizeioberrat, der sich seit Jahren mit der Unfallsituation auf der A 4 beschäftigt, wüsste allerdings, wie die Strecke trotz des steigenden Verkehrsaufkommens künftig sicherer werden könnte.

Vorschlag 1: Überholverbot für Lkw

Elefantenrennen auf der Autobahn gehören zu den häufigsten Unfallursachen. Zwar gilt bereits auf einigen Streckenabschnitten ein Überholverbot für Lkw, aus Sicht der Polizei wäre aber eine Ausweitung durchaus sinnvoll. Nach Ansicht von Frank Wobst würde schon eine auf die Hauptverkehrszeit von 6 bis 19 Uhr begrenzte Regelung deutlichen Erfolg bringen. Der Vorschlag hat auch durchaus Chancen, umgesetzt zu werden. Wie eine Sprecherin des Sächsischen Wirtschafts- und Verkehrsministeriums bestätigt, werden derzeit alle zweistreifigen Autobahnabschnitte auf die Notwendigkeit eines Lkw-Überholverbots hin geprüft. Die Ergebnisse des Gutachtens werden für das zweite Halbjahr 2017 erwartet. Allerdings schränkt die Sprecherin ein, dass nach dem bisherigen Kenntnisstand der überwiegende Teil der Lkw-Unfälle mit einem Überholverbot nicht zu verhindern gewesen wäre.

Vorschlag 2: Tempolimit für alle

Frank Wobst könnte sich auch gut vorstellen, auf weiteren Autobahnabschnitten als bisher die Höchstgeschwindigkeit zu begrenzen. Konkrete Pläne und Absichten dafür gibt es derzeit allerdings nicht. Für solche Entscheidungen ist die Sächsische Unfallkommission zuständig, die regelmäßig tagt und das Unfallgeschehen auf der A 4 analysiert. Handlungsbedarf besteht dann, wenn es an bestimmten Streckenabschnitten auffällig häufig oder immer wieder aus demselben Grund kracht. Wenn sich zeigt, dass mit einem Tempolimit auf bestimmten Streckenabschnitten die Zahl der Unfälle signifikant sinken würde, könnte die Kommission die Entscheidung für eine Begrenzung treffen.

Frank Wobst ist generell ein Befürworter von Tempolimits auf Autobahnen. Vor allem auch, weil Unfälle immer heftiger ausgehen, je schneller gefahren wird. Er verweist auf eine Statistik seiner bayrischen Kollegen. Danach ereignen sich in Bayern drei von vier Autobahn-Unfällen mit Todesfolge auf Abschnitten ohne Tempobegrenzung. Neben einer sinkenden Unfallgefahr sieht Wobst im Tempolimit auch mehr Lärm- und Umweltschutz.

Vorschlag 3: Mehr Lkw-Rastplätze

Es ist inzwischen eines der Hauptprobleme auf der Autobahn zwischen Görlitz und Dresden. Die Rastplätze für den Schwerlastverkehr sind heillos überfüllt. „Wir brauchen dringend mehr Rastplätze“, sagt deshalb Frank Wobst. Lkw-Fahrer sind gezwungen, ihre Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten, begründet er. Finden sie dafür kilometerweit keine Stellflächen, erhöht das auch die Gefahren auf der Strecke. Immer wieder muss die Polizei den Verkehr auf den übervollen Rastplätzen regeln und zugeparkte Ein- und Ausfahrten freiräumen. „In den Jahren nach der Wende, als die Autobahn gebaut wurde, war das eine ganz andere Situation“, so Wobst. Inzwischen hat sich die Zahl der Lkw auf der A 4 mehr als verdoppelt.

Im Wirtschaftsministerium ist das Problem bekannt, und es wird auch schon daran gearbeitet: Mittelfristig sollen die vorhandenen Rastanlagen ausgebaut und rund 160 weitere Stellplätze geschaffen werden. „Wir haben bereits im letzten Jahr mit der Entwurfsplanung begonnen“, erklärt Referentin Kathleen Brühl. Der Zeitpunkt der baulichen Umsetzung könne derzeit aber noch nicht mitgeteilt werden.

Vorschlag 4: Dreispuriger Ausbau

Mehr Fahrspuren könnten mehr Verkehr aufnehmen. Deshalb wäre es aus Sicht der Polizei auch sinnvoll, die Autobahn an den am stärksten befahrenen zweispurigen Abschnitten um eine dritte Fahrspur zu erweitern. Aber davon ist bei den Bauherren keine Rede. Voraussetzung für einen Ausbau der Trasse ist das durchschnittliche Verkehrsaufkommen. Nach den geltenden Richtlinien kann eine durchgehend vierstreifig ausgebaute Autobahn bis zu 70 000 Fahrzeuge pro Tag aufnehmen, erklärt Kathleen Brühl vom Wirtschaftsministerium. „Die Verkehrsstärken für das Jahr 2015 liegen deutlich unter diesem Wert“, sagt sie. Dementsprechend seien keine Ausbauplanungen vorgesehen. Und selbst, wenn sich die Verantwortlichen dafür entscheiden würden, wäre eine Aufnahme des Projekts in den Bundesverkehrswegeplan eine grundlegende Voraussetzung. Der Plan ist für die kommenden Jahre festgeschrieben und gedeckelt. „Der Bundesverkehrswegeplan bis zum Jahr 2030 ist gerade verabschiedet worden“, so Wirtschaftsstaatssekretär Stefan Brangs.

Vorschlag 5: Mehr Polizeikontrollen

Für den Polizisten Frank Wobst liegt es auf der Hand, dass auch eine kräftemäßig aufgestockte Autobahnpolizei für mehr Sicherheit auf der A 4 sorgen kann. „Die Kontrolle von Regelverstößen ist ja immer sehr personalintensiv“, sagt der Direktionsleiter. Aber Verstöße wie Elefantenrennen, Geschwindigkeitsüberschreitungen, ungenügende Sicherheitsabstände oder technische Mängel an den Fahrzeugen – ein ebenfalls wachsendes Problem – könnten eben nur bei Kontrollen geahndet werden. Perspektivisch wird der Chef der Verkehrspolizeiinspektion tatsächlich mit mehr Beamten in diesem Bereich rechnen können. Im Zuge des Personalaufbaus werden die Polizeidienststellen in den kommenden Jahren nach und nach aufgestockt, kündigt Polizeisprecher Thomas Knaup an.