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Ein Golf für alle Fälle

Rocco Häschke aus Kottmarsdorf baut sich die VW Golf II von Behörden nach – und hat deshalb viel mit ihnen zu tun.

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© Matthias Weber

Von Markus van Appeldorn

Fährt man die Landstraße von Löbau nach Neugersdorf, so präsentiert sich oben auf dem Berg in Kottmarsdorf ein wunderliches Freilichtmuseum am Straßenrand. Sieben alte VW Golf stehen da im Garten eines alten Gehöfts aufgereiht. Ein Polizeiauto, ein Feuerwehr-Golf, ein RotKreuz-Golf und noch ein paar mehr. Sie alle haben ein Geheimnis, das sich erst beim näheren Hinsehen offenbart. Oder wenn man mit dem Besitzer spricht – dem wohl originellsten Golf-Sammler weit und breit.

Rocco Häschke ist ein Kind der Wende. Nur wenige Monate vor dem Mauerfall kam er 1989 zur Welt. Und nach dem Mauerfall landeten die Trabis massenhaft im Sondermüll. Der Golf II war damals die plötzlich frei verfügbare automobile Offenbarung. Und so wurde Rocco Häschke die Leidenschaft für den Wolfsburger Bestseller gewissermaßen in die Wiege gelegt.

„Meinen ersten Golf II besaß ich schon, da hatte ich noch gar keinen Autoführerschein“, sagt Häschke. Einfach bloß, weil er so schön war. Gefahren ist er lange Zeit lieber mit dem Motorrad. Aber Rocco hatte eine ganz besondere Vision: Er wollte nicht irgendeinen Golf besitzen, sondern einen besonderen. Einen Behörden-Golf. So einen wie ihn die Polizei, die Feuerwehr oder die Bundeswehr fuhren. Ach was, einen. Alle!

Nun sind Golf II mit original erhaltener Behörden-Ausstattung aber nicht nur rar, sondern auf dem Sammler-Markt auch recht teuer. „Ich wollte nie ein echtes Behördenfahrzeug kaufen. Dafür ist mir das Geld zu schade“, sagt Häschke, der als Staplerfahrer bei Herrnhuter Sterne arbeitet. Weil er sie aber trotzdem besitzen wollte, baute er sie sich einfach selbst – mit Farbrolle, Klebefolie und viel Liebe und Geschick. Kein einziger seiner Golf war je in offiziellen Diensten. „Das sind alles Nachbauten“, sagt Rocco Häschke.

Die Basisfahrzeuge bekam er allesamt von seinem Bruder geschenkt. Der ist Autohändler. „Einer davon war sogar als GENEX-Export erstmals in der DDR zugelassen“, erzählt er. Den Anfang machte sein „ADAC“-Golf – kein Behördenfahrzeug, aber als „Gelber Engel“ bundesweit bekannt. Mit der Rolle hat er den Golf angestrichen. Denn spritzlackieren, das wäre viel zu teuer. Aus dem Internet zog er sich die Schriftzüge des Automobilclubs, druckte sie auf Folie und schnitt sie per Hand aus. Weil er den Dachaufsatz aus Kunststoff nirgendwo bekommen konnte, baute er ihn sich aus ein paar Holzlatten zusammen. Und die kleine Standarte an der Beifahrerseite malte er per Hand auf ein Stück Stoff. „Ich habe niemanden gefunden, der mir das druckt, weil das Logo ja markenrechtlich geschützt ist“, erzählt er.

Diesen Markenschutz bekam er dann auch in Gestalt anwaltlicher Post vom ADAC aus München zu spüren. Monatelang fuhr er mit seinem falschen ADAC-Golf herum. Er solle bitte Stellung nehmen, ob er Lizenzpartner des Automobilclubs sei. Schließlich machte eine echte Behörde dem Fahrspaß ein Ende. „Das Straßenverkehrsamt hat den Golf zwangsweise stillgelegt, weil man für das Rundumlicht auf dem Dach eine Sondergenehmigung braucht“, erzählt Häschke. Zunächst griff er zu einem Trick: Er befestigte Dachaufsatz und Rundumleuchte auf einem Dachgepäckträger. „So ist es eine genehmigungsfreie Dachlast, die ich transportiere. Genauso als ob es eine Skibox wäre“, sagt Häschke. Auch die Blaulichtfahrzeuge auf seinem Grundstück hegten das Misstrauen der Behörden. Die verschiedenen ausgemusterten Dachaufsätze hat er beim Roten Kreuz in Dresden gekauft oder im Internet ersteigert. Sie sind allesamt nicht angeschlossen. „Einmal stand die Polizei auf dem Hof und wollte wissen, ob die Fahrzeuge alle abgemeldet sind. „Ich habe die spaßeshalber gefragt, ob sie ihren Golf nicht dazustellen wollen“, erzählt er.

Chancen auf eine Zulassung hätte er ohnehin nicht. Eine Sondererlaubnis erteilt die Zulassungsbehörde nur, wenn es sich um original historische Fahrzeuge handelt. Weil’s bloß originell, aber eben nicht original ist, bekommt Häschke auch keinen Zuspruch aus der Golfsammler-Szene. „Ich war zu Pfingsten mit allen sieben beim VW-Treffen „Wild Wild Easy“ in Bautzen“, erzählt Häschke, „aber mit Nachbauten findest du keine Anerkennung."

Das ist Rocco Häschke jetzt aber auch ganz egal. Er liebt seine kleine Sammlung, die sicher genauso auffällig ist, wie die Kottmarer Mühle gegenüber. Komplett erfüllt ist seine Vision übrigens noch nicht: „Ich habe noch ziemlich viel Deko-Kram. Eine Zapfsäule stelle ich auch noch dazu.“