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Das Ende einer Verfolgungsjagd

Die Flucht in einem geklauten Auto auf der A 4 gipfelt in einem Horrorcrash. Der Fahrer muss jetzt für lange Zeit ins Gefängnis.

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© Screenshot: SZ

Von Sebastian Kositz

Bautzen. Szenen wie aus einem Actionfilm: Mit teils bis zu 240 Sachen rast ein schwarzer Audi über die Autobahn, überholt große Laster auf dem schmalen Standstreifen. Bis die Limousine plötzlich ins Schleudern gerät. Der Audi rammt mit voller Wucht einen Van, der nur Sekundenbruchteile später im Graben landet und sich dort überschlägt. In dem Van sitzt eine junge Familie mit drei teils noch sehr kleinen Kindern. Wenige Meter weiter landet schließlich auch der Audi im Straßengraben. Für einen kurzen Moment ist der Fahrer zu sehen, der sich wagemutig aus der Tür stürzt, als das Auto noch nicht einmal steht.

Der Mann, der da aus dem Auto fällt, ist Krzystof T. Der 32-Jährige ist kein Schauspieler, die Aufnahmen stammen nicht aus Hollywood. Die Bilder entstanden bei einer realen Verfolgungsjagd, auf der A 4 östlich von Bautzen. Polizisten hatten die Kamera laufen lassen. Das Video war jetzt wichtiges Beweisstück im Prozess gegen den 32-jährigen Polen – und es zeigt, mit welcher Skrupellosigkeit Autodiebe das eigene und vor allem das Leben anderer aufs Spiel setzen.

Weiter Gas gegeben

Der schwarze Audi A5 war in der Nacht zum 10. Februar dieses Jahres in Freigericht in Südhessen gestohlen worden. Die Besitzer des Fahrzeugs hatten den Verlust des Autos noch nicht einmal bemerkt, als Polizisten der Gemeinsamen Fahndungsgruppe (GFG) in den Morgenstunden an der Abfahrt Bautzen-Ost auf den Audi aufmerksam worden. „Der Fahrer hat augenscheinlich nicht zu den Angaben des Halters gepasst“, so einer der Beamten. Er und seine Kollegen haben mit Autodieben reichlich Erfahrung.

Doch der 32-Jährige reagiert nicht auf die Signale der Polizisten, tritt stattdessen aufs Gaspedal. Nach einigen Minuten und etlichen waghalsigen Manövern kommt es schließlich zu dem Zusammenprall. In dem Van sitzen ein Ehepaar, deren drei Kinder im Alter von drei, sechs und 16 Jahren sowie der Bruder des Mannes. Junge Polen, die in London leben, offenbar unterwegs zu einem Besuch in der Heimat. Wie durch ein Wunder überstehen sie den Horrorcrash unverletzt. „Die Kinder und die Frau haben bitterlich geweint“, berichtet ein Autofahrer, der als Erster zur Hilfe eilte.

Ohne Führerschein unterwegs

„Da hatte wohl jemand die Hände über der Familie“, sagt Staatsanwalt Peter Müller, der angesichts der Aussagen der Zeugen und allen voran wegen der Aufnahmen für den jungen polnischen Familienvater drei Jahre und neun Monate Haft fordert. Der Ankläger verweist zugleich auf eine Serie von Audi-Diebstählen in Südhessen – und auf ein anderes von ihm geführtes Verfahren gegen Krzystof T., der in Polen im April 2016 zudem den Führerschein wegen Alkohol am Steuer abgeben musste.

Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Dr. Dirk Hertle schickte den 32-Jährigen wegen Gefährdung des Straßenverkehrs, Fahren ohne Führerschein und Hehlerei schließlich für drei Jahre und neun Monate hinter Gitter. Eine harte Strafe, die Dirk Hertle mit einer klaren Aussage verknüpft: „Es lohnt nicht, nach Deutschland zu kommen und Straftaten zu begehen.“

Die direkte Beteiligung am Diebstahl des Autos war Krzystof T. nicht nachzuweisen. Wie viele wegen ähnlicher Delikte Angeklagter erklärte der 32-Jährige, er habe für einen Bekannten den Audi gegen die Zahlung von wenigen Hundert Euro nur über die Grenze bringen sollen.