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Bautzener Anwalt festgenommen

Ein Jurist hatte den sächsischen Anwaltverband um 170 000 Euro geprellt. Nach einem Bericht in der SZ war er abgetaucht. Jetzt sitzt er in Untersuchungshaft.

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© Carmen Schumann

Von Sebastian Kositz und Ulrich Wolf

Bautzen. Plötzlich ist er einfach mal weg gewesen. Edgar Toepfer, seit 1998 Rechtsanwalt mit einer eigenen Kanzlei in Bautzen, war nach Silvester für seine Mandanten einfach nicht erreichbar. Verschwun-den, abgetaucht. Kurz zuvor hatte die Sächsische Zeitung berichtet, dass sich der 60-Jährige über viele Jahre hinweg aus der Kasse des Anwaltverbands Sachsen bedient hatte. Er amtierte dort seit 2002 als Schatzmeister, weitgehend autark und wenig bis gar nicht kontrolliert von seinen Präsi-diumskollegen. Fast 170 000 Euro verschwanden. Toepfer legt der Interessensvertretung der sächsischen Juristen bereits ein Schuldanerkenntnis vor.

Nun bestätigt die Staatsanwaltschaft Görlitz: Toepfer sitzt in Untersuchungshaft. Es bestehe Flucht-gefahr, man ermittle wegen Veruntreuung. Behördensprecher Till Neumann sagte am Mittwoch, der auf Verkehrsrecht spezialisierte Anwalt sei zunächst nicht auffindbar gewesen. Wo die Polizei den Juristen festnahm, wollte er nicht sagen. Nach SZ-Informationen geschah dies bereits Mitte Februar im Raum Rostock. Die Ermittlungen gegen Toepfer sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch nicht abgeschlossen. Neumann sagte, diese liefen bereits seit einigen Monaten. Anlass sei eine Anzeige der Rechtsanwaltskammer gewesen. Auf Anfrage der SZ hatte sich Toepfer damals zu den Vorwürfen nicht äußern wollen.

Insgesamt sind sieben regionale Anwaltsvereine im Anwaltverband Sachsen zusammengefasst. Ihre Delegierten hatten auf einer Versammlung im November 2016 in Leipzig von einer Strafanzeige gegen ihren Ex-Schatzmeister abgesehen. Die amtierende Verbandspräsidentin Cornelia Süß aus Dresden erklärte damals in einem Gespräch der SZ, gegen Toepfer sei bereits im Spätsommer eine Anzeige bei der sächsischen Rechtsanwaltskammer erfolgt. Daraufhin sei „die strafrechtliche Aufarbeitung aufgenommen“ worden. Am Mittwoch war Cornelia Süß für eine Stellungnahme zur jüngsten Entwicklung für die Redaktion nicht erreichbar. Die Rechtsanwaltskammer übt die Berufsaufsicht über ihre Mitglieder aus.

Im Zuge des Finanzskandals war bei dem Leipziger Treffen nahezu der komplette Vorstand des Verbandes zurückgetreten. Lediglich die Rechtsanwältinnen Süß und Denise Bartsch aus Chemnitz hatten sich bereiterklärt, die Geschäfte bis zu der für Ende März geplanten Mitgliederversammlung weiterzuführen. Nach seinem Schuldanerkenntnis überwies Toepfer bereits 60 000 Euro wieder zurück an den Verband. Außerdem ließ er zugunsten des Vereins eine Zwangssicherungshypothek auf sein Haus eintragen. Toepfer soll im nur wenige Kilometer von Bautzen entfernten Doberschau-Gaußig wohnen. Der Rechtsanwalt ist zudem seinen Posten als Aufsichtsratsmitglied der Internetagentur OL-Shop AG im ostsächsischen Malschwitz los. Vorstandsvorsitzende Anke Wunderlich sagte, am Mittwoch werde ein neuer Aufsichtsrat gewählt. „Herr Toepfer wird diesem nicht mehr angehören.“

In Toepfers Kanzlei in Bautzen laufen die Geschäfte trotz seiner Untersuchungshaft mittlerweile weiter. Seine dortige Kollegin Kerstin Illigen wurde von Amts wegen als Vertreterin bestellt, sie kümmert sich jetzt um die Klienten. „Für die Mandantschaft ergeben sich keine Veränderungen“, heißt es in einer Mitteilung der Kanzlei. Die Anwältin beabsichtige außerdem, „zur gegebenen Zeit die Kanzlei allein weiterzuführen.“