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Bangen um Moritzburger Fasanenzucht

René Kreher hat einen Teil der historischen Anlagen wiederbelebt. Durch die Vogelgrippe ist das Erreichte in Gefahr.

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© Arvid Müller

Von Sven Görner

Der Vogel mit dem bunten Kopf scharrt in der Erde. Ein anderer schlägt mit seinen Flügeln und macht flatternd einen Hopser auf einen Baumstamm. Die Mongolischen Jagdfasane wissen nicht, dass ein Teil von ihnen in den nächsten Wochen als lokale Spezialität auf den Tellern der benachbarten Churfürstlichen Waldschänke landen soll. Und auch nicht, dass es im schlimmsten Fall nicht dazukommt, weil vorher alle Fasane getötet werden müssen.

Sollte ein mit Vogelgrippe infiziertes Tier in der Nachbarschaft gefunden werden, rettet der Schutzstreifen die Fasane allerdings nicht.
Sollte ein mit Vogelgrippe infiziertes Tier in der Nachbarschaft gefunden werden, rettet der Schutzstreifen die Fasane allerdings nicht. © Thomas Lehmann (Archiv)

Der Grund für dieses Horrorszenario ist die Vogelgrippe, die seit dem ersten Fall am 12. November bei Leipzig für Aufregung im Freistaat sorgt. Von der Landesdirektion Sachsen wurde fünf Tage später eine Allgemeinverordnung erlassen. Diese soll verhindern helfen, dass sich das gefährliche Virus in Sachsen weiter verbreitet. Alle in Gefangenschaft gehaltenen Vögel müssen demnach in Ställen eingeschlossen werden. Oder zumindest so untergebracht sein, dass ein Kontakt zu Wildvögeln nicht möglich ist.

Für René Kreher, der vor zehn Jahren in Moritzburg die Zucht am Fuße des Fasanenschlösschens wiederbelebt hat, eine nicht erfüllbare Forderung. „In den vorhandenen historischen Bruthäusern ist einfach nicht genug Platz für alle Tiere“, sagt der Züchter. Als vor ein paar Jahren schon einmal die Vogelgrippe grassierte, hatte er eine Ausnahmegenehmigung bekommen. „Ich habe auch diesmal gleich unmittelbar nach dem Leipziger Fall mit dem Amtstierarzt gesprochen“, so Kreher. Etwas Schriftliches habe er aber nicht bekommen.

Der Züchter hat in den Häusern und Volieren so viele Fasane wie möglich untergebracht. „Mit Absperrband habe ich zudem um die gesamte Anlage einen Schutzstreifen gezogen und es dürfen auch keine Besucher mehr hinein.“ So will Kreher verhindern, dass Spaziergänger die Krankheitserreger zu den Fasanen bringen. Denn gut 100 von ihnen laufen noch immer in der Anlage frei herum und sind damit akut in Gefahr. Denn das darüber gespannte dünne Netz – es soll die Fasane vor Greifvögeln schützen – verhindert zwar den direkten Kontakt mit Wildvögeln, aber nicht, dass infizierter Vogelkot zu ihnen gelangen könnte. „Eine Folie kann ich in dieser Größe nicht anbringen.“ Und selbst an den Volieren sei dass keine Lösung. „Die dadurch verursachten Geräusche würden die scheuen Vögel zu sehr beunruhigen.“

Diese Erfahrung machte man vor Jahren auch im benachbarten Wildgehege. „Die Schäden durch die Folien waren größer als durch die Vogelgrippe“, sagte Leiter Rüdiger Juffa. Und dass selbst die Unterbringung in Ställen keinen hundertprozentigen Schutz garantiert, zeigt ein aktueller Fall aus Mecklenburg-Vorpommern. Kreher hat zum Schutz seiner Fasane auch die Futter- und Wasserplätze reduziert. Und er schaut zweimal täglich nach den Tieren.

Die historische Fasanenanlage gehört dem Freistaat. Für Baufragen ist der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement zuständig. Den Vertrag für die Nutzung hat der Moritzburger indes mit der Schlösserland gGmbH abgeschlossen. Seit Jahren ist Kreher mit dem Freistaat wegen der Wiederherstellung des langgestreckten Bruthauses und den dazugehörigen Volieren im Gespräch. Den linken Teil und das mittlere Gebäude gibt es noch. Der Züchter nutzt das auch. „Das rechte Gebäude ist allerdings in den 1990er-Jahren eingestürzt. Restauratorische Untersuchungen für den Wiederaufbau wurden bereits durchgeführt. Dieser soll auch bei einer geplanten Gesamtbaumaßnahme in der Fasanerie erfolgen. Wann dafür allerdings Geld zur Verfügung steht, ist ungewiss.“

Im Frühjahr hatte Kreher daher anstelle des fehlenden Teils aus Aluminiumsegmenten Interimsvolieren aufgebaut. Nicht zuletzt, um im Vogelgrippe-Fall wenigstens seine kostbaren Zuchtpaare einstallen zu können. Dazu gehören auch solche, die auf der Roten Liste der streng geschützten Arten stehen. Trotzdem seien einige noch in der großen Anlage. Die Zahl der dort lebenden Jagdfasane könnte der Züchter sofort um 50 verringern. „Die will ich an Jagdpächter zum Auswildern verkaufen.“ Da es in Brandenburg keine Allgemeinverfügung wie in Sachsen gibt, ist dort der Handel mit lebendem Geflügel und Vögeln möglich. „Ich darf sie derzeit aber nicht dorthin liefern.“ So bleibt Kreher nur zu hoffen, „dass kein toter infizierter Vogel am Leuchtturm gefunden wird. Denn dann werden auch die Fasane abgeholt.“ Für die wiederbelebte Zucht könnte der damit verbundene finanzielle Verlust das Ende bedeuten.