Von Rolf Ullmann
Trebendorf. Wie so oft stand der Zufall Pate. Bei ihren Untersuchungen des zur Abbaggerung vorgesehenen Geländes im Vorfeld das Tagebaus Nochten stießen Mitarbeiter des Munitionsbergungsdienstes bei ihren routinemäßigen Untersuchungen auf Metallgegenstände im Boden. Bereits die ersten vorsichtigen Grabungen ließen hier auf einen größeren Fund schließen. Bald nachdem unter der Leitung der Diplom-Geologin Andrea Renno und des Diplom-Prähistorikers Peter Schöneburg die umfangreichen Grabungsarbeiten begonnen hatten, ließen die Funde die Wissenschaftler auf eine archäologische Sensation hoffen.
Bilder vom Ausgrabungsort
Diese Hoffnung wurde nicht enttäuscht. Denn auf einer Fläche von mehreren Hektar wurde erstmals in Sachsen auf engstem Raum eine vollständige bronzezeitliche Siedlungslandschaft entdeckt. Unweit der Ortschaft Trebendorf hatten sich offenbar mehrere Familien über rund 300 Jahre während der Bronzezeit eine Heimat geschaffen, die über den gesamten Zeitraum auch bewohnt wurde. Anhand der aufgefundenen Gefäße, die zum Typus der Buckelkeramik zählen, sowie der nachfolgenden kubischen Keramik war es möglich, die Besiedlung auf den Zeitraum zwischen 1400 und 1000 vor Christus einzugrenzen.
Die Siedlungslandschaft bestand aus drei unterschiedlich genutzten Bezirken, aus einer Wohnsiedlung auf einer Fläche von rund zwei Hektar, einem Wirtschaftsareal mit zahlreichen Vorratsgruben und einem umfangreichen Bestattungsplatz mit sieben Gräberfeldern. Es gelang den Wissenschaftlern dabei, die Grundrisse von sieben Häusern nachzuweisen. Darunter befanden sich vier der für die Zeit typischen Wandgräbchenhäuser mit Fachwerkkonstruktion. „Mit einer Länge von 43 Metern und einer Breite von fünf bis sechs Metern haben wir hier das größte bisher bekannte bronzezeitliche Haus in Ostsachsen gefunden,“ berichtete Dr. Wolfgang Ender, Referatsleiter Nordwestsachsen beim Landesamt für Archäologie während eines Vortrags, bei dem er die Entdeckung erstmals präsentierte. Sein Dank galt dabei der Leag. Das Bergbau -und Energieunternehmen unterstützt die Ausgrabungen. In den Tagebauen Nochten und Reichwalde werden bereits seit Jahren archäologische Untersuchungen im Tagebauvorfeld durchgeführt. Vor der Übernahme der Tagebaue wurden die Arbeiten von Leag-Vorgänger Vattenfall gefördert. Die aktuelle Kampagne läuft seit 2017 im Rahmen eines Dreijahresvertrages.
An den Vortrag im Kommunikations- Naturschutzzentrum Am Schweren Berg schloss sich eine Exkursion zum Ausgrabungsfeld mit einem schweren, geländegängigen Transporter an. Der in diesem Winter ansonsten geringe Schneefall hatte ausgerechnet am Wochenende das Siedlungsareal mit einer dichten weißen Decke überzogen. Dafür wurden die Teilnehmer der Exkursion durch Einblicke in die Gräberfelder und das Wirtschaftsareal entschädigt. Über Teilen davon stehen Zelte, die die Ausgrabung auch während des Winters ermöglichen. Rund 200 eng bei einander liegende Gruben dienten hier ganz offenbar der Lagerung der Getreidevorräte. Anhand der Erdverfärbungen und von Steinkreisen konnten die Wissenschaftler mindestens sieben ehemalige Grabhügel mit einem Durchmesser von jeweils acht bis zwölf Metern rekonstruieren. Dazu fanden sie weitere 95 einfache Erdgräber auf einer Fläche von rund einem Hektar.